Besonders wenn du nur selten was verkaufst, wäre ich persönlich nicht so sicher, was die Preisfindung betrifft- gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie wir sie gerade haben. Es gibt viele, die es anders sehen als du und den "was ist es wert" Faden hier im Forum sehr gern benutzen.
Ach, du verschenkst ja das meiste mehr oder weniger, dann ist doch aber gar kein Raum mehr für Preisverhandlungen vor Ort und die Gefahr von unverschämten Angeboten im Vorfeld ist dann ja auch minimal! Oder wie sehen die unverschämten Angebote für fast geschenkt Ware aus?
Okay, ein Beispiel von vielen für den Wortklauber: Ich bin mir relativ sicher, dass eine fast komplette XTR 95x-Gruppe in ordentlichem Zustand für Geschenkt in Ordnung war; mein Nachbar in seiner sozial schwierigen Lage wollte da auch nicht mehr verhandeln. Die Teile hatte ich seit fast 20 Jahren rumliegen und hätte sie sowieso nie mehr irgendwo verbaut.
So ähnlich lief es mit einigen Huret-Jubilée-Teilen, die ich teilweise selbst geschenkt bekommen hatte, weil mich einfach jemand gut leiden konnte bzw. ich mal jemandem bei irgendwas gut geholfen hatte. Das Schaltwerk dazu hatte ich vor vielen Jahren wirklich billig zugekauft und 15 Jahre später zum selben Preis weitergegeben, den Rest wieder verschenkt. Wollte auch keiner verhandeln, war demnach okay. Hätte ich sowieso auch nie mehr selbst irgendwo verwendet.
Undsoweiter.
Beispiel Autos: Ein ganz bestimmter Typ landet in den letzten ca. 20 Jahren immer wieder mal bei mir und ist mittlerweile wirklich selten; vom Kombi dieser Sorte gibt es in Deutschland keine 15 Stück mehr. Neuteile gibt es oft auf der ganzen Welt nicht mehr. Die ernsthafte Fangemeinde des Fahrzeugs ist überschaubar, in DE/NL/BE/FR beschäftigen sich insgesamt vielleicht 70 Leute halbwegs gern damit und kennen sich einigermaßen aus, wir kennen uns auch untereinander zum Teil schon ganz gut. Der Wagen ist als Oldtimer im zulassungsrechtlichen Sinne, obwohl alt genug, eher uninteressant; auch faire Komplettangebote treffen regelmäßig auf wenig bis keine Nachfrage.
So ein Auto kann man als Wrack, aber fahrfähig mit Rest-TÜV für ein paar Hunderter bekommen.
Das finde ich fair.
Andererseits kann eine neue Windschutzscheibe bei unklarer Wartezeit ebenfalls ein paar Hunderter verschlingen, weil sie halt irgendwo nachgefertigt werden muss, was nicht allzu regelmäßig passiert.
Auch das finde ich fair.
In wirklich gutem Zustand würde ich mir nicht einbilden, über ca. 2000 € für so ein komplettes Auto zu bekommen - auch, wenn da ein nagelneu aufgebauter Motor drinsteckt, der alleine 3000 € an Teilekosten verschlungen hat. Den Wagen
will ja kein normaler Mensch, bzw.
haben alle, die ihn eben doch wollen, selbst schon einen oder mehrere davon.
Für mich heißt das: Wenn ich einen davon "schlachte", gehen die Teile für wenig bis gar kein Geld an diejenigen, die sie gerade am dringendsten brauchen oder am wenigsten finden, oder die ich am besten leiden kann. Manchmal auch im Tausch gegen andere Teile, die ich selbst gerade suche.
Einen Bremskraftverstärker samt Hauptbremszylinder, gereinigt, zerlegt, geprüft und mit neuem Dichtsatz wieder zusammengebaut, dazu noch ein Satz Scheinwerfer ohne Stellmotoren und einen Stoßstangenträger, ebenfalls alles gereinigt, für 50 € fand ich in Ordnung, da wollte der Käufer auch nicht verhandeln. Einen kompletten Motor von so einem Ding, funktionsfähig, ehrliche 146.000 km, aber böse verölt, würde ich z.B. verschenken, weil ich diesen Typ in meinem Auto nicht mehr verwende.
Wenn jetzt einer aus der gut vernetzten Interessengruppe ankommt und sagt, er hätte gern 300 € für einen Zierleistensatz mit sichtbaren Rostblasen, sage ich dazu garnichts, weil die Teile dafür sowieso keiner kauft.
Kommt der nächste und will für sein ganz normal verbrauchtes Komplettfahrzeug so 4000-7000 €, was ab und zu passiert, "weil Oldtimer" (aber natürlich ohne H-Gutachten), frage ich schonmal nach, wie er darauf kommt und was er zu den Kursen sagt, für die die meisten anderen ihre Autos so bekommen haben, bzw. er selbst, was ich ja häufig recht gut weiß. Oder, warum der angebotene Wagen plötzlich 300.000 km weniger auf dem Kilometerzähler hat, als 10 Jahre vorher in einem Forumsbeitrag der selben Person zu genau diesem.
Die Reaktionen darauf könnten durchaus strafrechtlich relevant sein, sind aber egal, weil das Zeug dafür ja sowieso keiner kauft.
Anderers Beispiel, normaler Gebrauchtwagen von guten Bekannten, den ich für sie ausgesucht hatte. Gekauft für faire 3600 € mit frischem TÜV in gutem, sehr gepflegtem Zustand, etwas über ein Jahr gefahren, nicht immer gut behandelt, angeboten für 2000 € Verhandlungsbasis mit Rest-TÜV.
Außer einen Dichtring am Verteiler (ölte) war technisch alles okay, den neuen Dichting gab es dazu und im Angebot stand, dass wir den bei Interesse noch einbauen.
Besser als vorher war eine sehr ordentliche Hohlraumversiegelung, schlechter als vorher waren Dreck, Kratzer und eine vermackte hintere Stoßstange (Jägerauto).
Von 8 Interessenten kamen 5 ohne weitere Erklärung überhaupt nicht zu den verabredeten Terminen. Einer hat abgesagt. Einer wollte "verhandeln":
"Nehme ich mit für 500. Hier. Bar. Sofort. Sonst fahre ich wieder weg."
Wir so, Schulterzucken, ja und?
Er so: "Ist dreckig."
Ich so: "Kann ich gerne noch saubermachen, ist auf den Fotos aber genauso dreckig."
Er so: "500. Sofort. Sonst gibt's hier noch Ärger."
Ich so: "Führ doch mal ein ordentliches Verhandlungsargument an."
Er so: "Der ölt."
Ich so: "Hier ist der Dichtring. Soll ich ihn einbauen? Dauert 5 Minuten."
Er so: "Der ölt, ich ruf die Polizei, ich zeig euch Umweltsäue an. Oder nehm ihn mit für 300."
(zu sehen war ein wenig Ölkruste neben dem Verteiler, das hat nicht etwa getropft oder so)
Es folgten noch ein paar handfeste Drohungen von ihm gegen meine Bekannte, dann ebensolche ihres Freundes gegen ihn, dann zog er wieder ab.
Der zweite echte Interessent nahm das Auto nach kurzem, freundlichen Hin und Her für 1800 mit.
Noch ein Beispiel. Nach einem Brandschaden brauchte ich dringend ein anderes Auto; es wurde ein zufällig bei Bekannten übrig gebliebener Audi 100 für 600 Mark, der schon lange im Garten stand (!). Daran war einiges zu reparieren und ich konnte ihn nie leiden, aber er hielt leider knappe 6 Jahre lang durch, bevor so ziemlich alles daran im Arsch war.
Ganz ehrlich, ich wollte den wegschmeißen und habe einem Kumpel nur noch gesagt, dass er bei Bedarf die Türen und Hauben haben kann. Der schickte einen anderen Kumpel, der nach einer ausgedehnten Probefahrt das komplette Auto für 300 € mitgenommen hat. Ich fand das seltsam, habe ihn extra auf sämtliche Mängel hingewiesen und das Auto sogar noch hochgehoben, aber er wollte das so. Muss ich ja nicht verstehen. Wertverlustfrei, sozusagen.
Jetzt kannst Du mich als Anbieter oder Interessent außerhalb Deines eigenen Weltbildes vielleicht etwas besser einschätzen. Manche Geschichten sind lustig, andere nicht so sehr, aber ich muss nicht zwangsweise andere über ihre Preisvorstellungen belehren oder glauben, dass sie ernsthafte Interessenten finden. Und ich verhandle nicht ohne Angabe von Gründen.