Gestern hatte ich einen Audienz beim Meister persönlich. Ich habe Herrn Schefzyk in seiner Werkstatt in Ober Ramstadt besucht. Schöne Tour, 120km mit Kaffeestop bei meinem Freund Andi in Darmstadt - leider fast durchgängig im Regen. Egal, so konnte ich mein Regenkonzept und vor allem die nagelneuen "Rainlegs" mal testen.
Die Frage die vielen ja unter den Nägeln brennt beantworte ich schonmal vorab, dann müsst ihr nicht den ganzen Text nach der Antwort durchsuchen
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Frage: Hat er denn noch tolle alte Rahmen für kleines Geld zu verkaufen?
Antwort: Jein. Also er hat noch ein Paar, zum Teil recht alte (ist ja aber egal) Rahmen im Gestell. Aber das sind maximal 10 Stück und fast alle in RH58, manche noch ungepulvert! Größer und kleiner ist weg. Preis hab ich leider vergessen zu fragen
Der Meister selbst ist ein wirklich netter, älterer Herr. Allerdings hatte ich ihn mir, weil er ja hier immer "der alte Schefzyk" genannt wird, deutlich älter vorgestellt. Entweder er ist noch gar nicht so alt oder wirkt deutlich jünger. Fährt auch noch Rad, ist fit. Anfänglich war er einen Tick reserviert mir gegenüber, aber nachdem klar war das ich mich wirklich für seine Sachen interessiere und auch (wenigstens so ein bisschen) mitreden kann und die Fachausdrücke kenne, wurde er sehr gesprächig und zugänglich. 2h später wars ihm dann aber doch genug, dann wollte er "jetzt mal bisschen weitermachen"
Die Werkstatt selbst habe ich erst nicht gefunden. Ein Gewerbegebiet am Stadtrand. Unscheinbares Häuschen am echt steilen Hang. Muß man sich dann schon bisschen sportlich verdienen, in die heiligen Hallen eingelassen zu werden. Kein Schild draußen, nix.
Die Halle selbst ist recht klein und erfreulich analog. Überall schwere, aber ältere Maschinen und die gesamte Werkstatt absolut Displayfrei! Insgesamt ein erfreulich analoges Erlebnis, deshalb gibt es nur 2 Fotos - ich wollte das nicht durch rumgehampel mit dem Handy stören. Als wir über die Unterschiede von meinem aktuellen Rahmen (52) und meinem zukünftigen (54) sprachen, kam die Frage nach Tretlagerabsenkung und dem Winkel zwischen Sattelrohr und Unterstreben (Kettenstreben) auf. Das hat er dann mal schnell nachgeschaut in seinen "Unterlagen": Ein ziemlich alter, vergilbter Karopapier-Zettel mit Handschriftlichen Notizen. Da standen alle Maße und Winkel drauf. Herrlich!
Tretlagerabsenkung ist bei den RHs unter 54 tatsächlich kleiner, das Tretlager liegt also einen Tick höher. Ab 54 ist das TL dann wieder weiter abgesenkt, liegt also tiefer und man sitzt mehr "im Rahmen", dann aber bei etwas geringerer Bodenfreiheit.
Das Hauptgeschäft sind wohl die Auftragsfertigung von Rahmen für andere "Hersteller" und eben die Freecross Geräte - die in natura echt ganz cool sind. Keine blöde Idee, haben Schaltung, laufen stabil,
bremsen gut und hochwertig gefertigt meine ich.
Am Ende habe ich dann einen CRM900 Rahmen bestellt. Bestellung wurde stilecht mit Stift auf Karopapier aufgenommen. Die Geometrie ist absolut unverändert seit Jahrzehnten, auch bei dem anderen Modell NVC1200 ist sie identisch. Letzteren habe ich mir auch angeschaut, ein Muster war da, leider auch 58. Ich fand den nicht so schön und mir war das zu "Cola-Dosig" wenn man gegen die Rohre klopft. Auch gefällt mir das Double-Triangle Design nicht so sehr. Das wurde vor allem gemacht, weil es immer mal wieder beschwerden von Käufern über Rahmenflattern gab. Hohes Systemgewicht plus viel Gepäck plus große Rahmengröße - "dann flattert ein Stahlrahmen halt etwas". Mir ist der Dämpfungskomfort wichtiger und 54 gilt auch immer noch als kleiner Rahmen. Da ich auch keine schwer bepackten Fahrten plane, habe ich da keine Bedenken. Ich habe auch auf einer Tour mit meinem Freund
@Markenrad mal einen Herrn getroffen, der nach 300.000km (hab ich zumindest so in Erinnerung) bei seinem WL einen Rahmenbruch am Tretlager hatte und sich einen Ersatzrahmen gekauft hat. Dann den neueren NVC1200 und er meinte, der alte war bequemer. Teile hatte er alle umgebaut.
Sein eigenes Rad hat er mir auch gezeigt. Ein Guylaine Rennrad Rahmen mit Carbon Gabel und Campa Carbon Teilen. Zwar etwas coladosig aber wirklich unglaublich leicht. Er meinte, sie hätten mal so eins gebaut und wären unter dem UCI Limit gelandet. Kompletter Aufbau, aber ohne Pedale. Bauen tun sie die allerdings nicht mehr, keine Nachfrage, man müsste erst Rohrsätze besorgen etc... soweit ich ihn verstanden habe gabs da nur 10 Stück von.
Der von mir bestellte CRM900 ist absolut baugleich mit dem Modell WL, einzig die Cantisockel sind jetzt hinter und nicht mehr vor den Sitzstreben. Das die früher vor den Streben waren lag daran, das die alten Cantis so weit nach außen hervorstanden und es Probleme mit den Packtaschen gab. Mit modernen Cantis sei das aber kein Problem mehr, deshalb die Sockel jetzt hinten. Einbaubreite wäre 135 (ist bei meinem 94er aber auch schon), kann er mir aber auch in 130 machen, kein Problem.
Zur maximalen Reifengröße mit Blechen sagte er, 32er würde er nehmen, 35er müssten aber auch gehen.
Farbton kann ich frei aus der RAL Palette wählen. Gepulvert wird inzwischen bei bikecolours in Usingen. Ideal, da hätte ich das auch machen lassen - die machen saubere Arbeit!
Produziert wird im Februar, wenn ein Paar Bestellungen mal zusammengekommen sind. Dann halt die Frage, wie ausgelastet die Pulverer sind.
Preis: CRM 900 incl Gabel: 798,00 €, NVC 1200: 1.198,00 €.
Lieferzeit: ca 4 Monate
Zahlung: 50% Anzahlung, Rest bei Lieferung
Wer also auch ein Rahmenset haben möchte, wäre das ein guter Zeitpunkt denke ich.
Mit meinem Rahmen, Fragen und Aufbauideen geht es hier weiter, ich möchte diesen Faden nicht zumüllen:
https://www.rennrad-news.de/forum/threads/guylaine-randonneur-aufbau-fred.174212/post-5509384