Keine festen Fertigungstoleranzen, verstehe. Aber die Rohrmaße/Qualität waren ja schon vorgegeben und Du meinst die Rahmenbauer haben sich nur an dem maximal möglichen Sattelstützen Umfang orientiert?
Nö. Ich meine, die Sattelstützen-Hersteller haben sich an dem Orientiert, was der Markt nachgefragt hat. Und das war, was die Rahmenbauer produziert haben. Die wiederum haben sich natürlich am Rohrsatz orientiert, weil der ja prinzipiell erstmal den Durchmesser vorgibt. Ob die aber bei großen Kleckereien mit Lot oder sonstigen Gründen stoisch darauf geachtet haben den Innendurchmesser Rohrsatz-gemäß anzupassen, das wage ich zu bezweifeln.
Dennoch wage ich zu behaupten, dass verwendetes Sitzrohr und spezifisches Sattelstützmaß zusammenhingen (und hängen) alles andere würde ja bedeuten, dass der Handwerker (und von mir aus auch der Dilettant) sich bei der Fertigung überhaupt nicht an den verwendeten Rohrmaßen/Qualitäten orientiert, sondern einfach mit der Reibahle irgendwas unterhalb vom höchsten SS Umfang angefertigt hat.
Klar. Aus Fertigungssicht stellt sich doch vor jedem Arbeitsschritt, und gerade bei einem derartigen, immer die Frage: wozu mache ich das? Quasi analog zu dem Eingangs geschriebenen ME1-Wissen "Toleranzen und Güten sind immer so gering wie möglich aber so hoch wie nötig zu wählen".
Habe ich also einen Rohrsatz mit dickeren Wänden, somit auch geringerem Innendurchmesser, werde ich als Rahmenbauer einen Teufel tun und ihn auf 27,2mm aufreiben, wenn es für die 26,8mm doch auch eine passende Stütze gibt. Ich werde natürlich auch kein Rohr mit 27,2mm auffüllen, um eine kleinere Passung zu bekommen.
Was ich mache ist: ich trage nach dem Löten das nötige Material ab, damit die Sattelstütze mit dem nächsten Maß passt; aber eben vollkommen unbeeindruckt davon ob das jetzt 27mm oder 27,2mm sind.
Aus einem anderen Gesprächsfaden (danke an Dralexico) geht auch hervor, dass zu dem bei einigen (allen?) Rohrherstellern die Innendurchmesser nur wenig Toleranzen hatten (Reynolds: 0,015 wobei auch hier die Toleranz nach oben relativ gering war) und die Sitzrohre vom Rahmenbauer oft gar nicht behandelt wurden.
Einer von uns hat da etwas falsch verstanden, beim Lesen von Dralexicos Link. Ich verstehe die in dem Faden genannten 0,15mm nämlich als Schwelltoleranz/tolerable Abweichung im Durchmesser, nicht als Fertigungstoleranz. In dem Fall läge dann die Toleranz der Passung bei 0,05mm im Durchmesser, sprich an den Wänden bei 0,025mm. (Nochmal: Zeitungspapier liegt bei etwa 0,08mm!
[korrigiert, dank Hinweis von Hilde!])
Die Schwelltoleranz meint dabei den Wert, ab dem es eben die Sattelstütze mit dem nächst größeren/kleineren Durchmesser ist, weil das Werkstück nicht im Toleranzbereich der Sattelstütze ist, die eigentlich passen müsste.
Ob und wie dann die Rahmenbauer da noch ihr Scherflein beigetragen haben, kann ich nicht sagen. Ich würde aber eigentlich davon ausgehen dass nach dem Kürzen und Löten der Rohre zumindest noch angeglichen werden müsste.
Vieles spricht auf jeden Fall dafür, dass der Rückschluss Sitzrohrdurchmesser= verwendeter Rohrsatz mit Vorsicht zu genießen ist.
Eine Hausnummer ist der Zusammenhang deshalb aber nicht. Das bei angepeilten 27,2 mal 27 rauskommt mag vorkommen, 26,8 aber eher nicht.
Das denke ich auch, auch wenn ich nicht meine Hand dafür ins Feuer legen würde, dass es nicht auch totale Ausreißer gibt/gab. Allein wenn man sich die Streuung von 26,8-27,2mm bei gleichem Rohrsatz im verlinkten Faden anschaut merkt man ja schon, dass das Hexenwerk Rohrsatzbestimmung durch Sattelrohr-Durchmesser auch ganz schnell Teufelszeug sein kann.