Hallo an alle...
hier mal ein Link, für alle diejenigen, dies genauer wissen möchten:
http://gin.uibk.ac.at/thema/sportundernaehrung/ausdauer.html
Und für die, die es nicht erwarten können, hier die Seite: Aber bitte alles vollständig lesen, sonst werden die Formeln aus dem Sinnzusammenhang gerissen !
Die richtige Belastungsintensität beim Ausdauertraining
Dr. Kurt A. Moosburger, Facharzt für Innere Medizin und Sportarzt
Beim Ausdauertraining ist neben dem richtigen Trainingsumfang die richtig gewählte Belastungsintensität entscheidend für einen optimalen Trainingseffekt mit der damit verbundenen Leistungssteigerung. Eine zu niedrig gewählte Intensität bringt keinen erwünschten Trainingserfolg im Sinne einer Steigerung der Ausdauerleistungsfähigkeit mit sich, auf der anderen Seite führt eine für den individuellen Trainingszustand zu hohe Belastungsintensität mit unzureichender Erholungsmöglichkeit zwangsläufig zum sog. Übertraining - es kommt zur Leistungsstagnation bzw. sogar zum Leistungsabfall [siehe "DAS ÜBERTRAININGS-SYNDROM"].
Entscheidend ist somit die richtige "Dosis" der Belastung und das Befolgen der Regeln der medizinischen Trainingslehre. Wie kann man die Intensität seines Ausdauertrainings steuern? In der Praxis ist das am besten über die Belastungs-Herzfrequenz möglich. Je höher die Intensität, desto höher zwangsläufig die Herzfrequenz. Es gilt also, die optimalen Trainings-Herzfrequenzen zu ermitteln. Eine genaue, individuelle Trainingssteuerung setzt allerdings mehr voraus als irgendwelche Pulstabellen, wie sie z.B. in Fitnessstudios angeboten werden. Mit Formeln wie:
"180 minus Lebensalter" oder "220 minus Lebensalter, davon 70 Prozent"
können Trainingsanfänger ein einigermaßen brauchbares Grundlagenausdauertraining betreiben, da sie mit diesen Vorgaben zumindest nicht überfordert werden können. Da die Herzfrequenz prinzipiell individuell ist, ist die Faustformel “220 minus Alter“ für die max. HF nur ein grober Anhaltspunkt (siehe unten).
Etwas genauer wird die Sache mit Formeln wie:
"70(extensiv) bis 85 (intensiv) Prozent der maximalen Herzfrequenz"
oder, etwas komplizierter (KARVONEN-Formel):
"Max. Herzfrequenz minus Ruheherzfrequenz, multipliziert mit 0,6 (intensiv 0,75) plus Ruheherzfrequenz"
(max HF - Ruhe-HF) x 0,6 (0,75) + Ruhe-HF
Die Herzfrequenz (HF) in Ruhe wird als Ruhepuls, das ist der Puls unmittelbar nach dem morgendlichen Erwachen ermittelt, die maximale HF mittels Ergometrie (siehe unten) oder mittels Pulsuhr, indem man sich kurzfristig bis zur "Erschöpfung" ausbelastet (z.B. in Form eines langgezogenen Bergaufsprints, jeweils in der entsprechenden Sportart.
Die Einbeziehung der Ruhe-HF in obige Formel birgt allerdings eine gewissen Fehlerquelle, wenn sie nicht als wirklicher Ruhepuls, sondern einfachheitshalber die Herzfrequenz vor der Ergometrie als "Ruhepuls" in die Rechnung eingeht .
Eigentlich genügt es, sich nur an der maximalen Herzfrequenz bzw. an der maximalen Leistungsfähigkeit zu orientieren: Die untere Belastungsgrenze "trainingswirksame Schwelle" kann man mit
ca. 70% der maximalen HF bzw. bei ca. 50% der maximalen Wattleistung
(bei Untrainierten eher 75% der max. HF)
ansetzen, die "Obergrenze" (Bereich der anaeroben Schwelle) mit
ca. 85% der maximalen HF bzw. bei 70 bis 75% der max. PWC
(PWC=physical working capacity)
(bei gut Trainierten bis zu 90 % der max. HF bzw. bis zu 80% der max. Leistungsfähigkeit)
nach oben
All diese Berechnungen kommen vor allem im Gesundheits- und Breitensport zur Anwendung und sind für diesen Bereich durchaus zweckmäßig und praktikabel [siehe "SINN UND GRENZEN EINES PULSGESTEUERTEN AUSDAUERTRAININGS"], für den Hochleistungssport jedoch nicht ausreichend (siehe unten).
Wenn man eine Trainings-Herzfrequenz vom Radfahren auf das Laufen “umlegen“ will, muss man den größeren Muskeleinsatz beim Laufen berücksichtigen und die Herzfrequenz bei vergleichbarer Belastungsintensität etwa um 10% bzw. um ca. 10 Schläge höher ansetzen. Je mehr Muskeln “arbeiten“ und somit durchblutet werden müssen, desto höher ist die Herzfrequenz. Beim Laufen wird somit auch eine höhere maximale HF erreicht als beim Radfahren (Ausnahme: Radprofis).
Die maximale Herzfrequenz spielt eine entscheidende Rolle, wobei es wichtig ist zu wissen, dass diese Größe individuell ist und nicht automatisch mit der Formel “220 minus Alter” gleichzusetzen ist. Ansonst wird man, wenn man nach Herzfrequenz-Tabellen trainiert, sehr leicht unter-, möglicherweise aber auch überfordert. Jeder Mensch hat sozusagen seine “persönliche” Herzfrequenz, sowohl in Ruhe als auch bei Belastung, und damit seine individuelle Herzfrequenzkurve. Deshalb darf ein Trainer auf keinen Fall (wie es leider sehr oft geschieht) ein Kollektiv über den gleichen Kamm scheren und mit derselben Pulsvorgabe trainieren lassen.
Man darf auch nicht von einer bestimmten HF auf eine bestimmte Leistungsfähigkeit schließen (das ist nur intraindividuell, aber nicht interindividuell möglich).
Noch kurz ein Wort zur Ermittlung der Herzfrequenz. Immer wieder kann man SportlerInnen beobachten, die ihren Puls am Hals oder Handgelenk messen. Das ist jedoch eine ungenaue Methode, da eine Pulsmessung nur im Stehen oder Gehen möglich ist, nicht jedoch beim Laufen (am ehesten noch beim Radfahren) und damit nicht mehr der aktuelle Belastungspuls gegeben ist. Außerdem kann beim Pulstasten am Hals der Druck auf die Halsschlagader zu einer reflektorischen Abnahme der Herzfrequenz führen und damit das Ergebnis weiter verfälschen. Aus diesem Grund sollte man niemals den Puls am Hals ertasten, dies gilt natürlich auch für den Ruhepuls.
Die genaueste und für die Trainingssteuerung einzig akzeptable Methode der HF-Bestimmung wird durch sog. Herzfrequenz-Messgeräte ermöglicht, die mittels Brustgurt als Sender die aktuelle Herzfrequenz mit EKG-Genauigkeit “on line” einer Pulsuhr übermittelt, die man am Handgelenk trägt oder beim Radfahren vorzugsweise auf der Lenkstange befestigt. [siehe "SINN UND GRENZEN EINES PULSGESTEUERTEN AUSDAUERTRAININGS"]
Nun zum entscheidenden Punkt, zur Bestimmung der richtigen Trainings-Herzfrequenzen. Voraussetzung hiefür ist ist ein stufenförmiger Belastungstest mit intervallmäßiger, vorprogrammierter Steigerung der Belastungsintensität (Ergometrie), die auf dem Fahrrad oder Laufband durchgeführt werden kann. Dabei sollte die Stufendauer nicht zu kurz gewählt werden, um dem Kreislauf und Stoffwechsel auf jeder Stufe ein Fließgleichgewicht (“steady state”) zu ermöglichen, und mindestens 3 Minuten betragen. Bei der Fahrradergometrie wird die Leistung in Watt, auf dem Laufband in km/h gemessen. Am Ende jeder Belastungsstufe wird die Herzfrequenz und Laktat (aus dem kapillären Ohrläppchenblut) bestimmt. Der Test sollte bis zur objektiven Ausbelastung durchgeführt werden, was natürlich eine entsprechende Motivation der Testperson voraussetzt [siehe "DIE ERGOMETRIE"].
Es gilt nun, neben der Beurteilung der maximalen Leistungsfähigkeit die sogenannte aerobe und aerob-anaerobe Schwelle zu ermitteln. Letztere wird kurz “anaerobe Schwelle” genannt, auch als Dauerleistungsgrenze bezeichnet und stellt den entscheidenden Parameter für die Beurteilung der aeroben Kapazität, der allgemeinen Ausdauerleistungsfähigkeit, dar. [siehe "DIE MAXIMALE SAUERSTOFFAUFNAHME ALS BRUTTOKRITERIUM FÜR DIE AUSDAUERLEISTUNGSFÄHIGKEIT"]
Meistens werden oben genannte Schwellen bei 2 bzw. 4 mmol/l Laktat (= Anion der Milchsäure, [siehe " DIE MUSKULÄRE ENERGIEBEREITSTELLUNG IM SPORT"]) festgesetzt und die analogen Herzfrequenzen zur Trainingssteuerung herangezogen. Die “starre” 4 mmol-Schwelle kann für viele SportlerInnen zutreffend und damit zweckmäßig sein, entspricht jedoch oft nicht der individuellen anaeroben Schwelle und ist in diesem Fall nicht zur Trainingssteuerung geeignet. Einen hochausdauertrainierten Athleten wie z.B. einen Spitzen-Marathonläufer oder Radprofi, dessen individuelle anaerobe Schwelle bei 3 mmol/l oder sogar darunter liegen kann, würde man unweigerlich in ein Übertraining “jagen”, ließe man ihn bei einer Herzfrequenz trainieren, die bei 4 mmol/l Laktat bestimmt wurde.
Auf der anderen Seite kann ein Untrainierter “seine” Schwelle bei 5 mmol/l oder einem noch höheren Laktatwert haben und könnte unter Annahme der starren anaeroben Schwelle somit unterschätzt werden, was seinen Trainingserfolg beeinträchtigt.
Die Bestimmung der individuellen anaeroben Schwelle ist nicht einfach und bedarf einiger Erfahrung auf dem Gebiet der Leistungsdiagnostik. Sie ist nur mittels einer sog. Ergospirometrie möglich, bei der verschiedene Atmungsparameter gemessen werden (wie die Ventilation, das Atemäquivalent, der respiratorische Quotient u.a.), deren Analyse zusammen mit der Laktatkurve die Ermittlung der individuellen Dauerleistungsgrenze und damit eine exakte Einteilung der verschiedenen Trainingsintensitätsbereiche ermöglicht.
Abschließend noch ein paar Worte zum “Conconi-Test”. Dieser ist für eine vernünftige Trainingssteuerung ungeeignet. Einerseits ist der “Conconi-Knick” der in der Regel linear verlaufenden Herzfrequenzkurve meistens gar nicht eindeutig feststellbar und wird von einer Computersoftware errechnet, andererseits konnte gezeigt werden, dass im Falle eines “Knicks” dieser einem Laktatwert zwischen 3 und 11 mmol/l entsprechen kann. Der Ungenauigkeit des “Conconi-Knicks” sollte man sich bewusst sein, wenn man ihn zur Trainingssteuerung anwenden will.
Innsbruck, im Dezember 1996 (veröffentlicht im "SportAs") (überarbeitet im August 2004)