Samstagmorgen neun Uhr, meine Tasche für den Hamburg Marathon ist gepackt. Ich fange langsam an nervös zu werden obwohl es nicht mein erster Marathon ist aber der erste außerhalb von Köln. Meine Zielzeit ist 3:30 Stunden und damit elf Minuten schneller als meine bisherige Bestzeit aus Oktober 2015 aber mein Training lief gut und rechtfertigt den Versuch.
Es geht 333km Richtung Norden. Das Navigationsgerät zeigt eine Fahrzeit von 3:15 Stunden an und ich komme gut durch. Nachdem ich im Hotel eingecheckt habe fahre ich mit der Straßenbahn zur Marathonmesse. Ich hole als erstes meine Startnummer ab, dann gibt es den Startbeutel und das Finisher T-Shirt. Zu jeder Marathon Messe gehört auch eine Pasta Party, wo ich mir einen Teller Nudeln mit Soße gönne, eine Brauerei verteilt kostenlos alkoholfreies Bier dazu. Nach ein wenig Stadtbesichtigung geht es zurück ins Hotel, dort bereite ich meine Laufklamotten für den nächsten Tag vor und gehe früh schlafen um noch ein wenig zu regenerieren.
Sonntagmorgen um sechs Uhr klingelt der Wecker. Eine halbe Stunde später sitze ich beim Frühstück. Es gibt Brötchen, ein Croissant, ein Ei, Müsli und eine Tasse Kaffee. Anschließend geht es nochmal aufs Zimmer um die Ausrüstung zu checken und dann mit der U-Bahn zum Start. Ich gebe meinen Kleiderbeutel ab und nochmal auf das Dixi-Klo und bin dann 2 Minuten vor dem Start in der Startgruppe D.
Pünktlich um neun Uhr fällt der Startschuss. Es steigen tausend Luftballons in den Stadtfarben rot und weiß auf und der Starter schickt 16200 Läufer auf die 42,195km lange Strecke. Nach zwei Minuten habe auch ich den Startbogen erreicht und starte meine Uhr. Der erste km ist eine recht zähe Angelegenheit, da sich so viele Leute gleichzeitig auf der Strecke bewegen und jeder erst noch sein Tempo finden muss. Schon nach 200 Metern hört man die ersten Rufe vom Streckenrand, bei „Nur noch 42km“ muss ich schon ein wenig schmunzeln.
Die ersten fünf Kilometer laufe ich in genau 25 Minuten. Das ist etwas langsamer als der Zeitplan vorgibt aber noch im Rahmen. Neben mir läuft eine Läuferin mit pinker Hose und Socken. Sie scheint mein Tempo zu laufen also bleibe ich an ihr dran. Nach zehn Kilometern liege ich immer noch etwas über der geplanten Zeit aber das ist noch aufholbar. Die junge Frau in Pink habe ich inzwischen irgendwo hinter mir verloren. Wir kommen jetzt am Fischmarkt vorbei aber hier ist schon nichts mehr los. Die Halle ist zu und die Stände längst abgebaut. Leicht bergauf geht es jetzt ein Stück an der Elbe entlang. Vom weiten sehe ich das Musical Haus vom König der Löwen.
Nach 15km liege ich erstmals unter der geplanten Zeit. Puls und Beine waren zu diesem Zeitpunkt OK. Es geht in einen Tunnel und man hört rhythmisches Klatschen. Ich dachte dort stehen hunderte von Zuschauern aber es stellte sich heraus das kein Zuschauer im Tunnel war und die Läufer selber klatschen. Von hinten rief jemand laut von zehn runter und bei null startete eine Laola Welle durch den Tunnel. Dieses Gefühl war einmalig und habe ich bei meinen ersten vier Marathons vorher nicht erlebt.
Für km 19 benötige ich das erste Mal deutlich über fünf Minuten. Der Versuch das Tempo zu steigern scheitert aber, da mein rechter Oberschenkel zu macht. Ich merke also zu diesem Zeitpunkt, dass das Unternehmen 3:30 Stunden scheitern wird. Noch aber versuche ich alles um zumindest eine neue persönliche Bestzeit zu laufen. Ich laufe durch den weißen Bogen der die Halbmarathondistanz anzeigt, die Hälfte ist geschafft und ich habe 1:46 Stunde gebraucht.
Bei km 23 steht ein Mann mit einem Schild am Straßenrand: „Jetzt umdrehen macht auch keinen Sinn mehr!“ also laufe ich weiter, werde aber immer langsamer. Drei Kilometer später spielt eine Heavy Metall Band am Straßenrand, sie feuert an mit dem Spruch: „Noch 109 Tage bis Wacken aber nur noch 16km bis zum nächsten Bier.“ Ja ein Bier nach dem Lauf, da freu ich mich drauf, denn ich bin seit Aschermittwoch alkoholfrei.
Bei km 31 sehe ich die Läuferin in Pink wieder. Ich hänge mich an ihr dran und hoffe so unter 3:40 Stunden bleiben zu können. Ich kann das Tempo halten und gehe dann sogar wieder an ihr vorbei und verliere sie aus den Augen. Aber nur drei km dann kommt sie wieder vorbei und der Versuch zu folgen scheitert schon nach 100 Metern. Ich gebe die Rekordjagd auf und versuche so anständig wie möglich durchzulaufen ohne eine Pause einlegen zu müssen. Die Schmerzen die mich jetzt planen lassen einen Genuss der letzten Kilometer nicht richtig zu, trotzdem versuche ich die Atmosphäre aufzusaugen.
Am Straßenrand stehen drei Kinder, sie mögen zwischen ein und zwei Jahren gewesen sein, mit ihren Müttern und halten die Hände ausgestreckt. Ich beuge mich runter und Klatsche die Kinder ab. Eine Mutter feuert mich an und ruft meinen Namen, der auf der Startnummer steht, ich bekomme eine Gänsehaut und kurz steigen mir die Tränen in die Augen.
Die letzten Kilometer sind hart, an den Verpflegungsständen nehme ich zusätzlich zum Wasser jetzt auch eine Cola. Energiegels die ich mir eingepackt hatte verweigert mein Magen. Er fühlt sich voll an und hat keine Lust auf das süße schleimige Zeug. Mir werden Schilder hingehalten auf denen steht das der Schmerz vergehen wird aber der Stolz bleibt. Schmerzen habe ich wirklich aber ich weiß wie toll das Gefühl ist über die Ziellinie zu laufen, egal welche Zeit am Ende auf der Uhr steht.
Nach 3:47 Stunden laufe ich über den roten Teppich durch Zieltor. Die Zeit entspricht nicht meinen Vorstellungen aber ich bin in dem Tempobereich auch noch zu unerfahren um das realistisch einschätzen zu können. Irgendwann werde ich wieder an der Startlinie stehen und einen erneuten Angriff auf die 3:30 Stunden nehmen. Jetzt bin ich aber erstmal froh binnen sieben Monaten zum zweiten Mal unter vier Stunden geblieben zu sein. Ich werde noch in der Stadt ein wenig feiern und Stolz meine Finishermedaillie tragen.
Meine Laufschuhe bekommen jetzt ihren beantragten Urlaub, der wird aber kürzer ausfallen als ursprünglich vorgesehen, denn das nächste Projekt mit dem 69km langen Sternlauf für einen guten Zweck steht schon in zweieinhalb Monaten bevor.
Das mein Wettkampfbericht für die lokale Presse, da er eh schon so lang ist musste ich die treffen mit dir
@Essmann raus lassen. Ist aber nicht persönlich gemeint. Ich freue mich euch kennen gelernt zu haben und bedanke mich für die Hilfsbereitschaft mit dem Foto.
Hier eins das ein Engländer von mir im Ziel gemacht hat.