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Spiro in einer Tupperdose

Fast_Forward

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Hallo,

ich habe vor einigen Jahren meine erste uns bislang einzige Leistungsdiagnostik in München gemacht, damals auf dem Ergometer mit 3min Stufen und Laktatmessung. Sowas häufiger zu machen wäre natürlich nett, kostet aber. Und neben Laktat wäre eine echte Spiroergometrie auch interessant.

Laktat messe ich in unregelmäßigen Abständen zu Hause, Spiro nicht. Da mich das Thema zunehmend interessiert hat, habe ich versucht, mir so ein Messgerät zu basteln.

Im Prinzip muss man ja "nur" das Volumen der ausgeatmeten Luft und die Anteile an Sauerstoff und CO2 messen. Dazu einfache Sensoren für Temperatur, Luftdruck und Luftfeuchtigket, fertig st die Laube.

Die ersten Versuche, das alles um eine Lakiermaske herum zu bauen, sind krachend gescheitert. Turbulenzen der ausgeatmeten Luft und vor allem die hohe Luftfeuchtigket, machte den Sensoren zu schaffen. Da ich mit dem Teil aber nicht draußen rumfahren will, habe ich das alles jetzt als Mischkammer in einer Tupperdose konzipiert.

Also 32mm Schlauch zwischen Lackiermaske und Tupperdose. Die Ventile in der Maske sorgen dafür, dass nur die ausgeatmete Luft in den Schlauch/Mischkammer gelangt. Am Eingang der Mischkammer sitzt die 3D gedruckte Venturi-Röhre mit Differenzdrucksensor. Im Deckel der Dose sind Aussparungen für den O2 und CO2 Sensor. Temperatur und Luftfeuchtigkeit werden sowohl in als auch außerhalb der Mischkammer gemessen, Luftdruck nur außerhalb.

20250219_165606.jpg


Den Durchflusssensor habe ich mit einer Schlauchbootpumpe kalibriert (Volumen vorher ausgemessen). Für die Sensoren habe ich mir mein Kalibriergas selbst gemischt. Luft in einen 21mm Schlauchreifen, Luftdruck messen, einen Teil einer CO2 Patrone hinterherschießen, und wieder den Luftdruck messen. Aus dem Verhältnis aus Luft und CO2 kann man die O2 und CO2 Anteile berechnen. Das Ganze dann langsam übers Ventil an den Sensoren vorbei leiten und messen. Die Sensoren heize ich mit Widerständen, damit da nichts kondensiert.

Für die ultimative Datenflut habe ich wie folgt getestet:
Tag 1:
A) Laktattest mit 5min Stufen und 25W Steigerung, bis Laktat deutlich ansteigt (nicht all-out)
B) VLaMax Test, um zu sehen, wieviel Laktat nach einem 20 Sekunden Sprint maximal gemessen werden
Tag 2:
C) Wie Laktattest am Vortag, nur mit Maske statt Laktatmessung
D) VO2max Test mit 1min Stufen und 25W Steigerung bis nichts mehr geht

Laktattest A ganz easy, LT2 bei etwa 265W. Bei Test B habe ich maximal 10.6mmol gemessen, 1.8mmol vor dem Test, macht VLaMax von 0.55.

Figure 2025-02-18 140610.png


Am nächsten Tag mit C gestartet. Im Prinzip ist dieser Test ähnlich zu A, wird aber mit Maske gefahren. Ziel war es den Einfluss der Maske zu bestimmen. Wie man sieht, hatte ich bei gleicher Leistung mit Maske eine durchweg höhere Herzfrequenz als ohne. Der Atemwiderstand spielt hier schon eine Rolle.

MaskInfluence.png


Zum Anschluss Test D. Die 400W Stufe bin ich so gerade eben noch durchgefahren. Herzfrequenz 3 Schläge unter meiner maximalen HF, VO2 zeigt ein Plateau und VCO2 war größer als VO2. Alles Anzeichen dafür, dass ich ausbelastet war und auch, dass in der Mischkammer halbwegs sinnvolle Werte gemessen werden.

Figure 2025-02-18 140938 (17).png


Sauerstoff zeigt ein Minimum bei LT1, CO2 fällt ab nachdem LT2 überschritten ist. Keine Ahnung, ob das physiologisch Sinn macht.

Figure 2025-02-18 140938 (15).png


VO2max lag in der letzten Stufe im Mittel bei 4200 ml/min, maximum bei 4450 ml/min. Macht 68 ml/min/kg. Das passt ungefähr, Leistungsdiagnostik vor 2 Jahren hat bei ähnlichem Trainingszustand 66 ml/min/kg geschätzt, Garmin schätzt 72.

Figure 2025-02-18 140938 (16).png


Mir ist klar, dass ich mit der hemdsärmeligen Kalibrierung und den günstigen Sensoren Fehler mache. Die Absolutwerte sind mir aber eigentlich egal, ich bin eher an Trends interessiert.

Nun zu meinen Fragen.
Angenommen, die gemessenen Werte stimmen halbwegs, liegt die VO2 an meiner Schwelle von 265W bei 2900 ml/min. Damit liegt die fractional utilization irgendwo bei 65-69%. Damit sind dann erstmal Tempo- und Sweetspot-Intervalle angesagt, oder?

Zudem: Wenn die Leistung an der IANS mittels Laktat und ohne Maske bestimmt wird, die VO2max aber mit Maske, müssen die Leistungswerte dann korrigiert werden? Wie machen kommerzielle Systeme das, wenn nur ein einziger VO2max Test mit Maske gefahren wird und daraus irgendwelche Parameter zur Trainingssteuerung in Watt abgeleitet werden? Oder ist dort der Atemwiderstand so gering, dass er vernachlässigt werden kann?

Danke fürs Zuhören
 

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Re: Spiro in einer Tupperdose
Hilfreichster Beitrag geschrieben von Fast_Forward

Hilfreich
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Einfach nur wow 🤩
Wir haben eine ähnliche VO2max aber irgendwas erwähnenswertes ex Radfahren bekomme ich in meiner Freizeit nicht gebacken.Beeindruckend!
Zu deiner letzten Frage:Ich hatte bei mehreren Spiros nie das Gefühl,dass die Maske zu einem erhöhten Widerstand beim Atmen führt.Hätte das vorher auch erwartet,war dann aber sehr überrascht,dass man da wirklich sehr befreit durchschnuffelt.

Falls du mal in die Serienfertigung gehst: Ich wäre interessiert 😃(Heimspiro wäre traumhaft,aber 10.000 EUR sind der Familie dann doch nicht mehr zu vermitteln ;-)
 
Danke. Erstmal schauen wie gut und reproduzierbar das Ganze wirklich funktioniert.
Die Kosten halten sich auch im Rahmen. Insgesamt bin ich alles in allem im Bereich einer Leistungsdiagnostik gelandet. Und Spaß macht das Zusammenbauen ja auch.
 
Welchen CO2 Sensor hast du genutzt? Ich hatte mal etwas ähnliches vor das ist aber unter anderem daran gescheitert, dass ich keinen CO2 Sensor gefunden habe, der die zu erwartende CO2 Konzentration hinreichend genau messen konnte. Ich wollte das ganze direkt an der Maske, angelehnt an VO2Master, bauen, aber jetzt wo ich deine Lösung sehe juckt es mir in den Fingern das ganze wieder anzugehen.
 
Sensirion STC31, der kann 0-100% CO2 messen. Der Großteil der CO2 Sensoren kann nur bis maximal 4% messen, das wird dann knapp. Neben dem STC31 sollte ein Temperatur- und Luftfeuchtigkeitssensor sitzen und den STC31 mit Daten füttern. Da hab ich den SHT41 genommen. Kleines Platinchen designt und die Sensoren aufgelötet. Ist deutlich günstiger als ein fertiges Evalboard zu kaufen.

Eine Lösung ähnlich zum VO2master hab ich nicht hinbekommen. Nach kurzer Zeit war die Luftfeuchtigkeit bei 100% und der CO2 Sensor zeigte Fantasiewerte an.
Der Sauerstoffsensor war so auch nicht besonders stabil. Zum Testen bin ich immer abwechselnd 15 min GA1 und 15 min Sweetspot gefahren. Die Werte passten überhaupt nicht, der O2 Anteil ging mit der Zeit immer weiter runter. Erwartet hätte ich, dass jeweils in den GA1 und Sweetspot Intervallen vergleichbare Werte gemessen werden. Mit der Mischkammer sind die Werte jetzt konsistent.
 
Angenommen, die gemessenen Werte stimmen halbwegs, liegt die VO2 an meiner Schwelle von 265W bei 2900 ml/min. Damit liegt die fractional utilization irgendwo bei 65-69%. Damit sind dann erstmal Tempo- und Sweetspot-Intervalle angesagt, oder?
Mit deinen Werten (VO2max 68 ml/min/kg und VLamax 0,55 mmol/s) komme ich bei meinen Berechnungen auf eine Schwelle von 260W. Das passt also gut zu deinen gemessenen Werten. Bzgl. des Trainings kommt es meiner Meinung nach darauf an was du vorhast bzw. was du in der letzten Zeit trainiert hast. Je nachdem würde ich versuchen jetzt noch die VO2max etwas zu erhöhen und mich danach mit Tempo und Sweetspot intervallen rennspezifisch vorzubereiten. Je nach Trainingsumfang habe ich es auch schon gesehen, dass sich an der VLamax bzw. fractional utilisation garnicht so viel verändert und eine höhere Leistungsfähigkeit vorallem durch eine höhere Sauerstoffaufnahme zu erklären ist.
 
Du könntest ja auch die Sauerstoffsättigung im Muskel mit Moxy Sensoren messen. Ein Kollege von mir hat da eine hohe Korrelation mit den Daten parallel laufender Leistungsdiagnostiken feststellen können. Ohne Maske und Blutabnahme, dafür live Daten.
 
Du könntest ja auch die Sauerstoffsättigung im Muskel mit Moxy Sensoren messen. Ein Kollege von mir hat da eine hohe Korrelation mit den Daten parallel laufender Leistungsdiagnostiken feststellen können. Ohne Maske und Blutabnahme, dafür live Daten.
Das stimmt natürlich, habe ich mir auch schon angesehen. Die Anschaffungskosten sind hier aber nochmal deutlich höher als bei einem Laktatmessgerät. Interessant wäre das allemal, aber irgendwo muss man auch mal die Kirche im Dorf lassen. Rad und Elektronik sind beides Hobbys, die sich hervorragend kombinieren lassen. Mit Mitte 40 gehts mir eher um den Spaß beim Basteln, als die allerletzten Prozente an der Schwelle rauszuholen. Auch wenn das natürlich ein schöner Nebeneffekt wäre.
 
Mit deinen Werten (VO2max 68 ml/min/kg und VLamax 0,55 mmol/s) komme ich bei meinen Berechnungen auf eine Schwelle von 260W. Das passt also gut zu deinen gemessenen Werten. Bzgl. des Trainings kommt es meiner Meinung nach darauf an was du vorhast bzw. was du in der letzten Zeit trainiert hast. Je nachdem würde ich versuchen jetzt noch die VO2max etwas zu erhöhen und mich danach mit Tempo und Sweetspot intervallen rennspezifisch vorzubereiten. Je nach Trainingsumfang habe ich es auch schon gesehen, dass sich an der VLamax bzw. fractional utilisation garnicht so viel verändert und eine höhere Leistungsfähigkeit vorallem durch eine höhere Sauerstoffaufnahme zu erklären ist.
Das Ding ist, ich habe das Gefühl, in den letzten Monaten hauptsächlich an der VO2max gearbeitet zu haben. Mit CX Rennen und dem Training dafür, z.B. 30/30er, war ich eigentlich sehr oft sehr intensiv unterwegs. Dafür aber nur für ca. 45-60 Minuten.
Daher würde ich nun eher zu Tempointervallen tendieren, um mal einen anderen Reiz zu setzen.
 
Das Ding ist, ich habe das Gefühl, in den letzten Monaten hauptsächlich an der VO2max gearbeitet zu haben. Mit CX Rennen und dem Training dafür, z.B. 30/30er, war ich eigentlich sehr oft sehr intensiv unterwegs. Dafür aber nur für ca. 45-60 Minuten.
Daher würde ich nun eher zu Tempointervallen tendieren, um mal einen anderen Reiz zu setzen.
Ja wenn du in der letzten Zeit viel im intensiven Bereich gemacht hast macht es natürlich Sinn jetzt mal den Fokus auf Tempo/Sweetspot zu setzen. Die VO2max wird dabei ja auch weiter trainiert alleine durch den höheren Energie/Sauerstoffumsatz den man mit Tempointervallen erreichen kann.
Bzgl. der CX Rennen/30/30er Intervalle würde ich noch anmerken, dass diese manchmal trügerisch sein können. Die Belastungen sind zwar sehr intensiv, jedoch ist die Zeit die man tatsächlich im Bereich >90% VO2max verbringt oft garnicht so hoch. Irgendwo gabs mal ein Video von jemandem der ein Zwift Rennen mit Spiro gefahren ist und das ausgewertet hat. Da lässt sich mit gezielten Intervallen unter Umständen noch was rausholen. Welche Intervallform dabei für dich am besten funktioniert kannst du ja mit der Spiro gut rausfinden. Ist vielleicht eine Idee wie du das Training nach einem Block mit Tempointervallen gestalten kannst.
 
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