Erstmal zu den Interviews: Ich finde nicht, dass die überzogen kritisch sind. Hajo Seppelt, einer der doch eher dafür bekannt ist wirklich kritisch mit der Materie umzugehen, äußert sich für mich doch überraschend positiv. Ralf Meutgens kannte ich bisher noch nicht, sein Statement ist sachlich und rational - wenn man dies jetzt überzogen kritisch findet, OK, kann ich aber nicht nachvollziehen. Beide Kernaussagen, "Es hat sich einiges getan" und "Da kann man viel erzählen", sind schon sehr gegensätzlich. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo in der Mitte, "Es hat sich ein wenig getan, aber nach wie vor wird viel erzählt".
Ich persönlich muss sagen, dass es mir relativ schnuppe ist ob die öffentlich-rechtlichen jetzt wieder in die Live-Berichterstattung einsteigen oder nicht. Wenn es wirklich 51% der Zuschauer sind, die es sehen möchten, bitte. Die ca. 30% auf der anderen Seite geben mir allerdings zu denken, fast ein Drittel ist nicht gerade eine Minderheit. Der Knackpunkt für ARD & Co. liegt wohl darin, nicht die Fehler der Vergangenheit zu wiederholen und diesmal als kritischer, weitestgehend unabhängiger Begleiter das Geschehen zu verfolgen und darüber zu berichten. Nur so funktioniert seriöser (Sport-)Journalismus. Man sollte dabei natürlich auf jeden Fall ernsthaft und glaubhaft bleiben und den Zuschauer auch über die Verhältnisse aufklären. Wie schon gesagt, es hat sich ein wenig getan, aber nach wie vor wird viel erzählt. Den Radsport heute für sauber zu halten und auch so darzustellen halte ich für problematisch und realitätsfern. Den viel gelobten "Umbruch" hat es nicht wirklich gegeben. Ein paar Köpfe sind gerollt, aber nach wie vor haben wir eben auch Pro-Teams, die in leitenden Positionen mit Sündern aus der Vergangenheit besetzt sind. Und da es im Spitzensport immer um viel Geld - d.h. möglichst vorn dabei sein - gehen wird, denke ich nicht das sich viel an der Methodik geändert hat, wie man als Erster ans Ziel kommt. Alle Beteiligten sind möglicherweise nur vorsichtiger geworden.
Ich denke auch nicht, dass die Beliebtheit des Radsports allein an solchen Events wie die Tour de France festgemacht werden sollte.