pjotr
Radprofi, gefangen im Körper einer Hobbylusche
Solange das nicht ausreichend empirisch belegt ist, lautet die Antwort schlicht: Nein.Aber dass es bei, sagen wir mal 5h pro Woche, mit großen Anteilen IF=0,6 nicht viel bringen würde, da sind wir uns glaube ich alle einig, oder?
Joa, 6h 300 Watt ist ne Zahl, die man hier und da schonmal von Profis nach Frühjahrsklassikern bei Profis vom Garmin abfotografiert bei Insa & Co. sah, also nicht unbedingt alltäglich. Nicht zu verwechseln mit NP, die ja durchaus wesentlich höher ausfallen können.
Wenn man besser werden will, muss man halt so viel „hart“ in die Woche packen, wie man verträgt, der Rest wird mit Locker/GA aufgefüllt. Fertig. Klingt einfach, kann aber sehr individuell sein, und man kommt nicht am Körpergefühl vorbei. Wird man noch stärker, stagniert man (auf welchem Niveau), wie verhält sich der (Ruhe-/Belastungs-)Puls, wie fühlen sich die Beine an, habe ich eine innere Müdigkeit, etc.
These klingt zwar plausibel, ist aber im Lichte der Forschung zu polarisiertem Training nicht aufrechtzuerhalten. Die Forschung dazu zeigt nämlich sehr eindeutig, dass ein sparsamer Einsatz "harter" Einheiten den größten Nutzen bringt - und das auch dann, wenn man nicht wie ein Profi 20h pro Woche trainiert.
Das dürfte der Hauptgrund für Deine These weiter oben sein! Ist ausdrücklich nicht als Kritik an Deinem Training zu verstehen. Wenn Du Spaß hast dran hast, mach es so.Ich mach’s ja auch eher straff und kompakt mit täglicher Selbstauspeitschung, aber ich merk halt auch, wann der Körper mal nen Tag seine Ruhe haben will, und die kriegt er dann. Per Nichtstun oder Stunden-TSS von 30.
Vom trainingsmethodischen Standpunkt her suboptimales Training, was aber absolviert wird, weil es Spaß macht, ist immer besser, als trainingsmethodisch optimales Training, dass aber den Sportlern keinen Spaß macht und deswegen nicht absolviert wird.
Es wird viel zu selten, gesagt, dass man so trainiert, wie man trainiert, weil es Spass macht. Dafür wird viel zu oft - bewusst oder unbewusst - Trainingstheorie "verbogen", um das eigene Training zu rechtfertigen.
Zwei Thesen:Und man muss sich immer fragen, was man eigentlich will, und was kann ich realistisch erreichen.
Im Forum liest man ja eigentlich immer nur von Menschen, die sich irgendwie entwickeln müssen, die ihre FTP nach Auszeiten oder Rückschlägen hochgeschraubt haben, die nächstes Jahr 50 Watt mehr haben möchten, Build me up – Pläne machen, etc.
Ich finde das immer witzig, bin nun schon über 15 Jahre hier im Forum, und eigentlich müssten dann ja langsam alle mal bei 400 FTP angekommen sein, bzw. jedes Jahr ein paar dazu kommen.
Ich finde, man liest viel zu wenig von Menschen, die zufrieden sind mit dem was sie haben, sich toll finden, einfach (hart/normal) trainieren, um ihr (hohes) Niveau zu halten, mit dem sie zufrieden sind. Aber das ist vielleicht ein anderes Thema.
1. Die erreichbare FTP ist zu einem Großteil genetisch determiniert. Man kann durch Training sein genetisch vorgegebenen Potenzial zwar ausschöpfen. Success-Stories, in denen Sportler plötzlich große Zuwächse bei der FTP verbuchen, sind entweder schlicht reines Marketing, betreffen Sportler, die jung oder noch sehr neu im Sport sind (also eine sehr kurze Trainingshistorie haben), oder solche, die in der Vergangenheit sehr, sehr viel, sehr, sehr falsch gemacht haben (nicht regelmäßig genug trainiert, z.B.). Von letztgenannter Gruppe gibt es aber nur sehr wenige und die trifft man auch nicht in Trainingsforen! Anders gesagt. Trotz aller kontroversen Diskussionen um Trainingsmethodiken trainieren die meisten Sportler nicht so grundsätzlich falsch, dass durch Trainingsumstellungen noch exorbitante FTP-Steigerungen möglich wären.
2. Bei Diskussionen um FTP-Entwicklung wird das Thema Alter und dessen Folgen für mögliche trainingsinduzierte Leistungssteigerungen zumeist übersehen. Wie ich neulich schon anhand der Auswertung der Ötzi-Zeiten dargelegt habe, lässt sich - trotz all des unbestreitbaren Fortschritts in der Verbreitung trainingsmethodischen Wissens durch Foren, Blogs, Bücher etc. - in den letzten 20 Jahren kein Fortschritt beim Leistungsniveau im Hobbysport feststellen - der Ötzi wird immer noch ähnlich schnell bzw. langsam gefahren, wie Mitte der 2000er-Jahre. Allerdings ist die Population der Teilnehmer, und der ambitionierten Hobbyradsportler insgesamt, in der Zwischenzeit aufgrund der allgemeinen demografischen Entwicklung deutlich gealtert. Daher geht es für sehr viele Hobbysportler längst nicht mehr um die Frage, ob und wie sie von 300 auf 350 Watt kommen, sondern wie sie ihre Leistung trotz altersbedingten Rückgang der Vo2max etc. überhaupt halten können. Spätestens ab Mitte 30 ist für jemand, der schon einige Zeit systematisch trainiert, ein Erfolg, das Niveau einigermaßen zu halten. Wie die Auswertung zum Ötzi gezeigt hat, gelingt das ja zumindest den Teilnehmern solcher Veranstaltungen ganz gut - sie werden trotz Alterung nicht langsamer. Man kann aber eben nicht erwarten, dass mit irgendwelchen Trainingsoptimierungen mit 40 oder 50 plötzlich nochmal 50 Watt FTP-Steigerung herauspurzeln.