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unterwegs mit dem klassiker

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Re: unterwegs mit dem klassiker
Man braucht einen langen Atem. Die Franzosen haben erst Anfang der 90er Jahre Mehrere Millionen FF für die Restaurierung investiert, nachdem das Monument in den 70ern schon abgerissen werden sollte.
 
Wettertechnisch ist die Gegend hier oben echt eigen. Ich sehe hier Berichte mit Temperaturangaben die kenne ich nur noch aus indischen Wetterberichten. Das Maximum hier waren gewaltige 21°C in den letzten Wochen und vor allem immer schön Windstärke 4-5 von vorne aus West. Ich bin immerwieder verblüfft. Im Frühjahr war hier das große jammern über das Mistwetter und dem dauerhaften Regen und ich fuhr bei Hammerwetter meine tägliche Runde zurück von der Arbeit. Seltsam, will aber nicht meckern!
 
Erntezeit, da muss man jetzt wieder größeren Rucksack mitnehmen
 

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Ötztalrundfahrt 2020

Was zieht jemanden wie mich in die Berge? Ich habe ein bisschen Höhenangst und bin somit eigentlich für so eine Alpentour gar nicht geeignet. Bei mancher Kehre ganz nahe an der Kante spüre ich ein mulmiges Zögern.

Gleichzeitig zieht mich die Höhe an. Schon während meiner Lehrzeit in Mittenwald blickte ich von meinem Zimmerchen aus auf die schneeflockige senkrechte Wand des Karwendel; auch wenn ein besonders schmaler Grat mehrerer Anläufe bedurfte, zog es mich hinauf.
Berge lösen in mir eine schaurigschöne Anziehung aus. Was gibt es schöneres, als dies mit der schönsten Nebensache der Welt, dem Radeln langer Strecken zu verbinden?

2017-10-08_oetztal_rundfahrt_-_hoehenprofil.jpg

Quelle: aramuc

Ötztalrundfahrt, Superrnandonnée,
eine sog. Permanente, Starttag und -zeit bestimmt der Teilnehmer,
Strecke und Reglement die Organisatoren
Maximalzeit Randonneure: 60 Stunden
organisiert vom ARA München/Oberbayern
aramuc.de/superrandonnee
Streckenlänge: 613km
Steigungen: 11.000 Hm
Bruttozeit: 53:47 Stunden
gefahren vom 23. bis 25. Juli 2020
Verkehrsmittel: 1990er Koga Miyata Granwinner

Im vergangenen Jahr hatte ich es ja schon einmal probiert und kurz unterhalb des Penser Jochs entnervt aufgegeben.
Warum?
Gestartet war ich wie immer, seit ich Langstrecke fahre, mit dem Liegerad. Und nach anderthalb Tagen kopfüber wie eine Fledermaus am Berg hängend bin ich zu dem Schluss gelangt, dass Technik und Strecke einfach nicht zusammen passen.
Über den Jahreswechsel beschloss ich, das Radeln langer Strecken mit meiner Leidenschaft für historische Rennmaschinen zu verbinden und begann zu trainieren.

Screenshot_2020-07-31 GPX-Viewer, GPS-Track auf OSM-Karte anzeigen, Höhen- Steigungs- Geschwin...png

gpx-Track: aramuc Kartendarstellung: bernhard-gaul.de/gpxviewer

Start Deisenhofen.JPG


Ein gutes halbes Jahr später schwinge ich mich am Bahnhof Deisenhofen in den Sattel, mit durchaus gemischten aber eindeutig vorfreudigen Gefühlen. Unter mir verrichtet geräuschlos und geschmeidig ein 1990er Koga Miyata Granwinner seinen Dienst.

Die Anfahrt auf den Achenpaß ist noch geläufig, nach der Tunneldurchfahrt auf den mächtigen Sylvensteinspeicher muss ich jetzt nicht suchen, das Panorama der türkisblauen Scheibe breitet sich vor mir aus. Zielfoto, Stempel und Gebäck im Cafe Adler.

Nur schnell weiter. Der stumpfbucklige Brenner wartet.
Direkt am Achensee entlang, hindurch geschlängelt zwischen sommerträgen Urlaubern, ein Gedanke fliegt vor meinem inneren Auge vorbei: Welch seltsamer Kontrast zu meinem Vorhaben!
Am gegenüber liegenden Ufer wachsen Atem beraubend die Berge in den Himmel.

Auf halbem Weg Fotostopp in St. Peter, letztes Jahr hat es hier brutal geschüttet, jetzt ist es schwülheiß, die Straße ist vollgesperrt, gut, wenn man sein elegantes Verkehrsmittel schultern und durch den Zementmatsch waten kann!

K2_St. Peter.JPG

Geht weiter...
 
Zuletzt bearbeitet:
Sehr schöne Strecke, die ich so ähnlich auch gelegentlich fahre. Allerdings lasse ich mir mehr Zeit und habe das Penserjoch bisher immer gemieden. Ich habe das aus alten Motorradzeiten als ehr nervig und mit vielen langen Tunneln in Erinnerung. Wie sind denn deine Erfahrungen mit dem Rennrad (wenn ich das richtig sehe, bist du es von Süden nach Nordern gefahren)?
LG
 
Hier wird schon weiter gekurbelt:

Und schließlich vorbei an den LKW-Kolonen über die Grenze nach Italien entschlüpft!
Schussfahrt ins geliebte Südtirol, auf Bozen zu, links liegen lassen und rauf auf den Ritten, mit seinen 1200 Metern eine Vorübung auf die „richtigen“ Pässe, nach denen es mich jetzt sehr verlangt.
K3_Ritten.JPG


Im letzten Tageslicht Kontrollfoto am Ortsschild Klobenstein.
Hunger nach Gekochtem meldet sich, die Küchen aber zu. Vor einem geschlossenen Döner naht eine Gruppe Jugendlicher, schimpft und zückt das Telefon. So komme ich an meine Pizza plus einem Radler -was sonst- und gestärkt geht es in die Nacht.

Fernes Donnergrollen und vereinzelt Wetterleuchten verheißt nichts Gutes, jetzt nicht trödeln, vielleicht schaffe ich die nahe Abfahrt an den Fuß des Penser Jochs noch im Trocknen.
Das Lichtermeer Bozens breitet sich tief unter mir aus, märchenhaft, doch jetzt schnell weiter! Wenige Kehren vor dem Abzweig erwischt es mich. Ein kräftiger Wind zieht auf, dicke Tropfen fallen, halbnaß rette ich mich in ein Bushäuschen.
Jetzt geht es richtig los: Im Sekundentakt donnert es, Blitze zucken grell um mich herum in die Nacht, Sturzregen geht nieder wie eine Wand, die Bodenplatte meines Unterschlupfs vibriert bei den Einschlägen. Die konstante Wucht des Schauspiels nimmt mich gefangen.
Also blase ich meine Matte auf und bette mich zur Nacht. Doch das Wasser drückt schräg herein, deshalb Rettungsdecke raus, jetzt geht es. Für die nächsten drei Stunden sinke ich bei konstantem Rauschen weg.

Um kurz nach eins ist das Unwetter abgezogen. Ein feiner Regen bedeckt das Land. Ich knautsche meine Rettungsdecke zu einer larvenförmigen Wurst zusammen und rolle los bergan ins Dunkel.
Nach einer Stunde Still-vor-mich-hin-Radelns taucht links von mir hell erleuchtet ein Sägewerk auf. Hier wird im Schichtbetrieb gearbeitet, Gerbsäure steigt mir vertraut in die Nase. Hinter einer Kehre verschluckt es das Schwarz. Von nah dringt das träge Läuten frei laufender Kühe zu mir herüber.

Meine Wasservorräte gehen zur Neige, nicht schlimm, denn ich habe mir gemerkt, dass sich ungefähr hier eine Quelle befinden muss; in stiller Nacht ist das Glucksen deutlich vernehmbar.
Im Kegel der Kopflampe taucht sie bald auf. Ich klinke meine Flaschen aus und stapfe über di ewassersatte Wiese, der Testschluck schmeckt frisch. Ich trinke und fülle. Über mir das Sternenmeer.

Kurz vor Morgengrauen habe ich den Pass erreicht. Mit der Lampe leuchte ich schräg das Paßschild an und probiere ein Foto. Dann tagt es, eingepackt rolle ich los, schalte hoch, hänge mich in den Unterlenker, Schussfahrt ins Tal.
K4_Penserjoch.JPG


Während sich das Penser Joch durch seine lange Anfahrt ganz schön zieht, ist der Jaufen sofort da. Im Regen trete ich stur bergan.

Erst satt bewaldet, dann baumlos karg.

Am Frühstücksbuffet eines Hotels schöpfe ich Zuversicht. Doch kaum habe ich den letzten Bissen im Mund, pladdert es los aus vollen Kübeln. Geht das noch mit rechten Dingen zu? Es nützt nichts. Ich stoße mich ab und im Nu bin ich nass. Die sündteure ultraleichte Regenjacke bestenfalls gut gegen Wind.

Ein menschliches Rühren verschafft sich energisch Gehör, mit wachsender Verzweiflung spähe ich rechts und links nach Deckung. Kurz unterhalb der Paßhöhe ist es dann soweit: Ein kiesiger Wanderweg kerbt sich etwas ein, ich folge. Um aus der Trägerhose zu kommen, muss alles runter. Die nasse Kleidung bremst. Wütend zerre ich daran. Im Hocken mache ich bereits die geduckte Passhütte aus, links unterhalb davon eine Kapelle, ein Reisebus steht davor.

Ich bin jetzt klatschnass, das verknotete Bündel Klamotten vor mir im Dreck. Jetzt auch egal, nasser als nass geht nicht! Ich wate zu einem Bach und wasche mich gründlich.

Manchmal kann ein Klecks Seife so wertvoll sein wie Luft in den Reifen!

Anschließend kämpfe ich mich in die Klamotten zurück und nehme die letzten Meter bis zum Paßschild.
Zitternd halte ich kurz mit der Kamera drauf. Bloß weg hier! Beträte ich jetzt die geheizte Hütte, öffneten sich die Poren und beim Raustreten finge ich so stark zu schlottern an, dass ich hier nicht mehr weg käme.
K5_Jaufenpass.JPG


Ich stürze mich in die Abfahrt, etwa 20 Minuten halte ich es aus, dann kann ich den Lenker nicht mehr halten. In die Rettungsdecke und Hilfe rufen oder ein Wunder!

Das taucht auf in Form eines schmucken Gasthofs. Ohne zu zögern biege ich ein und bitte um ein Zimmer.
Dann geht alles ganz schnell.

Durch einen Flur an einem Spiegel vorbei, bleiches Gesicht, maskenhafter Blick, lotst man mich in ein geräumiges Appartement. Die gute Frau dreht gleich die Heizung auf, im Bad bekomme ich einen Plastikbeutel für meine nassen Sachen. Ich steige in die Dusche, heftig zitternd, lauhwarm fühlt sich heiß an, weiße Beine, dann wärmer und wärmer. Meine Sachen in die Tüte vor die Tür liege ich Augenblicke später im Bett, neben mir eine große Tasse heißen Kräutertees. Ich trinke, liege, trinke, schlafe wohl zwei Stunden.

Während dessen drehen meine Sachen eine Runde im Trockner.

Als ich wach werde, fühle ich mich schon bedeutend besser. Überrascht stelle ich fest, dass ich noch gut in der Zeit bin. Unten im Restaurant herrscht bereits Hochbetrieb, im Handtuch wage ich mich vor und erbitte meine Kleidung; für die Umstände, die ich den Leuten hier mache schäme ich mich schon ein bisschen. Ich schäle mich in die Kluft, bekomme einen großen Teller Nudeln und nach Entrichtung eines symbolischen Betrags nehme ich sofort Fahrt auf, voll von Dankbarkeit und Glück; das Leben ist schön!

Sankt Leonhard am Fuß des Timmelsjochs erreiche ich um viertel vor drei und beginne ansatzlos den Aufstieg.

Mir ist warm, es ist trocken. Jetzt erlebe ich das, wozu ich her gekommen bin: Radeln in alpiner Bergwelt, Kehre um Kehre, durch kleine dunkle Tunnel, Galerien, das Gefühl der Höhe immer greifbarer, Dörfer, Höfe ziehen sich als kleine Kleckse zurück, gemauerte Säume zur einen, silbrig glänzender Fels zur anderen Seite. Das Massive und das Weite abwechselnd rechts und links von mir.

Kaffeepause;)
 
Die ersten Kilometer vor dem eigentlichen Paß sind ganz schön knackig, aber es geht. An den Infotafeln vorbei in den Anstieg, erstaunlich wenige Motorräder, es ist Freitag nachmittag, Geldvolk in „Sport“wagen an mir vorbei ins Tal, ihr heiseres Gebell schallt in schrumpfenden Schüben herauf. Viel schneller als erwartet taucht das Hotel Hochfirst vor mir auf, zieht vorüber und taucht noch einmal auf als Puppenhaus, Fleck, aus.

Gut drei Stunden später ist es schon vorbei. An einem kläglichen Häufchen Altschnee vorbei reite ich auf der Paßhöhe ein. 2509 Meter, das Dach der Tour.
Neben mir kommen zwei automobile Oldtimer zum Stehen, zollen Respekt meinem ebenfalls angejahrten, luftigen Gefährt.
K6_Timmelsjoch.JPG


Jetzt geht es erst einmal rasend schnell bergab, die Wetter zugewandte Seite sorgt für heftigen Gegenwind. Zwischen 2500 und 2200 Metern stehen große Placken krautiger Blumen, gut 15cm hoch, mit einer großen Blüte, leider geschlossen. Ist das Edelweiß? Kann ein botanisch bewanderter Randonneurskollege aushelfen?

Dann ein breit-stumpfer Gegenanstieg, angenehm, mir wird etwas warm. Schon im Herannahen höre ich erst und sehe dann einen Hubschrauber auf der Stelle kreisen, die Grenzstation kommt in Sicht, ein Zöllner sucht mit einem Fernglas ab, ja, was eigentlich?

Auf einer eigenen Fahrradspur passiere ich erneut die Grenze, durchquere die von einem Felssturz bis vor kurzem gesperrte Galerie, einseitige Verkehrführung, Staub und Wasser aus dem Fels, über Kuhgitter, vor denen ich auf 40 runter bremse, geht es in ellenlanger Abfahrt ins Tal zurück nach Sölden.

Erst hier kündigt sich erneut Regen an, vereinzelte Tropfen fallen, ich beschließe, erstmal essen zu gehen. In einem von außen noblen Hotel gleich am Ortseingang führt man mich wohl absichtlich auf Umwege. Was solls? Ein gutes Haus kennt keinen Dünkel.
Im Grauen Bären unterhalb werde ich dann glücklich; die zugeneigte Dame am Empfang erlaubt mir, mein Fahrrad für die Dauer der Speisung an ihrem Tresen abzustellen. Das hatte ich auch noch nicht!

Die Zimmer sind mir dann doch zu teuer, eine Pension nimmt mich auf, Vollbad, sechs Stunden Schlaf, über den Fahrradkeller verlasse ich den Ort um drei Uhr früh, der Regen ist vorüber, mein Schnitt hat sich auf genau 10,0 herunter gearbeitet, in der flach-abschüssigen Anfahrt auf das Kühtai starte ich die Renovierung. Im Unterlenker ziehen mich große Gänge durch die Nacht.

Das Kühtai geht im Ort knackig los, um die frühe Zeit ist kein Verkehr, also fahre ich in Schlangenlinien hoch. Dann entspannt es sich, bleibt aber anspruchsvoll. Ich habe keinen Proviant einstecken, blöder Anfängerfehler!!! Bei einer Galerieduchfahrt habe ich mich leer gefahren, hier schiebe ich, danach geht es nur noch langsam voran. Ich durchfahre einen schlafenden Ort, nichts zu beißen, kurz vor Morgengrauen erreiche ich die Paßhöhe, schemenhaft nehme ich Skilifte, große Hotelanlagen wahr, ach, richtig das ist ja auch noch mal ein 2000er, der letzte.
K7_Kühtai.JPG


Vor einem Hotel lockt ein Schrank großer hell erleuchter Automat: Hier gibt es alles, Getränke, Fertignahrung salzig und süß. Ich entscheide mich für Chips, 2xManna, einen leibhaftigen Apfel und vorab eine Dose Cola. Schnell ist wieder Dampf im Kessel!
Ein Foto später tagt es und rein geht es in die Abfahrt; mit etwas Wehmut verlasse ich in rasender Fahrt Granit, Hochalm und Serpentine und tauche ein ins Inntal, ein langes, flaches Stück bringt mich zum Buchener Sattel; nach den letzten vier auf 2000 bis 2500 Meter hoch gelegenen Pässen nehme ich diesen letzten mit seinen gerade mal 1256m nurmehr als Hügel wahr, der sich flott erradeln läßt.
K8_Buchener Sattel.JPG


Die schroffe Schönheit der Alpen liegt nun hinter mir, flach und schnell geht es um den Karwendel herum und die Geisterklamm, durch Mittenwald, wo ich einen letzten Bäckerstopp einlege, direkt am Walchensee entlang, der um die Mittagshitze von endlosen Autokolonnen heim gesucht wird, ein letztes Hügelchen.
K9_Kesselberg.JPG


Auf rückwärtigen Wirtschaftswegen auf Wolfratshausen zu, ein paar letzte Kilometer Landstraße. Glücklich und etwas erschöpft steige ich nach 53:47 Stunden vom Rad.
Ziel2_Deisenhofen.JPG


In Oberhaching gönne ich mir draußen im Halbschatten bei einem bereits am Vorabend des Starts für gut befundenen Italiener eine ausgiebige Mahlzeit, aufgeputzte Oberhachinger führen ihre blank geputzten Karossen flott über den gepflasterten Kirchplatz spazieren, so wohnt das Ende im Anfang inne.

Pech hatte ich mit dem Wetter, grandios war es im Übrigen. Ich werde es wieder tun!
Dank an Jörg und Igor, Ihr seid die Größten!

Nachtrag zum Rad: Das Koga fuhr sich äußerst geschmeidig, Probleme, Schäden, Platten gab es keine!
Mit Rahmenschalthebeln geht man eher mal aus dem Sattel, anstatt hektisch hin und her zu schalten. Habe ich als vorteilhaft empfunden.

Drei Ersatz ma2-Felgen, einen Nabensatz und einen Steuersatz extra habe ich schon eingesammelt, so nette Sachen kriegt man ja leider nicht im Radladen, verrückte Zeit!
 
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Die ersten Kilometer vor dem eigentlichen Paß sind ganz schön knackig, aber es geht. An den Infotafeln vorbei in den Anstieg, erstaunlich wenige Motorräder, es ist Freitag nachmittag, Geldvolk in „Sport“wagen an mir vorbei ins Tal, ihr heiseres Gebell schallt in schrumpfenden Schüben herauf. Viel schneller als erwartet taucht das Hotel Hochfirst vor mir auf, zieht vorüber und taucht noch einmal auf als Puppenhaus, Fleck, aus.

Gut drei Stunden später ist es schon vorbei. An einem kläglichen Häufchen Altschnee vorbei reite ich auf der Paßhöhe ein. 2509 Meter, das Dach der Tour.
Neben mir kommen zwei automobile Oldtimer zum Stehen, zollen Respekt meinem ebenfalls angejahrten, luftigen Gefährt.
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Jetzt geht es erst einmal rasend schnell bergab, die Wetter zugewandte Seite sorgt für heftigen Gegenwind. Zwischen 2500 und 2200 Metern stehen große Placken krautiger Blumen, gut 15cm hoch, mit einer großen Blüte, leider geschlossen. Ist das Edelweiß? Kann ein botanisch bewanderter Randonneurskollege aushelfen?

Dann ein breit-stumpfer Gegenanstieg, angenehm, mir wird etwas warm. Schon im Herannahen höre ich erst und sehe dann einen Hubschrauber auf der Stelle kreisen, die Grenzstation kommt in Sicht, ein Zöllner sucht mit einem Fernglas ab, ja, was eigentlich?

Auf einer eigenen Fahrradspur passiere ich erneut die Grenze, durchquere die von einem Felssturz bis vor kurzem gesperrte Galerie, einseitige Verkehrführung, Staub und Wasser aus dem Fels, über Kuhgitter, vor denen ich auf 40 runter bremse, geht es in ellenlanger Abfahrt ins Tal zurück nach Sölden.

Erst hier kündigt sich erneut Regen an, vereinzelte Tropfen fallen, ich beschließe, erstmal essen zu gehen. In einem von außen noblen Hotel gleich am Ortseingang führt man mich wohl absichtlich auf Umwege. Was solls? Ein gutes Haus kennt keinen Dünkel.
Im Grauen Bären unterhalb werde ich dann glücklich; die zugeneigte Dame am Empfang erlaubt mir, mein Fahrrad für die Dauer der Speisung an ihrem Tresen abzustellen. Das hatte ich auch noch nicht!

Die Zimmer sind mir dann doch zu teuer, eine Pension nimmt mich auf, Vollbad, sechs Stunden Schlaf, über den Fahrradkeller verlasse ich den Ort um drei Uhr früh, der Regen ist vorüber, mein Schnitt hat sich auf genau 10,0 herunter gearbeitet, in der flach-abschüssigen Anfahrt auf das Kühtai starte ich die Renovierung. Im Unterlenker ziehen mich große Gänge durch die Nacht.

Das Kühtai geht im Ort knackig los, um die frühe Zeit ist kein Verkehr, also fahre ich in Schlangenlinien hoch. Dann entspannt es sich, bleibt aber anspruchsvoll. Ich habe keinen Proviant einstecken, blöder Anfängerfehler!!! Bei einer Galerieduchfahrt habe ich mich leer gefahren, hier schiebe ich, danach geht es nur noch langsam voran. Ich durchfahre einen schlafenden Ort, nichts zu beißen, kurz vor Morgengrauen erreiche ich die Paßhöhe, schemenhaft nehme ich Skilifte, große Hotelanlagen wahr, ach, richtig das ist ja auch noch mal ein 2000er, der letzte.
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Vor einem Hotel lockt ein Schrank großer hell erleuchter Automat: Hier gibt es alles, Getränke, Fertignahrung salzig und süß. Ich entscheide mich für Chips, 2xManna, einen leibhaftigen Apfel und vorab eine Dose Cola. Schnell ist wieder Dampf im Kessel!
Ein Foto später tagt es und rein geht es in die Abfahrt; mit etwas Wehmut verlasse ich in rasender Fahrt Granit, Hochalm und Serpentine und tauche ein ins Inntal, ein langes, flaches Stück bringt mich zum Buchener Sattel; nach den letzten vier auf 2000 bis 2500 Meter hoch gelegenen Pässen nehme ich diesen letzten mit seinen gerade mal 1256m nurmehr als Hügel wahr, der sich flott erradeln läßt.
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Die schroffe Schönheit der Alpen liegt nun hinter mir, flach und schnell geht es um den Karwendel herum und die Geisterklamm, durch Mittenwald, wo ich einen letzten Bäckerstopp einlege, direkt am Walchensee entlang, der um die Mittagshitze von endlosen Autokolonnen heim gesucht wird, ein letztes Hügelchen.
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Auf rückwärtigen Wirtschaftswegen auf Wolfratshausen zu, ein paar letzte Kilometer Landstraße. Glücklich und etwas erschöpft steige ich nach 53:47 Stunden vom Rad.
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In Oberhaching gönne ich mir draußen im Halbschatten bei einem bereits am Vorabend des Starts für gut befundenen Italiener eine ausgiebige Mahlzeit, aufgeputzte Oberhachinger führen ihre blank geputzten Karossen flott über den gepflasterten Kirchplatz spazieren, so wohnt das Ende im Anfang inne.

Pech hatte ich mit dem Wetter, grandios war es im Übrigen. Ich werde es wieder tun!
Dank an Jörg und Igor, Ihr seid die Größten!

Nachtrag zum Rad: Das Koga fuhr sich äußerst geschmeidig, Probleme, Schäden, Platten gab es keine!
Mit Rahmenschalthebeln geht man eher mal aus dem Sattel, anstatt hektisch hin und her zu schalten. Habe ich als vorteilhaft empfunden.

Drei Ersatz ma2-Felgen, einen Nabensatz und einen Steuersatz extra habe ich schon eingesammelt, so nette Sachen kriegt man ja leider nicht im Radladen, verrückte Zeit!
Danke für's virtuelle mitnehmen! Gut geschrieben und eindrucksvoll erzählt.
 
Wie schon angekündigt, ging es am Mittwoch zu Kaffee und Kuchen... und natürlich Eis... nach Slubice in Polen. Das liegt direkt an der Oder und ist über eine Brücke mit Frankfurt/O verbunden.

Rechts ein paar Kühe (ohne Bild), links ein Sonnenblumenfeld...

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... und geradeaus eine einsame Straße (auch ohne Bild) und schon waren wir in Frankfurt/O. Was anscheinend das Imperium von @Magistrale ist.

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Jetzt nur noch über die Brücke, nach dem Kreisverkehr links und dann ganz scharf rechts (ebenfalls ohne Bild) und schon waren wir im Kuchenimperium Szczerbiński, eine Konditorei, die es schon seit 1967 gibt. Ein Tipp von @claire, den ich selbstverständlich gleich überpüfen musste.

Und man war perfekt auf uns vorbereitet, man hätte dort sogar das ganze Forum mit Kuchen pappsatt bekommen. Nur mal eine kleine Auswahl...

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Die Qual der Wahl! Aber wir entschieden uns dann eher für Obstkuchen, einen Windbeutel und etwas super Leckeres aus karamellisierten Walnüssen mit Plaumenfüllung.

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Als Nachtisch dann noch etwas Eis und ein Erbeerbecher mit viiieeel Sahne, die schmolz dann auf der Heimfahrt bei Gegenwind quasi direkt in die Beinmuskulatur.

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Das war defintiv nicht das erste und letzte Mal, dass ich nach Slubice gefahren bin... und nicht nur wegen des Kuchens, sondern wegen der traumhaften Strecke und den leeren Straßen. Rennradschlaraffenland!
 
Die ersten Kilometer vor dem eigentlichen Paß sind ganz schön knackig, aber es geht. An den Infotafeln vorbei in den Anstieg, erstaunlich wenige Motorräder, es ist Freitag nachmittag, Geldvolk in „Sport“wagen an mir vorbei ins Tal, ihr heiseres Gebell schallt in schrumpfenden Schüben herauf. Viel schneller als erwartet taucht das Hotel Hochfirst vor mir auf, zieht vorüber und taucht noch einmal auf als Puppenhaus, Fleck, aus.

Gut drei Stunden später ist es schon vorbei. An einem kläglichen Häufchen Altschnee vorbei reite ich auf der Paßhöhe ein. 2509 Meter, das Dach der Tour.
Neben mir kommen zwei automobile Oldtimer zum Stehen, zollen Respekt meinem ebenfalls angejahrten, luftigen Gefährt.
Anhang anzeigen 820963

Jetzt geht es erst einmal rasend schnell bergab, die Wetter zugewandte Seite sorgt für heftigen Gegenwind. Zwischen 2500 und 2200 Metern stehen große Placken krautiger Blumen, gut 15cm hoch, mit einer großen Blüte, leider geschlossen. Ist das Edelweiß? Kann ein botanisch bewanderter Randonneurskollege aushelfen?

Dann ein breit-stumpfer Gegenanstieg, angenehm, mir wird etwas warm. Schon im Herannahen höre ich erst und sehe dann einen Hubschrauber auf der Stelle kreisen, die Grenzstation kommt in Sicht, ein Zöllner sucht mit einem Fernglas ab, ja, was eigentlich?

Auf einer eigenen Fahrradspur passiere ich erneut die Grenze, durchquere die von einem Felssturz bis vor kurzem gesperrte Galerie, einseitige Verkehrführung, Staub und Wasser aus dem Fels, über Kuhgitter, vor denen ich auf 40 runter bremse, geht es in ellenlanger Abfahrt ins Tal zurück nach Sölden.

Erst hier kündigt sich erneut Regen an, vereinzelte Tropfen fallen, ich beschließe, erstmal essen zu gehen. In einem von außen noblen Hotel gleich am Ortseingang führt man mich wohl absichtlich auf Umwege. Was solls? Ein gutes Haus kennt keinen Dünkel.
Im Grauen Bären unterhalb werde ich dann glücklich; die zugeneigte Dame am Empfang erlaubt mir, mein Fahrrad für die Dauer der Speisung an ihrem Tresen abzustellen. Das hatte ich auch noch nicht!

Die Zimmer sind mir dann doch zu teuer, eine Pension nimmt mich auf, Vollbad, sechs Stunden Schlaf, über den Fahrradkeller verlasse ich den Ort um drei Uhr früh, der Regen ist vorüber, mein Schnitt hat sich auf genau 10,0 herunter gearbeitet, in der flach-abschüssigen Anfahrt auf das Kühtai starte ich die Renovierung. Im Unterlenker ziehen mich große Gänge durch die Nacht.

Das Kühtai geht im Ort knackig los, um die frühe Zeit ist kein Verkehr, also fahre ich in Schlangenlinien hoch. Dann entspannt es sich, bleibt aber anspruchsvoll. Ich habe keinen Proviant einstecken, blöder Anfängerfehler!!! Bei einer Galerieduchfahrt habe ich mich leer gefahren, hier schiebe ich, danach geht es nur noch langsam voran. Ich durchfahre einen schlafenden Ort, nichts zu beißen, kurz vor Morgengrauen erreiche ich die Paßhöhe, schemenhaft nehme ich Skilifte, große Hotelanlagen wahr, ach, richtig das ist ja auch noch mal ein 2000er, der letzte.
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Vor einem Hotel lockt ein Schrank großer hell erleuchter Automat: Hier gibt es alles, Getränke, Fertignahrung salzig und süß. Ich entscheide mich für Chips, 2xManna, einen leibhaftigen Apfel und vorab eine Dose Cola. Schnell ist wieder Dampf im Kessel!
Ein Foto später tagt es und rein geht es in die Abfahrt; mit etwas Wehmut verlasse ich in rasender Fahrt Granit, Hochalm und Serpentine und tauche ein ins Inntal, ein langes, flaches Stück bringt mich zum Buchener Sattel; nach den letzten vier auf 2000 bis 2500 Meter hoch gelegenen Pässen nehme ich diesen letzten mit seinen gerade mal 1256m nurmehr als Hügel wahr, der sich flott erradeln läßt.
Anhang anzeigen 820965

Die schroffe Schönheit der Alpen liegt nun hinter mir, flach und schnell geht es um den Karwendel herum und die Geisterklamm, durch Mittenwald, wo ich einen letzten Bäckerstopp einlege, direkt am Walchensee entlang, der um die Mittagshitze von endlosen Autokolonnen heim gesucht wird, ein letztes Hügelchen.
Anhang anzeigen 820966

Auf rückwärtigen Wirtschaftswegen auf Wolfratshausen zu, ein paar letzte Kilometer Landstraße. Glücklich und etwas erschöpft steige ich nach 53:47 Stunden vom Rad.
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In Oberhaching gönne ich mir draußen im Halbschatten bei einem bereits am Vorabend des Starts für gut befundenen Italiener eine ausgiebige Mahlzeit, aufgeputzte Oberhachinger führen ihre blank geputzten Karossen flott über den gepflasterten Kirchplatz spazieren, so wohnt das Ende im Anfang inne.

Pech hatte ich mit dem Wetter, grandios war es im Übrigen. Ich werde es wieder tun!
Dank an Jörg und Igor, Ihr seid die Größten!

Nachtrag zum Rad: Das Koga fuhr sich äußerst geschmeidig, Probleme, Schäden, Platten gab es keine!
Mit Rahmenschalthebeln geht man eher mal aus dem Sattel, anstatt hektisch hin und her zu schalten. Habe ich als vorteilhaft empfunden.

Drei Ersatz ma2-Felgen, einen Nabensatz und einen Steuersatz extra habe ich schon eingesammelt, so nette Sachen kriegt man ja leider nicht im Radladen, verrückte Zeit!
Eine tolle Story, die mir einmal mehr gezeigt hat, dass diese Radonörsachen nichts für mich sind.
 
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