Kaffeefahrt
25.03.2017
Da für den Samstag Kaiserwetter angesagt war, 14 Grad und 11 Stunden Sonnenschein, und bei mir keine Radsporttermine anstanden, fuhr ich die erste Genussrunde Richtung Münsterland. Das gerade zum Tourengeländerenner umgebaute MTB sollte einer "kleinen" Probefahrt unterzogen werden. Kurz vor 8 Uhr ging es zunächst vom Dortmunder Süden vorbei an Rennbahn und Hauptfriedhof Richtung Unna. Über kleine Landstraßen und asphaltierte Feldwege führte mich der Weg vorbei an Massen und dann zwischen Unna und Königsborn, wo ich auf die alte Bahntrasse Max-von-der-Grün-Weg wechselte. Diese führte mich unter anderem an den Resten der Klöckner Werken vorbei. Die Qualität der Wege und Straßen war mir ziemlich egal, da die 2 Zoll breiten
Reifen und die Federgabel so einiges glattbügeln konnte.
Die Trasse führte mich nun Richtung Hamm über die Seseke. Kurz vor Bönen verließ ich die Trasse und es ging wieder über kleine verkehrsarme Straßen. Dann erreiche ich mein erstes Ziel süd-östlich von Hamm, wo ich um 10 Uhr Spike abholte. Einige andere Mitfahrer mussten leider krankheitsbedingt absagen. Spike fuhr mit seinem Eigenbau auf Basis eines alten Peugeot Renners, auch wenn man das nicht mehr erkannte. Ich gab den nächsten Track in mein Navi und los ging es. Komischerweise kam mir einiges an der Strecke vom Hinweg bekannt vor, obwohl wir eigentlich Richtung Norden hätten fahren sollen. Nach ein paar Kilometern war klar das ich den Track vom Hinweg wieder aktiviert hatte. Na gut, ein paar extra Kilometer. Nun fuhren wir aber Richtung Norden. Bis zum Stadtrand von Hamm war es noch sehr ländlich.
Dann führte uns die Route zum und durch den Hammer Hafen. Hinter dem Hafen überquerten wir erst den Datteln-Hamm-Kanal und kurz darauf die Lippe. Weiter ging es an der Geinegge entlang. Der Weg hatte es in sich und mit schmalen
Reifen wäre das sicher ein Abenteuer geworden.
Aber mit meiner Chimäre machte es richtig Spaß und es ging flott voran. Am Bahnhof Bockum-Hövel ging es dann wieder über eine kleine asphaltierte Straße vorbei. Insgesamt war nicht viel los. Die meisten Leute waren wohl noch einkaufen.
Hier am Rande des Ruhrgebiets zum Münsterland findet man neben den ländlich geprägten Dörfern und Bauernhöfen auch noch wenige Zeugen der industriellen Vergangenheit des Ruhrgebiets. Doch irgendwie wirken diese Konstruktionen sehr skurril in der grünen Landschaft.
Gegen 12 Uhr erreichten wir das Eishaus in Drensteinfurt. Hier wollten wir Toto treffen, der auf seiner eigenen Runde unterwegs war. Das Eishaus ist schon legendär und ein beliebter Treffpunkt für Radler. Aber gegen Mittag war noch nicht so viel los und so brauchten wir nicht lange Schlange stehen für das erste Eis des Jahres (jedenfalls für mich). Neben ein paar gewöhnlichen Sorten gibt es auch extravagante Kreationen und sogar sehr leckeres veganes Eis. Wir setzten uns draußen in die Sonne, schleckten Eis und quatschten. Ich liebe diese Geselligkeit beim Rad fahren. So verging fast eine Stunde bevor wir wieder aufbrachen. Für Spike und mich sollte es weiter nach Lüdinghausen gehen. So verabschiedeten wir uns von Toto.
Auf der Ortsstraße dann noch die Statue eines Pferdes, des westfälischen Wappentieres. Und gerade im Münsterland haben Pferde noch einen hohen Status.
Unterwegs sah ich dann noch zwei Passagiere, glaube es waren Plüschbären, die in einer Fahrradrikscha auf ihren Fahrer warteten.
So eine Tour mit einer Rikscha hätte auch mal was. Wir erreichten Ascheberg und folgten meiner Route nun nach Lüdinghausen. Burg Vischering sollte unser nächstes Ziel sein. Dieses erreichten wir dann am Nachmittag gegen 15 Uhr.
Im Burggarten fand sich das Denkmal eines Kiepenkerls. Das waren in alten Zeiten in der nördlichen Hälfte Deutschlands Händler die umherzogen und ihre Waren in einem großen Korb auf dem Rücken transportierten. Echt ein harter Job, der aber den Handel in Schwung hielt und für die damalige Versorgung der Bevölkerung wichtig war. Supermärkte oder so gab es ja noch nicht. Das Wort Kiepe leitete sich von dem Transportkorb auf dem Rücken ab.
Die Burg Vischering wurde bereits im 13. Jahrhundert als Wasserburg gebaut und nach einem Brand im 16. Jahrhundert wieder aufgebaut und zum Schloss umgestaltet. Die Burg ist noch Heute im Besitz der Familie Droste zu Vischering. Als wir dort ankamen war der innere Burghof wegen Renovierung geschlossen. Einmal durchwischen als Frühjahrsputz reicht bei so einem alten Gemäuer natürlich nicht. Da muss auch schon mal mehr gemacht werden um die Burg für kommende Generationen zu erhalten. Wir setzten uns draußen ins Café des vorderen Burghofes und genossen Kaffee und Kuchen. War ja schließlich eine Genusstour.
Vor der Weiterfahrt noch kurz ein Foto vor der Georgskapelle, die zur Burg gehört. Etwas Beistand von oben kann man immer brauchen.
Aus Lüdinghausen heraus ging es entlang der Stever, die wir dann ein paar Kilometer später Richtung Dortmund-Ems-Kanal verließen.
Hier hatten wir dann teilweise ordentlich Gegenwind.
Am Kanal sah ich schon von weitem etwas das wie ein riesiger Lenkdrachen aussah. Beim näher kommen erwies es sich als ein Geländeskater mit Kiteschirm. Erstaunlich was der, einschließlich Sprüngen, so alles drauf hatte. Jeder genoss das schöne Wetter halt auf seine Weise. Es sah auf jeden Fall spektakulär aus.
Zwischen Olfen und Selm bogen wir dann nach Osten ab und erreichten Bork. Hier verabschiedete ich mich von Spike. Er musste weiter Richtung Osten, ich nach Süden. Von Bork fuhr ich zunächst Richtung Waltrop, bog dann aber nach Brambauer ab. Hier hatte ich dann eine Begegnung der dritten Art. Schwebte da über den Bäumen ein Ufo? Wurde ich Zeugin des ersten Kontaktes mit Außerirdischen?
Nein, es war viel profaner. Ich erblickte lediglich die Spitze des Förderturms der ehemaligen Zeche Minister Achenbach in Lünen-Brambauer. Die eigenwillige Form hat der Turm dem bekannten Designer Luigi Colani zu verdanken. Also nichts mit extraterrestrischer Völkerverständigung. So setze ich meinen Weg unbekümmert fort.
Von Norden her kommend passierte ich den Fredenbaumpark und den Hafen von Dortmund. Nun ging es durch die Nordstadt. Auch wenn Dortmund eher als Malocherstadt bekannt wurde, gab es auch hier schon immer kluge Köpfe die sich um Bildung und Kunst verdient machten. Einer von ihnen war der Schriftsteller, Verleger und Publizist Dr. jur. Arnold Andreas Friedrich Mallinckrodt der 1825 verstarb. Nach ihm ist in Dortmund auch eine Straße benannt.
Natürlich kam ich auch an dem Dortmunder U vorbei, dem Wahrzeichen meiner Stadt schlechthin. Das Dortmunder U wurde in den 20er Jahren als Brauereiturm der Dortmunder Union Brauerei errichtet und war damals das erste Hochhaus der Stadt. Obwohl die Innenstadt im 2. Weltkrieg fast vollständig zerstört wurde, blieb der Turm standhaft. Deshalb hatte er für die Dortmunder immer einen hohen Symbolwert. Nach dem Niedergang der Brauerei verfiel der Turm so langsam und es wurde sogar überlegt ihn abzureißen. Dagegen bildete sich eine Künstler- und Bürgerinitiative und der Abriss wurde nicht nur verhindert, sondern der Turm wurde umgebaut und beheimatet Heute nicht nur das renommierte Ostwall Kunstmuseum, sondern auch andere künstlerische Einrichtungen. Beliebt bei der Bevölkerung sind auch die Videos von Adolf Winkelmann, einem Dortmunder Regisseur, die oben über spezielle Projektionsflächen (LED-Röhren) laufen.
Dann fuhr ich über den Königswall vorbei an Bahnhof und Fußballmuseum. Die Route führte danach Richtung Osten, vorbei am Ostfriedhof, wo ich wieder einen Schwenk nach Süden machte und dann heimatliche Gefilde erreichte. Nach 146 km mit knapp 19 km/h Durchnittsgeschwindigkeit erreichte ich noch im Hellen mein Zuhause. Es war eine richtig schöne Tour bei tollem Wetter und über schöne Strecken. Vieles kannte ich schon, aber es waren auch ein paar neue Straßen dabei. Mit meiner Chimäre bin ich vollauf zufrieden. Das Rad ist zwar mit gut 15 kg etwas schwer, fährt sich aber sehr gut, ist zudem bequem und einfach ein gutes Tourenrad. Die Lenkerendhebel von Dia Compe sind nicht nur qualitativ und optisch toll, sie lassen sich auch gut bedienen.