Vater Rhein
10.07.2017
Der Montag sollte der Abschluss meines langen Wochenendes sein. Nachdem ich Sonntag etwas frustriert und angeschlagen aus Nortorf zurück kam, wollte ich es am nächsten Tag etwas ruhiger angehen lassen. Da mein Firmenwagen zur Inspektion ins Bergische Land musste, nahm ich mein Koga Miyata einfach mit und startete von Bergisch Born aus eine Tour nach Leverkusen an den Rhein. Nun schien das Bergische Land nicht für eine gemütliche Tour geeignet zu sein, aber zufällig führt eine alte Bahntrasse, die Balkantrasse vorbei an Bergisch Born und endet in Leverkusen-Opladen. So machte ich mich am Vormittag auf ins Bergische und lud vor der Werkstatt mein Rad aus. Nach Erledigung der Formalitäten fuhr ich gegen 11:30 Uhr direkt hinüber zur Trasse. Um meine geschundenen Muskeln etwas Gutes zu tun kurbelte ich nur locker in kleinen Gängen. Das 48er Kettenblatt vorne sollte nicht einmal zum Einsatz kommen. Für die meisten Steigungen schaltete ich sogar vorne aufs 28er Blatt. Muskeln und Knie dankten es mir und gaben an diesem Tag nicht einen Mucks von sich. Aber dafür war ich auch im Rentnertempo unterwegs. Aber ich hatte ja Zeit.
Die Trasse begrüßte mich direkt standesgemäß mit einem passenden Objekt. Sicher das Beste was man mit dem Teil machen konnte. Locker machte ich mich auf den Weg. Es war bewölkt, aber mittlerweile trocken und ca. 20 Grad warm, aber ein wenig drückend. Das störte mich nicht.
Dafür gab es immer wieder schöne Aus- und Durchblicke. Die Bergische Landschaft hatte schon so einiges zu bieten. Labsal für die geschundene Radlerseele und den Körper. Immer wieder machte ich kleine Pausen und Fotostopps. Einfach mal eine Tour zum genießen hatte ich lange nicht gemacht. So durchquerte ich Wermelskirchen und fuhr weiter Richtung Burscheid.
Viel Wald und ab und zu der Blick auf die Hügel. Auf der Strecke wartete der ein oder andere kleine Tunnel.
Auch ich sah das Licht am Ende des Tunnels. Die Sonne quälte sich langsam durch die Wolken. Ich quälte mich mal nicht, sondern fuhr locker weiter.
In Burscheid dann der aufgehübschte kleine Bahnhof. Echt schön geworden und mit Gastronomie. An Wochenenden war hier bestimmt viel los.
Das konnte man vom Haltepunkt Pattscheid nicht gerade sagen. Hier wartete schon lange keiner mehr auf den nächsten Zug. Aber als schattiger Rastplatz für Radfahrer sicher auch geeignet. Ich fuhr jedenfalls planmäßig weiter.
Dann kamen die ersten Hinweise auf Leverkusen. Bald darauf war die Strecke zu Ende. Das es bald weiter geht wird schon ein paar Jahre versprochen. Gut Ding will Weile haben. Hoffentlich. Von hier war aber eine Radroute Richtung Rhein ausgeschildert. Nicht das ich diese Beschilderung bräuchte, so oft wie ich die Strecke schon gefahren war.
Der Weg führte mich zum Ludwig Rehbock Park und dann ein Stück an der Wupper entlang.
Hier fand man bei großer Hitze ein schattiges Plätzchen.
Aber mir hatten es mehr die Flussauen angetan. Mittlerweile hatten es sicher die Meisten begriffen das man den Flüssen auch Platz lassen musste. Ansonsten gab es halt zu Hause schnell nasse Füße.
Schön sind solche weitläufigen Flusslandschaften auch noch. Der Himmel drohte immer mal wieder mit Wolken, aber es blieb trocken und angenehm warm.
Dann war es nicht mehr weit zum Rhein. Ich erreichte den Neulandpark. Irgendwie hatte ich das Gefühl das die Gruppe Radfahrer am Eingang immer kleiner wurde. Wäre schade wenn sie ganz verschwände. Das ist Kunst mit der ich etwas anfangen kann.
Nur noch über diese Brücke und ich befand mich direkt am Rhein. Natürlich wehte hier immer ein entsprechender Wind.
Vater Rhein, wie oft hatte er mich in meiner Kindheit und Jugend getröstet wenn ich Kummer hatte. Da ich am Rhein aufwuchs, wenn auch ein Stück rheinabwärts, verband mich mit meinem Big River immer eine besonders intensive Beziehung. Da ich genau zwischen Rhein und Ruhr geboren wurde, symbolisieren beide Flüsse für mich den Quell des Lebens. Was wäre unser Land ohne diese Flüsse. Wir haben ihnen so viel zu verdanken, auch wenn wir sie so oft mit Füßen getreten haben. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde den Menschen bewusst was sie ihren Flüssen, ihrer Lebensgrundlage, antaten. Viel hat sich seit dem zum Glück geändert und das Leben kehrte in die Flüsse zurück.
Die Wacht am Rhein war früher wirklich gut gewählt. Von hier aus konnte man den Fluss kontrollieren, aber auch Schutz bieten. Heute ist dort eine moderne Restauration mit entsprechenden Preisen. Nichts für mich radelnde Eintagesrentnerin.
Ich fuhr ein wenig Rhein abwärts, bis ich zur alten Wuppermündung kam. Hier lag die restaurierte historische Schiffsbrücke. Da die Brücke ehrenamtlich betreut wurde, war sie leider nur an Wochenenden und Feiertagen offen. So kehrte ich um und nahm einen anderen Weg entlang der Wupper.
Der kleine Fluss konnte sich teilweise ganz schön wild gebärden. Auch die Wupper hatte eine entsprechende Leidensgeschichte hinter sich. Vom Menschen verseucht und teilweise eingezwängt, besann man sich auch hier langsam wieder auf alte Werte.
Dann nahm ich ein paar Gravelroads unter die breiten 32er
Reifen. Gravelroads ist auch so ein neudeutscher Begriff. Ich sag einfach mal Schotterwege. Das sagte doch alles. Das Koga beklagte sich jedenfalls nicht, als ich unbefestigt am Rande von Rheindorf entlang fuhr. Doch dann hatte der Asphalt uns wieder und ich machte mich auf den Rückweg zur Trasse. Da ich doch langsam Hunger bekam kehrte ich entgegen meinen sonstigen Gewohnheiten bei einer Fastfood-Kette auf dem Weg ein. Wenigstens hatten die Veggie-Burger und so konnte ich meinen Magen füllen. Die Pommes waren auch nicht schlecht, wenn auch nicht so gut wie in den Niederlanden.
Dann erreichte ich die Trasse. Wenn man von der anderen Seite kam, entdeckte man durchaus wieder einiges Neue was einem auf dem Hinweg verborgen blieb. Irgendwann erreichte ich eine Bank an der Trasse, die zufällig genau in der Sonne stand. Es war bereits Nachmittags, also die ideale Zeit für ein kleines Nickerchen. Und genau das machte ich dann auch. Wenn ich schon mal das Dasein als Rentnerin antestete, gehörte das dazu. Ausgeruht wachte ich nach 25 Minuten von alleine auf und fuhr weiter. Gegen 16:30 Uhr erreichte ich dann wieder Remscheid.
In Bergisch Born holte ich den Wagen ab und verlud das Rad. Dann ging es heim. Ein gemütlicher Tag ging zu Ende.
Die Tour tat mir richtig gut. Einfach mal wieder die Seele baumeln lassen, keinen Stress, keine Zielzeit. Einfach nur gemütlich fahren und Landschaft gucken und dabei den Gedanken nachhängen. Das lange Wochenende nahm dadurch noch ein versöhnliches Ende.
Hier der Vollständigkeit halber noch die Daten: Ich fuhr 68 km mit einem Schnitt von etwas über 18 km/h und ca. 450 Höhenmeter.
Mir tat auf der ganzen Tour absolut nichts weh. Wäre ich schneller und mit mehr Kraft gefahren hätte das wahrscheinlich anders ausgesehen.
Werde also bei meinen nächsten Unternehmungen mal mehr das Tempo raus nehmen und einfach etwas gemütlicher fahren. Und wenn ich bei dem 300er Brevet erst kurz vor Zielschluss ankomme, ist das doch auch egal. Ich mache mir selber viel zu viel Druck.