Heute bin ich bei schönstem Wetter losgefahren, nach 10 Kilometern kam eine schnelle Abfahrt und vor der gesperrten Ortsdurchfahrt bin ich, mit ordentlich Schwung, mit kräftigen Wiegetritt rechts weg in die Steigung gefahren.
Als der rechte Kurbelarm zum ersten mal nach unten wanderte, ertönte vom Hinterrad ein "Pfongg" und sofort ein "Doppelpfongg" und ich wußte, dass es jetzt kritisch war. Danach noch ein "schtt ... schtt ... schtt ..."
Ich dachte noch: "Mist, hab keine Ersatzspeichen dabei" und hielt an. Die Speichen waren alle ganz, aber zwei Speichenköpfe hingen lose im Hinterrad rum und zwei weitere hatten sich in einem Nabenstück zur freien Allianz versammelt.
Nach Öffnen der Bremse schleifte der Mantel immer noch an den Kettenstreben, aber das Rad drehte sich noch. Ein uralter Instinkt sagte mir: " Du musst hier schnell weg, raus aus dem Tal, bevor es Nacht wird." Die restlichen 32 Speichen hielten noch. Die Umgebung der beiden Speichenlöcher an der Risskante - der Freilaufkörper lag übrigens nun frei - hatten die topografische Anmut eines Gletschers, der kurz vor dem Kalben steht: kann jeden Moment passieren. Dann wären es rechts nur noch 12 Speichen!
Ich wagte das Aufsitzen und einen ersten Tritt!
Danach hatte ich noch immer den gleichen Abstand zur Erdoberfläche, das Hinterrad hielt!
Mit 26 / 30 trat ich, frei von Lastspitzen, die Abfahrt hoch, die ich zuvor mit 60 km/h hinuntergedonnert bin.
"Bloß keinen Eisberg," dachte ich "locker bleiben, sitzen bleiben, niiiiicht hinten
bremsen, gaaaanz locker! Ein Wiegetritt ist das Ende, dann läufst Du! 13 Kilometer, aber wenigstens mit MTB-Schuhen, haste gut geplant, immerhin könntest Du nach Hause laufen"
Der Anstieg war geschafft. Ich hielt in den Weinbergen und stärkte mich mit Kaffee und Hefezopf. "Könnte ja noch dauern". Ich beschloss, mit Bordwerkzeug das Schleifen zu reduzieren. Das ging ganz gut. Währenddessen wurde am Weinberg gegenüber die Drahtanlage abmontiert.
Wird halt Herbst, da haben einige Drahtgebilde ihren Job erledigt.
Die Fahrt ging weiter. Das Hinterrad lief frei. Mit geringer Geschwindigkeit rollte ich das leichte Gefälle hinab und fühlte mich völlig entspannt. 16.7 zeigte der Tacho und ich dachte: "Ab jetzt fahre ich nur noch 16er Schnitte."
Ich genoss die Weitsicht bei herrlichem Wetter, ein schönes Ende des Sommers, ein bisschen angeschlagen aber völlig relaxt.
Bin gut angekommen. Ich wechselte auf das grüne Kona und holte mir bei den Zehnkämpfern in Wallau ein neues Hinterrad. Nix tolles, aber immerhin auf Lager. Und 68 Kilometer waren es heute auch.
Morgen soll es nochmal schön werden ... und für nen 16er Schnitt reichts.
