AW: Verkehrspolitik München
Ok, den Aspekt mit der Presse habe ich vernachlässigt, da er mir eigentlich auch nicht unbedingt als das wichtigste Problem erscheint. Ich ärgere mich auch über die Formulierungen, da werden Radfahrer durch grobe Missachtungen elementarer Verkehrsregeln totgefahren und dann auf den fehlenden
Helm verwiesen.
Aber ich glaube nicht, dass da ein höherer Plan dahinter steht. Vielmehr sind eben auch Polizisten in erster Linie Autofahrer und formulieren aus dieser Sicht, und vermutlich steht hinter vielen dieser Dinge der gut gemeinte (bekanntlich das Gegenteil von "gut") Wille, die Radfahrer als schwächere Verkehrsteilnehmer durch besonders dramatische Rhetorik für die Gefahren zu sensibilisieren. Natürlich wäre es wesentlich richtiger die echten Hauptursache für schwere Radunfälle anzugehen, und die liegen nunmal beim Kfz-Verkehr und beim Verkehrskonzept. Insofern finde ich es natürlich super, wenn es euch gelingt, diese Tatsache auch bei der Polizei bekannt zu machen. Neulich habe ich zufällig bei "Achtung Kontrolle" auf Kabel1 gesehen, wie ein Autofahrer beim Rechtsabbiegen zwei Fahrradpolizisten die Vorfahrt genommen hat. Das waren mehrere hundert Euro Bußgeld und 3 oder 4 Punkte. Nur dass das vermutlich der Einzige in Leipzig oder wo das war in dem Jahr war, der dafür belangt wurde. An der Stelle könnte man also schon einiges erreichen. Dass es hier große Defizite gibt, mag mit dem fahrradfeindlichen Denken bei der Polizei zu tun haben.
Allerdings ist es doch umgekehrt auch nicht so, dass die "Radl-Rambo"-Rhetorik zu einem echten Vorgehen gehen Radl-Rambos geführt hätte. Denn die gibt es ja tatsächlich, und nicht zu knapp. Als Fußgänger ist es auf manchen Wegen wirklich eine Pest, wenn im Zentimeterabstand Radfahrer vorbeischießen (Dass die Radwegpolitik daran Schuld ist, dass überhaupt soviele Radfahrer auf dem Gehweg fahren ist klar). Sind in der Regel auch keine Rennradfahrer sondern nette Muttis mit Blümchen im Korb. Diese Radfahrer tragen mE mehr zum negativen Image aller Fahrradfahrer bei, als es irgendwelche Polizei-Pressemitteilungen könnten. Ob das nun eine verschwindend geringe Minderheit ist, kann ich nicht mal sagen, spielt aber dafür auch keine Rolle.
Insofern denke ich wäre es vor allem wichtig, die Polizei für die tagtäglichen Gefahren und Probleme der Radfahrer zu sensibilisieren. Ich glaube, da fehlt schlicht und einfach das Verständnis und die Kenntnis. Diese Zahlenspielerei mit dem Schuldanteil der Radfahrer bei Unfällen, wie Ihr sie beschreibt, hat sich irgendwann mal jemand einfallen lassen, um irgendwas zu begründen. Dann wird die halt immer wieder vorgeholt, ohne sie zu reflektieren. Da würde ich nicht zuviel bösen Willen reininterpretieren. So läuft das eben in der Politik... Da ist es doch prima, wenn nun die Möglichkeit besteht dieses Zerrbild an prominenter Stelle etwas geradezurücken.
Was ich weiterhin für eine sinnvolle Sache halten würde, sind Fahrradstreifen. Klar, durch mehr Polizeipräsenz auf Radwegen bekommen im Zweifelsfall auch wir Rennradfahrer wegen irgendwelcher idiotischen StVZO-Regeln und illegalen Radwegen Probleme. Aber wenn es einige Beamte gibt, die den ganzen Tag in der Stadt radfahren, ist das fürs gegenseitige Verständnis sicher vorteilhaft. Außerdem könnten solche Beamte ja möglicherweise auch eher etwas gegen gefährliche Radwegstellen bei der Stadt veranlassen.
Ich bin aber weiter der Auffassung, dass das Hauptproblem bei der Verkehrsplanung liegt. Die ist doch die eigentliche Ursache hinter Rechtsabbiegeunfällen, "Radl-Rambos" die auch auf den wenigen Gehwegen radfahren, auf die sie nicht per Schild gezwungen werden; nahezu alle gefährlichen Situationen in der Stadt resultieren aus der idiotischen Radwegführung.