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Bremsen und ihre Hebel: Übersetzungsverhältnisse

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Re: Bremsen und ihre Hebel: Übersetzungsverhältnisse
kannste noch mal das funktionsprinzip der powerhanger erläutern?

Die Powerhanger waren ursprünglich gedacht, um Cantis an den ersten Federgabeln montieren zu können, was ja sonst wegen des freien Innenzugs nicht geht, wenn die Gabel keinen Anschlag für die Zughülle hat. Ein theoretischer Vorteil ist, dass bei einem Zugriss kein Querzug auf den Reifen fällt, sich im Profil verhakt und das Rad blockieren lässt. Ein echter Vorteil ist die reduzierte, freilaufende Innenzuglänge an der vorderen Bremse, was Gabelstottern im besten Fall völlig verschwinden lässt. Heute dienen Powerhanger in erster Linie als Möglichkeit, mit einem Trailerbike für Kinder unterwegs zu sein und trotzdem olle Cantis nutzen zu können.
Dummerweise funktionieren die Dinger nur, wenn ihr Befestigungsloch an einer Stelle ist, die exakt zum richtigen Zugwinkel an den Bremsarmen passt. Es gab von Suntour Versionen mit unterschiedlichen langen Armen, die noch eine zusätzliche Übersetzung rein bringen sollten, aber noch schwieriger einzustellen waren, als die heutige Ausführung mit gleich langen Armen. Der zweite, vom Umlenkhebel bediente Bremsarm ist in Kraft und Weg etwas benachteiligt, während der direkt gezogene Arm etwas direkter zur Sache geht. Man muss also die Rückstellfedern sehr unterschiedlich einstellen und hat vielleicht etwas unterschiedlichen Belagverschleiß.
Ich habe sie verwendet, weil ich ggf. auf Mini-Vs umrüsten und dann keine nutzlosen Zuggegenhalter am Rahmen haben wollte - und wegen der Gabelstotter-Problematik. Außerdem fand ich de Optik irgendwie drollig und passend zum Projekt.
 
So, die ersten Messungen kompletter Systeme!
Bei 30 mm Bremshebelweg an 80 mm Bremshebellänge wurde der Weg beider Bremsbeläge aufeinander zu gemessen (bei ausgebauten Rädern) und es ergibt sich grob gesagt folgendes:

Brauchbare Bremse:
30 mm Bremshebelweg = 6 - 7 mm Belagweg
(Zusatzbremshebel an Dura Ace 7700)

Gute bis sehr gute Bremse:
30 mm Bremshebelweg = 5 - 6 mm Belagweg
(sämtliche Dual Pivots an STI)

Sehr gute, aber bereits schwammige Bremse:
30 mm Bremshebelweg = unter ca. 4 mm Belagweg (geschätzt)
(Canti an Tektro-Flatbar-Hebel: 4,8 mm)

Die Messungen sind aber fummelig und ziemlich ungenau; ich würde da doch eher bei den an feststehenden Teilen gemessenen und berechneten Hebelwegen bleiben.
Leider sagen solche Messwerte und auch die Hebelverhältnisse nichts über die Verwindungsanfälligkeit einer Bremse aus. Die Mafac mit Campa-Hebeln liegt mit 5 mm Belagweg sogar unter einigen Dual Pivots an STI, kann das aber einfach nicht umsetzen.
 
Ja, das hat mich auch überrascht!
Allerdings liegt die Gesamtübersetzung von Hebel und Bremse bei allen, die ich gemessen habe, rechnerisch irgendwo zwischen 1 : 4,9 und 1 : 10,3.
Das passt schon zu den tatsächlich gemessenen Belagwegen zwischen ca. 6,5 und 4 mm, wobei meine "beste" tatsächlich montierte Kombination mit den Mafacs deutlich von der Rechnung abweicht, vermutlich beim etwas zu langen Querzug.

Man könnte also auch sagen (Gesamtübersetzungsverhältnis des Systems):
ab ca. 1 : 4 - 5 = noch okay bis gut
ab ca. 1 : 6 - 7 = sehr gut
ab ca. 1 : 10 - 13 = hervorragend, aber ggf. schon schwammig

Und könnte aus meinen Beständen folgende Extremkombinationen bauen:
1 : 3,2 = noch ausreichend bei hoher Handkraft (Zusatzbremshebel an ungünstig eingestellter Monoplaner, z.B. für Fixie-Piloten)
1 : 17,4 = kaum noch sinnvoll einstellbar (Aero-Hebel an komplett ausgereizten Mini-Vs); 30 mm Hebelweg machen nur noch 1,7 mm Belagweg.

Aus den von mir angenommenen 7 kg Handkraft werden bei den Extrembeispielen theoretisch (!) zwischen 22,4 und 122 kg Anpressdruck an der Felge, was eine Menge aussagt. Der höhere Wert wird aber wegen deutlicher Verwindung aller Teile inkl. Rahmen niemals erreicht werden.

Nach meiner Einschätzung (!) ergeben ca. 40 - 50 Kilo Anpressdruck sehr gute Bremswirkung.
Der Fixie-Fahrer müsste an den Zweifinger-Hebeln seiner Monoplaner demnach mit etwa 14 Kilo, also der doppelten Handkraft, ziehen, um das zu erreichen.
Das sollte ein Erwachsener noch hinbekommen, aber es ist nicht mehr angenehm. Wenn er dann nur eine Bremse montiert hat, wird es lustig.
 
Eine richtig gute Idee, diese "Hebel-passen/passen nicht-zur-Bremse"-These endgültig mal zu klären. Deine Berechnungen und Vergleiche dazu machen das ganze Thema für mich auch erst richtig anschaulich und interessant. Dass da so wenig Belagweg so viel ausmacht zum Beispiel. Und dass es so eine krasse Differenz zwischen den resultierenden Bremskäften gibt. Ich hätte es auch vorher geglaubt, aber nie richtig verstanden. Schön, dass sich da mal jemand so intensiv mit auseinander setzt. :daumen:
 
Wie sieht das denn bei Monoplanern und Ergos aus? Das ist gerade aktuell bei mir und wäre mal interessant bevor ich mich an den Selbstversuch mache.
 
Wie sieht das denn bei Monoplanern und Ergos aus? Das ist gerade aktuell bei mir und wäre mal interessant bevor ich mich an den Selbstversuch mache.
Gute doofe Frage Knobi: Wie genau berechnet sich denn nun die Gesamtübersetzung? Vielleicht kannst du ein Rechenbeispiel für Idioten mal aufdröseln, wenn ich es nicht schon überlesen habe... :p
 
also der weg, den ein belag zurücklegt, oder die verringerung des abstandes beider beläge wenn man 30mm am bremshebel zieht?
 
derMicha, Monoplaner mit Ergos sollten einen Hauch besser funktionieren, als mit den originalen Hebeln und Wäscheleinen.
Monoplaner mit Originalhebeln: 1 : 3,9 - 5,5; an normalen Rahmen also ca. 1 : 4,7
Mit Ergos: 1 : 4,3 - 5,6, also normalerweise ca. 1 : 5
Ich werde demnächst ein paar Ergos "umbohren", um da noch ein wenig rauszukitzeln, weil ich das auch genau so zusammenbauen will. Wird natürlich dokumentiert!
Wichtig wäre noch, welche Federn Deine Bremsen haben. Die Chorus Monoplaner gab es mit Federn aus Runddraht und irrsinig hoher Rückstellkraft, aber später auch mit sehr weichen Federn aus Flachdraht mit rechteckigem Querschnitt. Die Kraft der alten Runddrahtfedern braucht man niemals und ich habe sie einfach so weit verbogen, dass sie nur noch normale Rückstellkräfte aufbauen, entsprechen älteren Shimano-Bremsen.

LeifMichelsen, dafür multiplizierst Du ganz einfach das Übersetzungsverhältnis von Hebel und Bremse, weil ja beide jeweils die Kraft vergrößern und den Weg verringern.
Also z.B. Hebel 1 : 4,5 und Bremse 1 : 1,5; Gesamtübersetzung ist 4,5 * 1,5 = 6,75.
Aus unseren 30 mm Hebelweg sollten also 30 / 6,75 = 4,44 mm Belagweg werden und aus 7 Kilo Handkraft 7 * 6,75 = 47,25 kg Anpressdruck der Beläge, sofern sich nicht allzu viel verwindet.
 
also der weg, den ein belag zurücklegt, oder die verringerung des abstandes beider beläge wenn man 30mm am bremshebel zieht?
Die Verringerung des Abstandes beider Beläge.
Erschien mir erstmal sinnvoller, wegen der Genauigkeit. Ich hatte eigentlich vor, aufs Zehntel genau zu messen, aber das klappt natürlich nicht.

Bei Hydraulikbremsen kommt natürlich die hydraulische Übersetzung ins Spiel, die sich aus dem Verhältnis der Kolbenflächen zueinander ergibt.
 
Hallo, ich finde diesen Faden auch toll - auch wenn ich nicht alles verstehe, habe ich doch großes Interesse daran.

Mein aktueller Hintergrund: Ich habe da ein Paar Deltas, die nicht nur fummelig zum Anpassen sind, sondern meiner Erfahrung nach auch sehr, sehr bescheiden bremsen. Im Obergriff m.E. richtig gefährlich.
Andere sagen mir aber, dass sie ausreichend gut bremsen und sie Alpenabfahrten damit gemacht haben.

Haben die andere Bremshebel(verhältnisse) als ich? Ich habe es mit den Ergos probiert und mit den dazugehörigen (einfachen) Record Bremshebeln. An der Reibpaarung Gummi - Felge liegt es m.E. nicht. Und der Tipp, sie "weit" einzustellen, hat bei mir auch nicht gefunzt. Es gab doch gut funktionierende Mittelzugbremsen - oder irre ich da?

Sorry, wenn ich solche praktischen Fragen stelle und nichts zur Förderung der dahinter liegenden Fragestellungen beitragen kann.
 
Gerade mal geschaut, unsere Messergebnisse passen demnach ganz gut: http://www.smolik-velotech.de/glossar/h_HEBELVERHAELTNIS.htm
;)

radjog62, es gab verschiedene Sorten Deltas mit unterschiedlichen Hebelwerken im Inneren. Leider habe ich nie welche besessen, kann also auch nicht messen und rechnen. Ich habe aber auch hier festgestellt, dass es Fahrer gibt, die ihren Deltas eine sehr gute Bremswirkung zuschreiben, weil sie ihnen halt so gut gefallen und sie kaum Vergleiche gemacht haben, während einige andere offenbar wirklich brauchbare Einstellungen dafür gefunden haben.
Die Unterschiede am Hebelwerk:
http://cyclitis.files.wordpress.com/2012/09/1209-00-campa-delta-2.jpg
http://www.cadre.org/bike_stuff/Campagnolo/Brakes/Calipers/Croce d'Aune/Delta/IMG_0583.JPG
http://farm3.staticflickr.com/2757/4460276602_e65aeee9a8_o.jpg

Auf den ersten Blick geschätzt, dürfte das Übersetzungsverhältnis einer Delta kaum deutlich über 1 : 1 liegen. Das ist ganz einfach schlecht und daran ändert sich auch nicht viel.
 
also der weg, den ein belag zurücklegt, oder die verringerung des abstandes beider beläge wenn man 30mm am bremshebel zieht?
Die Verringerung des Abstandes beider Beläge.
Erschien mir erstmal sinnvoller, wegen der Genauigkeit. Ich hatte eigentlich vor, aufs Zehntel genau zu messen, aber das klappt natürlich nicht.
...

Das ist das EINZIG sinnvolle.
Bei Dual-Pivot bewegt sich der rechte und der linke Arm unterschiedlich stark. Dadurch wird beim Bremsen die Felge im Bereich von mm-Bruchteilen seitlich verzogen (bei der VR Bremse nach links, bei der HR- Bremse nach rechts) - das macht aber nix, man merkt es nicht einmal.
Der ganze theoretische Ansatz bei Dual Pivot - der ist weit hergeholt.
Wie viel Kraft von den einen Arm auf den anderen Arm am Synchronisationspunkt übertragen wird - das ist kaum mathematisch darstellbar.
Die Dual Pivot funktioniert deshalb, weil sich ein Kräftegleichgewicht zwischen dem rechten und linken Arm einstellt - und das OBWOHL sie unterschiedliche (Hebel-)Wege gehen.
 
Das stand leider nicht dabei, ich vermute aber Dura Ace. Bei Suntour hatten die Ritzel unterschiedliche Abstände, bei Shimano die Schaltschritte, also bewegt ein Shimano-Schalthebel ein Suntour-Schaltwerk der letzten Generation passend zur Shimano-Kassette.
Sprint 9000 mit ST7400 habe ich eine Weile problemlos gefahren.

Dan müsste also ein Cyclone 7000-er Schaltwerk auch so fahrbar sein. Sehr interesant weil dieses Schaltwerk etwas länger ist als die normale kurze Schaltwerke.
 
So:

Edith: Ich hab's noch mal geknipst:rolleyes:


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Aus Tour Sonderheft Nr. V von vor ungefähr genau 20 Jahren.:)
 
101.20: Seite 105, Testerkenntnisse, Punkt 10: "Eine Kugellagerung zwischen den Bremsarmen steigert die Wirksamkeit einer Bremse um rund 5%."
Welche Bremse kann man denn Kugelgelagert bekommen? Habe ich bisher gepennt oder wie ist das gemeint?
Edit: Grad gelesen: Die Dura Ace Dual Pivot hat Kugellager. Krass. Wusste ich nicht.
Edit 2: ...und viele andere... Gerade mal nen Blick auf die Tabelle geworfen... :rolleyes:
 
Kugellager klingt so hochtrabend.
Ich kenn das nur von Shimano-Bremsen. Da ist das eine schwarze Plastikscheibe mit kleinen Löchern.
In diesen Löchern wiederum stecken kleine Kügelchen, deren Durchmesser (geschätzt ein knapper mm) geringfügig größer ist als der der Plastikscheibe.
Diese Plasikscheibe liegt nun auf dem Befestigungsbolzen zwischen den beiden Bremsarmen (mit Beilagscheibe). Et Voila ... Kugellager
 
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