Mir fällt es auch schwer deiner Argumententation zu folgen, zumal die Argumente nicht sachlich begründet werden, sondern allein aus deiner Überzeugung heraus als unumstößliche Tatsachen hingestellt werden.
Entschuldige bitte! Diesen Eindruck wollte ich auf keinen Fall erzeugen! Ich bin kein Dogmatiker und nicht hier, um andere zu missionieren. Ich will durch Diskussion mein Wissen entweder verfeinern/verbessern, oder, wenn es widerlegt wird, meine Ansichten verwerfen und andere übernehmen.
Ich bin auch niemandem so dankbar wie dem, der mich von falschen Überzeugungen befreit. Ich habe schon so manchen Forenuser in mein Herz geschlossen, mit dem ich mich (dem Eindruck Außenstehender nach) argumentativ in die Haare gekriegt habe. Also,
@ukrain_devil und
@Sparkassendirektor, wenn ihr euch die Zeit nehmen und konkrete Punkte meiner Beiträge widerlegen würdet, wäre ich euch dankbar!
Davon abgesehen ist es unfair, mir unsachliche Argumentationsweise vorzuwerfen. Meine Ausführungen sind theoretisch untermauert, und wer die Fachbegriffe der technischen Mechanik (wie z.B. Materialermüdung, etc.) einordnen kann, der kann auch die prozedurale Logik meiner Beiträger zumindest nachvollziehen, ohne notwendigerweise zustimmen zu müssen. Ich war auch der einzige, der beispielsweise konkrete Zahlen zur Steifigkeit und Festigkeit von Carbon und Metallen gepostet hat. Solche Sachen werden irgendwie ignoriert und mit dem Standardprogramm der Carbonapologie weitergemacht. Das soll jetzt nicht wütend klingen, aber es ist enttäuschend, wenn man sich um sachliche und angemessene Kritik bemüht, und zurück kommt nur unkonkreter Widerspruch ohne Bezug zum eigentlichen Argument.
Es gibt in diesem Land zwingende rechtliche Regeln - insbesondere die Produkthaftung oder die Gewährleistung betreffend. Du kannst davon ausgehen, daß hierzulande kein Hersteller das Risiko eingehen kann,
auf irgendeine Weise in Regreß genommen zu werden. Dementsprechend gibt es sehr umfangreiche
Prüf- und Zertifizierungsverfahren.
Gewährleistung, Garantie und Produkthaftung beziehen sich nur auf Fehler, die der Hersteller selber nachweislich eingebaut hat, nicht auf Abnutzung, zu der Materialermüdung auch zählt. Außerdem liegt die Beweispflicht ab dem 7. Monat nach Kauf beim Kunden, was schon eine erhebliche Hürde darstellt.
Es gibt davon abgesehen viele ernstzunehmende Rahmenbauer, wie z.B. Ernesto Colnago, die die europäischen Prüfnormen für ungenügend halten und ihre Rahmen absichtlich fester und schwerer bauen, als sie eigentlich sein müssten.
Und dass Hersteller sich das Risiko nicht leisten können, wissentlich anfällige/fehlerhafte/schädliche Produkte zu verkaufen, ist ein häufiges Argument, das aber durch etliche Beispiele widerlegt wurde. Der Pharmakonzern Merck z.B. musste mehrere Milliarden (!) zahlen, weil sie jahrelang wissentlich (!) das Schmerzmittel Vioxx verkauft haben, dass Herzinfarkte und Schlaganfälle verursachte (über 100.000 Opfer!) und weil sie Forscher, die über die Risiken veröffentlicht haben, mundtot machen wollten. Wie gesagt, die wussten nachweislich ganz genau, was sie da machten, und auch, dass es sich finanziell trotz der horrenden Strafe lohnt. Ähnliche Beispiele aus anderen Industrien gibt es in üppiger Anzahl.
Da ich in der Branche arbeite, durfte ich schon dem einen
oder anderen Hersteller zusehen...Du würdest Dich wundern über den Aufwand, der inzwischen bei der
Qualitätssicherung betrieben wird.
Wäre cool, wenn du deine Erfahrungen dazu posten könntest! Wäre weiterhin cool, wenn du auf Einzelheiten der Prüfnormen eingehen könntest. Was muss ein Rennrad in einer solchen Prüfung wirklich aushalten? Das eigentliche Dokument der Prüfnorm für Rennräder hat angeblich fast 100 Seiten und umfasst alles von der Statik des Rahmens bis zur Leistung der
Bremsen. Ich interessiere mich für den Rahmen.
Die von Dir bemängelten "Warnungen bezüglich der Sicherheit und Haltbarkeit" gibt es sehr wohl:
Einfach mal die Produktbeschreibungen und Bedienungsanleitungen lesen.
Oops, hast Recht. Bei Specialized steht z.B.:
"Material use is optimized to deliver both light weight and specific performance. You must understand that (1) these types of bikes are intended to give an aggressive racer or competitive cyclist a performance advantage over a relatively short product life, (2) a less aggressive rider will enjoy longer frame life, (3) you are choosing light weight (shorter frame life) over more frame weight and a longer frame life, (4) you are choosing light weight over more dent resistant or rugged frames that weigh more. All frames that are very light need frequent inspection. These frames are likely to be damaged or broken in a crash. They are not designed to take abuse or be a rugged workhorse."
Wobei, dieser Warnhinweis findet sich irgendwo im Handbuch, quasi im Kleingedruckten. Damit kommt der Kunde erst nach dem Kauf in Kontakt. Auf der Website von Specialized in der Beschreibung des Tarmacs steht das nicht, da steht nur
"Tarmac is YOUR complete race bike [...] most advanced carbon construction method [...] incredible stiffness to weight ratio [...] new levels of stiffness and ride quality [...]".
Alterung durch submaximale Belastungen (?) - hört sich nach weichgetretenen Rahmen an
.
Mit submaximalen Belastungen meine ich zyklisch wiederkehrende, elastische Verformungen (=Belastungen) des Materials, die typischerweise sehr gering und weit unterhalb der Festigkeitsgrenze sind - z.B. Belastung/Verformungen durch treten in die Kurbel oder minimaleste Vibrationen durch Fahrbahnunebenheiten, also Sachen, die in der Lebensdauer eines Rennrads milliardenfach stattfinden. Diese Belastungen führen zu Materialermüdung, siehe z.B. die Definition der Materialermüdung bei Wikipedia:
"Die Materialermüdung beschreibt einen langsam voranschreitenden Schädigungsprozess in einem Werkstoff unter Umgebungseinflüssen wie wechselnder mechanischer Belastung, wechselnder Temperatur, UV-Strahlung, ionisierender Strahlung, eventuell unter zusätzlicher Einwirkung eines korrosiven Mediums.
Materialermüdung bedeutet, dass auch eine statisch unkritische Belastung (noch im elastischen Bereich, also noch unterhalb der Streckgrenze des Werkstoffs) zu einer Funktionsuntüchtigkeit (Ermüdungsrissbildung) oder auch zum Totalausfall (Ermüdungsbruch) eines Bauteils führen kann, wenn sie oft genug auf das Bauteil einwirkt.
Zyklisch belastete Teile haben daher prinzipiell eine begrenzte Lebensdauer."
Dazu gehören aber nicht die Sonderereignisse, also Schlaglöcher, Hindernisüberfahrten, Stürze und Umfaller, etc.
Wie tief muss ein Schlagloch, wie hoch muss ein Hindernis sein, um noch als Sonderereignis zu gelten? Unebenheiten von etwa 1-2cm Höhenunterschied überfahre ich ständig, geht ja auch nicht anders. Wenn ich gleichzeitig vorne bremse, hat eine Unebenheit von 1cm sehr große Kontaktkräfte in der Gabel zur Folge...
Ich widerspreche dir hier nicht, aber es stört mich, dass man inzwischen Rennräder wie rohe Eier behandeln muss. Umfaller und "harmlose" Stürze gehören zum Rennrad halt dazu. Das Material hat das auszuhalten, sonst ist es kein Sportgerät, sondern ein Ausstellungsstück.
Es ist darüber hinaus falsch anzunehmen, daß die Bruchwahrscheinlichkeit mit zunehmendem Materialgewicht sinke.
Aus Sicht der Werkstoffkunde ist es richtig, das anzunehmen. Die strukturelle Masse bestimmt die Funktionskapazität und die zu erwartende Lebensdauer. Die Funktion eines Rahmens ist in diesem Fall die Statik, also dem Widerstand gegenüber Verformung durch äußere Belastungen.
Leichtere Rahmen erreicht man, indem man einfach weniger Material verwendet, also weniger Carbonfasern, dafür welche mit höherer Steifigkeit. Der resultierende Rahmen hat eine höhere STW (stiffness to weight ratio) und damit insgesamt dieselbe Steifigkeit wie ein schwererer Rahmen.
Fasern mit höherer Steifigkeit haben aber eine geringere Festigkeit. Das ist leider eine Tatsache. Sie sind steifer, reißen aber schneller. Man hat also nicht nur weniger Fasern, auf die sich eine konstante Belastung aufteilt, sondern diese sind auch noch anfälliger. Die Wahrscheinlichkeit für Materialversagen müsste exponentiell zur Gewichtsersparnis steigen (Vorsicht, Hypothese, keine Tatsachenbehauptung). Auch die Toleranz für Verarbeitungsfehler müsste bei sinkendem Materialeinsatz sinken. Die Gewichtsersparnis ist also nicht gratis, man erkauft sie für den Preis einer reduzierten Lebensdauer. Genau wie Specialized es im oben zitierten Beipackzettel schreibt.
Aus Sicht der Sicherheit und Haltbarkeit ist der Einsatz weniger, dafür steiferer Fasern, ein schlimmer Trugschluss.