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Montevideo
Hallo Rennradler/innen,
an dieser Stelle poste ich mal meinen Bericht zum diesjährigen Deichstadt-Cup Rennen in Neuwied (Hobbyrennen Erwachsene). Schaut halt mal rein
Liebe Grüße aus dem (leider) wolkig-regnerischen Bendorf
Montevideo
Meine Eindrücke und Erlebnisse vom
„Großen Deichstadt-Cup der Sparkasse“ in Neuwied am 30.07.2006
Geplänkel:
Als ich mit dem Rad in Bendorf startete um gemütlich und locker zum Rennstart des Hobbyrennens (18 Runden; 30,6 km; Rundrennen) die Beine aufzuwärmen, dachte ich mir, was das doch schon wieder stürmisch draußen ist. Immerhin gab es Sonne satt mit wohl über 30 Grad, trockene Straßen und wenn man die Sturmböen im Rücken hat, kann man locker mit über 32 Sachen fahren… Kam dann gut in Neuwied an und es galt nur noch, zur Startunterlagenausgabe zu rollen wozu ich schon mal einen Teil der Rennstrecke mitten in der City passierte. Als ich dann zu der Unterlagenausgabe wollte, stellte ich fest, dass überall feste Absperrgitter waren und die Streckencrew mich auch nicht durch die Schlupflöcher ließ weil gerade einige Rennfahrer aus dem laufenden Rennen angeflogen kamen. Ich stellte mich also ganz rechts an den Rand und wartete auf Durchlass. An der Unterlagenausgabe schaute ich mir dann die Aufstellung der gemeldeten Starter an. Es waren ca. 62 Starter vorangemeldet. Das waren sehr viele Meldungen gemessen an den Vorjahren! Dann sprach mich ein Fahrer an. Es war Jürgen P., ehemaliger Amateur-Rennfahrer und Arnos Bruder, für dessen Trainingsgruppe und Radgeschäft ich als Solist an den Start ging. Nach 2 Jahren gemeinsamem Training wollte ich mich nun dafür erkenntlich zeigen, was mir Arno über Radrennsport beibrachte. Wir befestigten uns dann gegenseitig unsere Rückennummern und passten gut auf, uns nicht mit den Sicherheitsnadeln in den Hintern zu pieksen. Auch Jürgen meinte, es sei sehr, sehr stürmisch. Zudem meinte er noch, dass er ja erst 700 Trainingskilometer habe und dass er „nur mal so mitrollen würde“. Falls das Rennen zu schnell werden sollte, würde er irgendwo in einer Kurve raus fahren und das Rennen abbrechen. Für mich kam das nicht in Frage; wenn ich mich an den Start stelle mit meiner Rückennummer finishe ich normalerweise auch. Das war bisher noch immer so, selbst beim diesjährigen „Rund um Köln“, wo mich ein anderer Rennfahrer bei ca. 45 km/h im Flachen böse und unglücklich abschoss. Natürlich versuche auch ich jedes Mal, nicht die Rote Laterne zu sein… Es ging dann noch kurz auf die Toilette wobei der jeweils andere auf die Räder aufpasste und anschließend wünschten wir uns noch viel Glück. Jürgen meinte sogar noch, dass 80 (!) Starter da seien. Wir witzelten dann noch über das leidige Thema „Doping“ als er mit einem Glas Mineralwasser ankam und es in seinen Bidon füllte. Ich fragte ihn, was er da habe, er meinte, „Wasser“ und ich fragte, ob er sich sicher sei. Es könnte ja auch versetzt sein und seine Leistung steigern. Wir lachten dann beide. Ich selbst war guter Dinge, hatte ja bereits 2 Rennen in dieser Saison sowie 4600 km in den Beinen. Dies heute sollte mein siebtes Straßenrennen werden.
Dann lockerte ich meine Beine nochmals auf indem ich die Strecke einmal komplett abfuhr und dann noch auf Seitenstraßen herumrollte. Dann applaudierte ich noch den Kindern, die ihr Rennen vor uns Hobby-Startern fuhren. Und dann ging es los… Und alles unheimlich schnell. Als ich in die Startaufstellung wollte, standen da bereits allerhand Rennfahrer und einige wenige Fahrerinnen. Doch es gelang mir noch einigermaßen, einen passablen Startplatz zu ergattern irgendwo im Mittelfeld. Jürgen stand ein paar Meter schräg versetzt vor mir. Dann wurden wir von den Rennausrichtern (Veloclub Neuwied) begrüßt und die Zeit wurde abgezählt. Die Sonne knallte und allseits herrschte große Anspannung und Konzentration.
Start:
Einige Meter nach der Start-/Ziellinie kam eine 90-Grad-Linkskurve durch die das komplette Feld irgendwie kompakt durchpassen musste. Das war wirklich ein Abenteuer. Aufpassen, dass man nirgendwo touchierte und touchiert wurde. Das Rennen hatte ja gerade gestartet und sollte nicht bereits durch eine Unachtsamkeit beendet sein… Doch wir kamen irgendwie alle ohne irgendein Vorkommnis durch. Respekt, Respekt! Und dann flog das Feld auseinander!!!
Rennverlauf:
Es wurde direkt losgebolzt ohne Ende, von vorne fielen Rennfahrer zurück, von hinten schlossen welche auf, Mountainbikes, Rennräder, Frauen, Männer, alles bunt gemischt und vom Rennfieber gepackt. Ich bildete zunächst mit einem etwas größeren, athletisch gebauten Fahrer ein Duo. Er trug das Grüne Trikot und eine schwarze T-Mobile-Rennhose. Ich selbst trug meinen schwarz-blauen Rennanzug weil ich als Bergspezialist im Flachen ja auch nicht so viel zu lachen habe. Die fehlende Masse und die nicht vorhandenen Steigungen muss ich dann durch gute Aerodynamik ausgleichen. Unser Duo harmonierte zwei, drei Runden ganz gut und dann sah ich einige Meter vor uns… eine komplette Gruppe! Ich ging also in die Führung und ran an die Gruppe. Leider musste mein Gefährte dabei abreißen lassen. Ich sah ihn das ganze Rennen über nicht mehr. Vielleicht hatte er aufgegeben?! In der Gruppe lief es sehr gut. Wir harmonierten gut und fuhren locker eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 38 km/h. Dies sollte dann auch das Stundenmittel sein, mit dem ich das komplette Rennen mit seinen 30,6 Kilometern absolvierte. In der Gruppe waren allesamt gute Rennfahrer, braun gebrannte Arme und Beine, selbstredend rasiert und einer der Kämpen hatte sogar einen Zeitfahr-Lenkeraufsatz an seinem Rad obwohl ja Lenkeraufsätze jedweder Art, Liegelenker und natürlich auch Scheibenräder bei Straßenrennen mit Massenstart nicht gestattet bzw. laut Reglement verboten sind. Wir flogen an zahlreichen anderen Rennfahrern vorbei, überholten auch Jürgen auf der Strecke und dann hatten wir eine kurze Schrecksekunde, als hinter einer Kurve wild mit einer gelben Flagge gewunken wurde. Sturz in der Spitzengruppe! Helfer zerrten Fahrräder von der Straße, Rennfahrer standen am Straßenrand. Ist typisch für so schnelle, nervöse Rennen mit so großem Starterfeld. Wenigstens ich sollte die ganze Veranstaltung über unversehrt bleiben. Wir flogen weiter und mussten jedes Mal aufs Neue beschleunigen nach den zahlreichen Kurven von denen es ja zwei 90-Grad-Kurven und zig andere gab. Zwischenzeitlich hatte ich immer mal wieder eine ganz trockene Kehle doch glücklicher Weise hatte ich 2 Bidons mit Wasser und darin aufgelösten Magnesiumtabs dabei – als Vorbeugung gegen Krämpfe. Also immer gut getrunken bis die Flaschen dann zum Rennende leer waren. Auf einmal, so ca. 4 oder 5 Runden vor dem Ziel (18 Runden waren insgesamt zu fahren) schoss ein einzelner Fahrer tief über seinen Lenker gebeugt an unserer Gruppe vorbei. Ich dachte mir: dranbleiben. Also nahm ich die Verfolgung auf – leider einen Tick zu spät - und schaute mich um, ob jemand aus der Gruppe mitgeht. Es ging leider niemand mit. An den anderen kam ich nicht mehr heran, der Abstand blieb konstant und ich fuhr bereits mit ca. 40 km/h. Doch mein Fluchtversuch wurde sehr positiv von den Zuschauern und von den Ausrichtern bewertet. Ich fasste ja auch am Unterlenker, an dem ich sowieso die ganzen letzten Runden fuhr, kettete einen schweren Gang und faltete mich ganz klein über meinen Renner. Sah bestimmt aus wie bei einem Zeitfahren. Doch ich merkte auch nach einer Runde, dass die Beine schwer werden. Also fuhr ich noch etwa eine Drittelrunde alleine weiter und wartete dann auf meine ehemalige Gruppe weil ich Bedenken hatte, von der Gruppe womöglich durchgereicht und abgehängt zu werden falls mir die Körner durch meine Attacke ausgehen sollten. Unbegründet, wie sich herausstellen sollte. Da ich anscheinend der stärkste Fahrer darin an diesem Tag war, konnte ich mich ohne Probleme wieder dort integrieren und Runde um Runde schob ich mich an eine vordere Position.
Finish:
In der letzten Runde dann, in der letzten Kurve, startete ich einen letzten Ausreißversuch indem ich sehr, sehr stark beschleunigte auf der langen Zielgeraden. Dabei setzte ich alles auf eine Karte, überholte einen weiteren einzelnen Rennfahrer der nichts entgegensetzen konnte, sprang an die rechte Straßenseite um Anklampern keine Chance zu geben, flog auf die Ziellinie zu indem ich fuhr, was die Beine hergaben und nicht zurückschaute. Ich war ganz alleine und die Sonne lachte. Die Zuschauer feuerten mich eifrig an… Und dann schob sich auf den letzten Metern noch ein anderer Fahrer auf der linken Straßenseite an mir vorbei den ich bei meinem letzten Blick zurück noch nicht kommen sah! Es waren noch ein paar Meter bis zur Linie und er hörte auf, weiter sein enorm hohes Tempo zu fahren. Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Ich sprintete nochmals, der andere auch. Frank F., der Vorsitzende des Veloclubs Neuwied, benannte den Namen des Sprintgewinners der Verfolgergruppe, noch bevor unser Sprint wirklich entschieden war, doch es war leider nicht mein Name. Ich machte noch einen Tigersprung, doch den Sprintgewinn schaffte ich nicht mehr. Ich wurde Zweiter der Verfolgergruppe. Tatsächlich dachte ich sogar zeitweise, wir könnten die Spitzengruppe sein, doch in so einem schnellen Rundrennen bekommt man gar nicht so richtig mit, wen man bereits alles überholt, ein- oder mehrfach überrundet hat, wer an einem vorbeigefahren ist und wer noch vor einem liegen könnte. Man weiß lediglich, dass man an der Handvoll Rennfahrerinnen (die ihr eigenes Hobbyrennen in unserem „Männerrennen“ fuhren) bereits einige Male vorbeirauschte. Eben weil es so wenige waren.
Wir schauten uns dann noch kurz nach unserer Sprintentscheidung an und rollten, jeder für sich, aus. Ich fuhr noch locker eine Runde mit zum Ausrollen. Auf jeden Fall hatten wir die komplette Verfolgergruppe abgehängt. Und es war die Verfolgergruppe. Nicht irgendeine, sondern direkt die hinter der Spitzengruppe. Das war – vom Gefühl her - mein bisher bestes Rennen überhaupt, ich habe mich über mein Resultat sehr gefreut:
Mein Rang:
(inoffiziell ca. 1 Std. nach dem Rennen auf einem Computerausdruck): 18 v. 42
(amtliches Ergebnis ca. 2 Tage nach dem Rennen im Internet): 18 v. 40
Zeiten wurden nicht genommen, auch nicht in den Elite A,B,C,- Frauen- und anderen Rennen des kompletten Wochenendes. Wie viele Starter müssen unser Rennen abgebrochen haben und was ist mit den zwei anderen Namen auf der provisorischen Ergebnisliste geschehen? Und: weshalb war der ausgerufene Name bei unserer Zielankunft nicht derjenige, der in der amtlichen Wertung Platz 17 belegte???
Nach dem Rennen unterhielt ich mich noch mit einem gestürzten Fahrer aus der ehemaligen Spitzengruppe. Er blutete am Arm und er hatte Tapete gelassen. Er hatte sich einen Top-Ten-Platz erhofft, kam dann jedoch nach mir mit der restlichen Verfolgergruppe ins Ziel.
Zudem schaute ich mir noch das „richtige“ Frauenrennen im Anschluss an unseres an – mit
Amateur-Rennfahrerinnen. Die waren sehr dünn und filigran, mit sehr definierten Beinmuskeln und unglaublich schnell. Die machen das, weil sie ihren Sport ernst nehmen, gerne schnell Rad fahren und die Kraft dazu haben. Mit den Aerobic-Frauen in Fittness-Studios haben diese Rennfahrerinnen nicht viel gemeinsam.
Übrigens:
Am Montag nach dem Rennen fuhr ich mal bei Arnos Radladen vorbei. Er hatte sich meinen Sprint angeschaut, war erfreut über meinen Rang und meinte, die Spitzengruppe sei nicht schneller gewesen als unsere Verfolgergruppe, lediglich seien wir nicht an sie rangekommen, der Abstand sei konstant geblieben. Und weil es keine Renninfos an uns gab, wussten wir ja zu keinem Zeitpunkt des Rennens, wo wir uns befanden und wo die Spitzengruppe war. Er meinte zudem, dass die Gruppe nach meiner Attacke demoralisiert das Tempo verschleppte und deshalb nicht mehr an uns Sprintkontrahenten herankam. Dann schwelgte er davon, dass er dem Sieger unseres Hobbyrennens, David L., anscheinend ein „Lokalmatador“ und langjähriger Radrennfahrer, auch schon ein Rennrad verkauft habe. Er sei im Sprint nicht zu schlagen gewesen. Ist ja auch klar, sonst hätte er das Rennen nicht gewonnen. Gideon N., ebenfalls ein langjähriger Radrennfahrer der auch sehr gute Plätze bei den Hobbyrennen in Köln belegte und nur etwas älter als ich sein dürfte, lag diesmal nur 8 Plätze vor mir auf Rang 10. Als ich anfing mit meinen Rennen in Neuwied, lag er immer sehr, sehr weit vorne und ich am anderen Ende der Ränge. Wir redeten damals nach dem Bergrennen in Heddesdorf 2004 miteinander und radelten nach dem 2001er Rennen in der City (ich kann mich mit der Jahreszahl auch irren) gemeinsam nach Hause. Mal gespannt, wann ich die beiden schnappe. Jahreszahl lasse ich mal offen, doch ich habe ja noch eine Menge Zeit für gutes, ehrliches Training…
Arnos Bruder Jürgen kam dann auch noch zu unserem Gespräch im Radladen hinzu und fragte mich, ob ich das Rennen in den Rängen beendet hätte. Natürlich wollte er auch noch das genaue Resultat wissen. Er selbst gab tatsächlich auf – das Tempo war ihm zu hoch. Er wolle das einfach nicht mehr mit seinen 61 Jahren… Wahrscheinlich meldet er sich nächstes Jahr doch wieder an und trainiert dafür jetzt etwas härter…
Die Geschwindigkeit meines Zielsprints betrug laut Computer 47,1 km/h im Flachen.
an dieser Stelle poste ich mal meinen Bericht zum diesjährigen Deichstadt-Cup Rennen in Neuwied (Hobbyrennen Erwachsene). Schaut halt mal rein
Liebe Grüße aus dem (leider) wolkig-regnerischen Bendorf
Montevideo
Meine Eindrücke und Erlebnisse vom
„Großen Deichstadt-Cup der Sparkasse“ in Neuwied am 30.07.2006
Geplänkel:
Als ich mit dem Rad in Bendorf startete um gemütlich und locker zum Rennstart des Hobbyrennens (18 Runden; 30,6 km; Rundrennen) die Beine aufzuwärmen, dachte ich mir, was das doch schon wieder stürmisch draußen ist. Immerhin gab es Sonne satt mit wohl über 30 Grad, trockene Straßen und wenn man die Sturmböen im Rücken hat, kann man locker mit über 32 Sachen fahren… Kam dann gut in Neuwied an und es galt nur noch, zur Startunterlagenausgabe zu rollen wozu ich schon mal einen Teil der Rennstrecke mitten in der City passierte. Als ich dann zu der Unterlagenausgabe wollte, stellte ich fest, dass überall feste Absperrgitter waren und die Streckencrew mich auch nicht durch die Schlupflöcher ließ weil gerade einige Rennfahrer aus dem laufenden Rennen angeflogen kamen. Ich stellte mich also ganz rechts an den Rand und wartete auf Durchlass. An der Unterlagenausgabe schaute ich mir dann die Aufstellung der gemeldeten Starter an. Es waren ca. 62 Starter vorangemeldet. Das waren sehr viele Meldungen gemessen an den Vorjahren! Dann sprach mich ein Fahrer an. Es war Jürgen P., ehemaliger Amateur-Rennfahrer und Arnos Bruder, für dessen Trainingsgruppe und Radgeschäft ich als Solist an den Start ging. Nach 2 Jahren gemeinsamem Training wollte ich mich nun dafür erkenntlich zeigen, was mir Arno über Radrennsport beibrachte. Wir befestigten uns dann gegenseitig unsere Rückennummern und passten gut auf, uns nicht mit den Sicherheitsnadeln in den Hintern zu pieksen. Auch Jürgen meinte, es sei sehr, sehr stürmisch. Zudem meinte er noch, dass er ja erst 700 Trainingskilometer habe und dass er „nur mal so mitrollen würde“. Falls das Rennen zu schnell werden sollte, würde er irgendwo in einer Kurve raus fahren und das Rennen abbrechen. Für mich kam das nicht in Frage; wenn ich mich an den Start stelle mit meiner Rückennummer finishe ich normalerweise auch. Das war bisher noch immer so, selbst beim diesjährigen „Rund um Köln“, wo mich ein anderer Rennfahrer bei ca. 45 km/h im Flachen böse und unglücklich abschoss. Natürlich versuche auch ich jedes Mal, nicht die Rote Laterne zu sein… Es ging dann noch kurz auf die Toilette wobei der jeweils andere auf die Räder aufpasste und anschließend wünschten wir uns noch viel Glück. Jürgen meinte sogar noch, dass 80 (!) Starter da seien. Wir witzelten dann noch über das leidige Thema „Doping“ als er mit einem Glas Mineralwasser ankam und es in seinen Bidon füllte. Ich fragte ihn, was er da habe, er meinte, „Wasser“ und ich fragte, ob er sich sicher sei. Es könnte ja auch versetzt sein und seine Leistung steigern. Wir lachten dann beide. Ich selbst war guter Dinge, hatte ja bereits 2 Rennen in dieser Saison sowie 4600 km in den Beinen. Dies heute sollte mein siebtes Straßenrennen werden.
Dann lockerte ich meine Beine nochmals auf indem ich die Strecke einmal komplett abfuhr und dann noch auf Seitenstraßen herumrollte. Dann applaudierte ich noch den Kindern, die ihr Rennen vor uns Hobby-Startern fuhren. Und dann ging es los… Und alles unheimlich schnell. Als ich in die Startaufstellung wollte, standen da bereits allerhand Rennfahrer und einige wenige Fahrerinnen. Doch es gelang mir noch einigermaßen, einen passablen Startplatz zu ergattern irgendwo im Mittelfeld. Jürgen stand ein paar Meter schräg versetzt vor mir. Dann wurden wir von den Rennausrichtern (Veloclub Neuwied) begrüßt und die Zeit wurde abgezählt. Die Sonne knallte und allseits herrschte große Anspannung und Konzentration.
Start:
Einige Meter nach der Start-/Ziellinie kam eine 90-Grad-Linkskurve durch die das komplette Feld irgendwie kompakt durchpassen musste. Das war wirklich ein Abenteuer. Aufpassen, dass man nirgendwo touchierte und touchiert wurde. Das Rennen hatte ja gerade gestartet und sollte nicht bereits durch eine Unachtsamkeit beendet sein… Doch wir kamen irgendwie alle ohne irgendein Vorkommnis durch. Respekt, Respekt! Und dann flog das Feld auseinander!!!
Rennverlauf:
Es wurde direkt losgebolzt ohne Ende, von vorne fielen Rennfahrer zurück, von hinten schlossen welche auf, Mountainbikes, Rennräder, Frauen, Männer, alles bunt gemischt und vom Rennfieber gepackt. Ich bildete zunächst mit einem etwas größeren, athletisch gebauten Fahrer ein Duo. Er trug das Grüne Trikot und eine schwarze T-Mobile-Rennhose. Ich selbst trug meinen schwarz-blauen Rennanzug weil ich als Bergspezialist im Flachen ja auch nicht so viel zu lachen habe. Die fehlende Masse und die nicht vorhandenen Steigungen muss ich dann durch gute Aerodynamik ausgleichen. Unser Duo harmonierte zwei, drei Runden ganz gut und dann sah ich einige Meter vor uns… eine komplette Gruppe! Ich ging also in die Führung und ran an die Gruppe. Leider musste mein Gefährte dabei abreißen lassen. Ich sah ihn das ganze Rennen über nicht mehr. Vielleicht hatte er aufgegeben?! In der Gruppe lief es sehr gut. Wir harmonierten gut und fuhren locker eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 38 km/h. Dies sollte dann auch das Stundenmittel sein, mit dem ich das komplette Rennen mit seinen 30,6 Kilometern absolvierte. In der Gruppe waren allesamt gute Rennfahrer, braun gebrannte Arme und Beine, selbstredend rasiert und einer der Kämpen hatte sogar einen Zeitfahr-Lenkeraufsatz an seinem Rad obwohl ja Lenkeraufsätze jedweder Art, Liegelenker und natürlich auch Scheibenräder bei Straßenrennen mit Massenstart nicht gestattet bzw. laut Reglement verboten sind. Wir flogen an zahlreichen anderen Rennfahrern vorbei, überholten auch Jürgen auf der Strecke und dann hatten wir eine kurze Schrecksekunde, als hinter einer Kurve wild mit einer gelben Flagge gewunken wurde. Sturz in der Spitzengruppe! Helfer zerrten Fahrräder von der Straße, Rennfahrer standen am Straßenrand. Ist typisch für so schnelle, nervöse Rennen mit so großem Starterfeld. Wenigstens ich sollte die ganze Veranstaltung über unversehrt bleiben. Wir flogen weiter und mussten jedes Mal aufs Neue beschleunigen nach den zahlreichen Kurven von denen es ja zwei 90-Grad-Kurven und zig andere gab. Zwischenzeitlich hatte ich immer mal wieder eine ganz trockene Kehle doch glücklicher Weise hatte ich 2 Bidons mit Wasser und darin aufgelösten Magnesiumtabs dabei – als Vorbeugung gegen Krämpfe. Also immer gut getrunken bis die Flaschen dann zum Rennende leer waren. Auf einmal, so ca. 4 oder 5 Runden vor dem Ziel (18 Runden waren insgesamt zu fahren) schoss ein einzelner Fahrer tief über seinen Lenker gebeugt an unserer Gruppe vorbei. Ich dachte mir: dranbleiben. Also nahm ich die Verfolgung auf – leider einen Tick zu spät - und schaute mich um, ob jemand aus der Gruppe mitgeht. Es ging leider niemand mit. An den anderen kam ich nicht mehr heran, der Abstand blieb konstant und ich fuhr bereits mit ca. 40 km/h. Doch mein Fluchtversuch wurde sehr positiv von den Zuschauern und von den Ausrichtern bewertet. Ich fasste ja auch am Unterlenker, an dem ich sowieso die ganzen letzten Runden fuhr, kettete einen schweren Gang und faltete mich ganz klein über meinen Renner. Sah bestimmt aus wie bei einem Zeitfahren. Doch ich merkte auch nach einer Runde, dass die Beine schwer werden. Also fuhr ich noch etwa eine Drittelrunde alleine weiter und wartete dann auf meine ehemalige Gruppe weil ich Bedenken hatte, von der Gruppe womöglich durchgereicht und abgehängt zu werden falls mir die Körner durch meine Attacke ausgehen sollten. Unbegründet, wie sich herausstellen sollte. Da ich anscheinend der stärkste Fahrer darin an diesem Tag war, konnte ich mich ohne Probleme wieder dort integrieren und Runde um Runde schob ich mich an eine vordere Position.
Finish:
In der letzten Runde dann, in der letzten Kurve, startete ich einen letzten Ausreißversuch indem ich sehr, sehr stark beschleunigte auf der langen Zielgeraden. Dabei setzte ich alles auf eine Karte, überholte einen weiteren einzelnen Rennfahrer der nichts entgegensetzen konnte, sprang an die rechte Straßenseite um Anklampern keine Chance zu geben, flog auf die Ziellinie zu indem ich fuhr, was die Beine hergaben und nicht zurückschaute. Ich war ganz alleine und die Sonne lachte. Die Zuschauer feuerten mich eifrig an… Und dann schob sich auf den letzten Metern noch ein anderer Fahrer auf der linken Straßenseite an mir vorbei den ich bei meinem letzten Blick zurück noch nicht kommen sah! Es waren noch ein paar Meter bis zur Linie und er hörte auf, weiter sein enorm hohes Tempo zu fahren. Zumindest hatte ich diesen Eindruck. Ich sprintete nochmals, der andere auch. Frank F., der Vorsitzende des Veloclubs Neuwied, benannte den Namen des Sprintgewinners der Verfolgergruppe, noch bevor unser Sprint wirklich entschieden war, doch es war leider nicht mein Name. Ich machte noch einen Tigersprung, doch den Sprintgewinn schaffte ich nicht mehr. Ich wurde Zweiter der Verfolgergruppe. Tatsächlich dachte ich sogar zeitweise, wir könnten die Spitzengruppe sein, doch in so einem schnellen Rundrennen bekommt man gar nicht so richtig mit, wen man bereits alles überholt, ein- oder mehrfach überrundet hat, wer an einem vorbeigefahren ist und wer noch vor einem liegen könnte. Man weiß lediglich, dass man an der Handvoll Rennfahrerinnen (die ihr eigenes Hobbyrennen in unserem „Männerrennen“ fuhren) bereits einige Male vorbeirauschte. Eben weil es so wenige waren.
Wir schauten uns dann noch kurz nach unserer Sprintentscheidung an und rollten, jeder für sich, aus. Ich fuhr noch locker eine Runde mit zum Ausrollen. Auf jeden Fall hatten wir die komplette Verfolgergruppe abgehängt. Und es war die Verfolgergruppe. Nicht irgendeine, sondern direkt die hinter der Spitzengruppe. Das war – vom Gefühl her - mein bisher bestes Rennen überhaupt, ich habe mich über mein Resultat sehr gefreut:
Mein Rang:
(inoffiziell ca. 1 Std. nach dem Rennen auf einem Computerausdruck): 18 v. 42
(amtliches Ergebnis ca. 2 Tage nach dem Rennen im Internet): 18 v. 40
Zeiten wurden nicht genommen, auch nicht in den Elite A,B,C,- Frauen- und anderen Rennen des kompletten Wochenendes. Wie viele Starter müssen unser Rennen abgebrochen haben und was ist mit den zwei anderen Namen auf der provisorischen Ergebnisliste geschehen? Und: weshalb war der ausgerufene Name bei unserer Zielankunft nicht derjenige, der in der amtlichen Wertung Platz 17 belegte???
Nach dem Rennen unterhielt ich mich noch mit einem gestürzten Fahrer aus der ehemaligen Spitzengruppe. Er blutete am Arm und er hatte Tapete gelassen. Er hatte sich einen Top-Ten-Platz erhofft, kam dann jedoch nach mir mit der restlichen Verfolgergruppe ins Ziel.
Zudem schaute ich mir noch das „richtige“ Frauenrennen im Anschluss an unseres an – mit
Amateur-Rennfahrerinnen. Die waren sehr dünn und filigran, mit sehr definierten Beinmuskeln und unglaublich schnell. Die machen das, weil sie ihren Sport ernst nehmen, gerne schnell Rad fahren und die Kraft dazu haben. Mit den Aerobic-Frauen in Fittness-Studios haben diese Rennfahrerinnen nicht viel gemeinsam.
Übrigens:
Am Montag nach dem Rennen fuhr ich mal bei Arnos Radladen vorbei. Er hatte sich meinen Sprint angeschaut, war erfreut über meinen Rang und meinte, die Spitzengruppe sei nicht schneller gewesen als unsere Verfolgergruppe, lediglich seien wir nicht an sie rangekommen, der Abstand sei konstant geblieben. Und weil es keine Renninfos an uns gab, wussten wir ja zu keinem Zeitpunkt des Rennens, wo wir uns befanden und wo die Spitzengruppe war. Er meinte zudem, dass die Gruppe nach meiner Attacke demoralisiert das Tempo verschleppte und deshalb nicht mehr an uns Sprintkontrahenten herankam. Dann schwelgte er davon, dass er dem Sieger unseres Hobbyrennens, David L., anscheinend ein „Lokalmatador“ und langjähriger Radrennfahrer, auch schon ein Rennrad verkauft habe. Er sei im Sprint nicht zu schlagen gewesen. Ist ja auch klar, sonst hätte er das Rennen nicht gewonnen. Gideon N., ebenfalls ein langjähriger Radrennfahrer der auch sehr gute Plätze bei den Hobbyrennen in Köln belegte und nur etwas älter als ich sein dürfte, lag diesmal nur 8 Plätze vor mir auf Rang 10. Als ich anfing mit meinen Rennen in Neuwied, lag er immer sehr, sehr weit vorne und ich am anderen Ende der Ränge. Wir redeten damals nach dem Bergrennen in Heddesdorf 2004 miteinander und radelten nach dem 2001er Rennen in der City (ich kann mich mit der Jahreszahl auch irren) gemeinsam nach Hause. Mal gespannt, wann ich die beiden schnappe. Jahreszahl lasse ich mal offen, doch ich habe ja noch eine Menge Zeit für gutes, ehrliches Training…
Arnos Bruder Jürgen kam dann auch noch zu unserem Gespräch im Radladen hinzu und fragte mich, ob ich das Rennen in den Rängen beendet hätte. Natürlich wollte er auch noch das genaue Resultat wissen. Er selbst gab tatsächlich auf – das Tempo war ihm zu hoch. Er wolle das einfach nicht mehr mit seinen 61 Jahren… Wahrscheinlich meldet er sich nächstes Jahr doch wieder an und trainiert dafür jetzt etwas härter…
Die Geschwindigkeit meines Zielsprints betrug laut Computer 47,1 km/h im Flachen.