Hier könnt ihr zB nachlesen, was an der Gesamtschule in Sport und allen anderen Fächern unterrichtet werden muss. Da gibt es kaum Freiheiten.
Für Sport habe ich das gerade mal durchgelesen und finde es kaum anders, als ich es aus meiner eigenen Schulzeit in Hessen kenne - bin aber mit 50 Jahren wohl auch noch nicht so wahnsinnig alt, wie die Sprüche anderer Leute hier manchmal wirken.
Die
"Bewegungskünste" rund ums Tanzen gab es bei uns erst in der Oberstufe und immer nur auf ausdrücklichen Wunsch, nie verpflichtend. Zum Glück. Wer unbedingt tanzen wollte, konnte das auch in der Mittelstufe nachmittags in mehreren AGs tun, aber die Nachfrage war eher homöopathisch.
Freizeit-Tanzkurse bei Bezahlanbietern waren dagegen ausgesprochen beliebt, nur nicht bei einem guten Freund und mir: Wir kauften uns ordentliche Fahrräder und posierten damit lieber vor den riesigen Schaufenstern einer Tanzschule, während wirklich
alle anderen irgendwo tanzten.
Tanzen kann ich bis heute nicht und habe es weder jemals gebraucht, noch vermisst. Bei den Fahrrädern zogen viele andere kurz darauf allerdings nach.
Soll heißen: Wohl dem, der beim Schulsport die Möglichkeit hat, zumindest in den Randbereichen auszuwählen und nicht jeden Scheiß unbedingt bis zur Note durchziehen muss.
"Kämpfen", in dem Fall Ringen, durften wir mal ganz kurz kennenlernen, aber das wurde nach der Schnupper-Doppelstunde nicht weiterverfolgt und kam auch in anderen Klassen bzw. Kursen nicht vor.
Ich fand das schade, denn ausgerechnet Ringen hätte mich anschließend schon irgendwie interessiert und schien mir näher an der Realität einer kindlichen Schulhofkeilerei zu sein, als Schulterwürfe mit Figurentanzen.
Soll heißen: Es ist auf jeden Fall gut, möglichst vieles überhaupt mal vorgestellt zu bekommen.
Kampfsportarten schienen damals an den Schulen generell verteufelt und unerwünscht zu sein, aber mehrere Vereine nutzten nachmittags dafür die Sporthallen. Dort war die Beteiligung quer durch alle Altersstufen erstaunlich hoch: Fast jeder aus meiner Schulzeit hat in seiner Jugend mal irgendwo eine Weile trainiert oder gekämpft, Judo oder Karate. Mädchen wie Jungen gleichermaßen.
Ich nicht. Mir reichte es auch so, bzw. reichte oft auch einfach Weglaufen. Ernsthaft kloppen musste ich mich nur einmal als fast schon Erwachsener. Da reichte es auch, ohne Weglaufen. Glück gehabt.
"Gleiten, Fahren, Rollen, Wintersport" gab es leider überhaupt nicht.
Das wollte ich jahrelang unbedingt im Programm haben, aber es war einfach nicht vorgesehen und vielleicht auch besser so: Ich habe dann ein paar Mal mit einer Erwachsenen-Rennradgruppe trainiert (oder es, besser gesagt, versucht), die fast ausschließlich aus Lehrern bestand und fand das als 14-jähriger viel, viel, viel zu heftig, obwohl ich unter meinen Schulkameraden sicher zu den besseren gehörte. In der Gruppe war übrigens kein Sportlehrer dabei.
Wenn das heute wirklich von den Schulen altersgerecht angeboten wird, finde ich das toll.
Fahrräder als halbwegs echte Sportgeräte waren bei den Jungs in meinem Alter ansonsten ziemlich beliebt, quer durch ca. 2-3 Jahrgänge hatte kaum noch jemand ein Mofa. Allerdings hatte nur ein einziges Mädchen aus meiner gesamten Schulzeit vorsätzlich und willentlich ein Rennrad (mit dem sie dann nicht fuhr).
Bei meinem Bruder war das acht Jahre vorher genau andersrum: Fahrräder waren als Kinderspielzeug verpönt, aber auch viele Mädels mofierten.
Im Schulsport konnte oder mochte ich vieles nicht, oft auch beides gleichzeitig.
Bis ca. zur 6. Klasse war ich generell eher unsportlich und hatte daran auch kein besonderes Interesse, konnte mich bei ein paar Sachen überraschend gut durchmogeln und bei anderen überhaupt nicht. Das war letztendlich aber nicht schlimm und ich behaupte mal, dass es vielen so ging.
Die Sportlehrer für die unteren Klassen fand ich allerdings heftig: Die hatten das entweder als Dritt- oder Vertretungsfach und wirkten entsprechend ahnungslos bis unmotiviert oder verärgert, oder sie zeigten die Härte und den Anspruch eines erwachsenen Vollblutsportlers mit entsprechenden Auswirkungen auf die Schüler: Sowas KANN ein Grundschüler halt einfach nicht. Nicht mal annähernd. Das war damals, wie heute nicht anders.
Rückblickend hätte ich mir für diese Zeit wirklich die "Vermittlung von Körpergefühl" gewünscht oder zumindest ein paar Erklärungen im Vorfeld, wie Sportart oder Übung XYZ überhaupt so funktionieren und was man davon vielleicht so haben könnte. Also,
bevor man direkt mittendrin loslegen soll und dafür auch gleich bewertet wird.
Ebenso rückblickend sagt mir aber die realistische Selbsteinschätzung, dass mich solche Angebote nicht weniger genervt hätten, als unkoordiniert und planlos drauflosbolzen zu müssen.
Gute Sportlehrer oder guten Sportunterricht hatte ich überhaupt erst ab ca. der 7./8. Klasse, jedenfalls ab und zu. Ab der 7. Klasse durften wir wählen, mussten aber bis zum vorläufigen Ende der Show in der 10. Einzel- und Mannschaftssportarten möglichst gleichmäßig verteilt buchen.
Ich fand es nicht schlimm, bei
"König Fußball" und generell als Ballsportler völlig unbrauchbar zu sein und fand die beschissenen Noten dafür auch absolut berechtigt. Zum Ausgleich der Sportnote hatte ich zumindest im Sommer die
Bundesjugendspiele, was ich wiederum gut fand: 'ne 5 in Basketball, aber 'ne 3 im Zeugnis. Geht das heute überhaupt noch, gibt es das noch?
Im Winter musste demnach Mannschaftssport um jeden Preis vermieden werden; bei anderen Leuten war es entsprechend andersrum.
Noten als realistische und vergleichbare Bewertung mochte ich grundsätzlich gern, in allen Fächern. Auch die schlechten, denn sie waren ja berechtigt und ich wusste so immer sehr gut, wo ich in den jeweiligen Fächern halt so stand.
Unfair vergebene Noten durch "Schätzchenbildung" oder Ignoranz fand ich doof, aber das kam nicht allzu oft vor. Ehrlich gesagt hätte ich es genauso doof gefunden, für "besonderes Engagement" ohne jegliche echte Eignung die selbe "Eins" zu bekommen wie jemand, der das Gleiche wirklich richtig gut kann.
Ich war gern ein guter und vor allem schlauer Schüler, ich kannte meine Schwächen und fand trotzdem schon damals, dass das mit dem restlichen Leben nicht so wahnsinnig viel zu tun hat:
Da gibt es andere Dinge, die zählen.
Wie es heute an den Schulen wirklich abläuft, weiß ich mangels eigener Kinder kaum.
Im Freundeskreis habe ich zwei Sportlehrer, die ihre Schüler nach Belieben überfordern könnten, aber sich ausgerechnet dabei nicht abwertend über "die Jugend von heute" äußern. Die kennen und nennen ganz andere Probleme. Mein Bruder bringt es bei seinen Kindern ähnlich auf den Punkt: Sport ist in der Schule eher kein Problem, das Angebot ist über die Jahre eher besser geworden.
Die angeblich "ganz vielen fetten, bewegungslosen Kinder von heute" mag ich zwar gern glauben, sehe sie im Durchschnitt dann aber doch nirgends. Allerdings ist mir schon vor ca. 10-15 Jahren aufgefallen, dass immer weniger Kinder draußen spielen, vor allem im Winter nicht, wenn es ausnahmsweise wirklich mal richtig geschneit hat: Da war früher augenblicklich und tagelang die Hölle los, wo heute vielleicht zwei bis drei verstörte Kinder versuchen, mit ihren Schlitten quer zur "Bahn" rumzurutschen. Alleine, ohne große Vorbilder.
Wenn ich davon ausgehe, dass aus einem gewissen Teil der heutigen Schüler anschließend Lehrlinge werden, dann sieht der mir bekannte Querschnitt auch nicht anders aus, als vor 35 Jahren: So ganz und gar unsportlich ist eigentlich selten jemand, das werden die oft erst im Arbeitsleben. König Fußball hat noch seine Spitzenstellung, nur bolzen heute auch mehr Frauen.
Die Bandbreite an Sportarten ist generell höher, als damals; das mittelmäßige Engagement ist eigentlich vergleichbar.
Meine Schulzeit war, so unterm Strich, echt schön.
Den breiten Zusammenhalt und die Sorglosigkeit von damals hätte ich im Alltag gern zurück und wünsche wirklich jedem, so etwas mal zu erleben.