Wir finden eben Radsport faszinierend, und suchen nach Gründen, wie wir das trotz der immer neuen niederschmetternden Nachrichten weiter tun können.
Ich hoffe täglich, dass mein persönlicher Liebling Voigte nicht erwischt wird- ich würde für niemanden im Spitzensport die Hand ins Feuer legen.
Das ist eben genau die Haltung, die ich so lächerlich finde.
Man redet sich die Sache schöner als sie ist, weil man sonst moralisch nicht in der Lage wäre, diesen Sport weiterhin schön zu finden.
Also ich habe gar kein Problem damit, dass man diesen Sport faszinierend und schön findet - im Gegenteil!
Ich liebe diesen Sport und deshalb übe ich ihn ja auch aus.
Aus diesen Gründen schaue ich mir auch immernoch die Radsportübertragungen an.
Nur brauche ich mir dafür nichts schöner reden als es in Wahrheit ist.
Ich mache mir da keine Illusionen: Meiner Schätzung nach sind mindestens 2/3 des Fahrerfeldes gedopt und das ist noch seeehr optimistisch geschätzt!
Bei Voigt würde
ich nicht hoffen.
Für mich ist es nämlich kein Widerspruch, den Sport an sich faszinierend, spannend und schön zu finden, wenn man auf der anderen Seite ganz klar im Hinterkopf behält, dass hier die meisten Fahrer gedopt sind.
Ich brauche mir dafür das Doping nicht als legitimes Mittel einreden und werde dem daher auch immer ablehnend gegenüberstehen.
Der Sport bleibt aber der Sport - was das Geschäft dahinter daraus macht, hat keinen Einfluss darauf!
Die Rennen würden mindestens genauso spannend - wenn nicht spannender - sein, wenn es kein Doping gäbe.
Daher ist es für die Erfahrung des Zuschauers zunächst einmal unerheblich, ob die gedopt sind oder nicht.
Es ist nämlich mitnichten so, das 3 km/h höhere Durchschnittsgeschwindigkeit dem Zuschauer am Bildschirm großartig auffallen würden. Somit ist es auch nicht so, dass der Zuschauer das Dopen direkt unterstützt. Er schaut zu,
obwohl da gedopt wird.
Nur die Sucht nach Ruhm und Geld treibt die Menschen dazu an, sich durch unlautere Mittel einen Vorteil zu verschaffen. Nicht der Zuschauer bringt den Radsportler dazu, der Radsportler bringt den Radsportler dazu.
Einer nimmt was, die anderen ziehen nach.
Man darf also begeisteter Zuschauer sein und trotzdem eine kritische Meinung haben.
Ich sehe da nichts Heuchlerisches und nichts Verwerfliches.
Zynisch hingegen finde ich die Haltung, dass es einem egal ist, was die sich reinpfeifen - Hauptsache, die Show ist "episch". Wir reden hier immernoch von Menschen. Menschen, die am Anfang auch nur den Sport geliebt haben und nie dopen würden. Irgendwann haben sie dann aber gemerkt, dass es nicht anders geht, wenn sie ihren Lebensunterhalt damit bestreiten wollen. D.h., in diesem System ist man gezwungen, nachzuhelfen. Zumindest, wenn man nicht vorher den Absprung geschafft hat, um einen herkömmlichen Beruf zu erlernen.
Dafür ist es eben manchmal zu spät und dann stehst Du vor der Wahl: Arbeitsloser Penner oder dopender und erfolgreicher Radprofi. Dieses System ist entartet.
Daher bin ich für lebenslange Sperren beim ersten Dopingfall - nur Kronzeugenregelung in Verbindung mit Nennung aller Hintermänner führt zur zweiten Chance. Die Hürde, zu dopen muss größer werden und die Hintermänner sollten auch mehr Angst haben, Radprofis mit Dopingtechniken zu unterstützen.
Solange dieses Geschäft sicher genug ist, wird sich da auch nichts tun.