Du solltest auch ent"täuscht" sein! Aber warst Du mal in einer vergleichbaren Situation im Sport? Im Berufsleben? Ich will da nix entschuldigen, aber kannst Du's wirklich beurteilen? Im Übrigen reißt hier gerade keiner "Deinen" oder "unsren" Sport in den Abgrund. Dort ist er schon die letzten 20 Jahre, wenn nicht noch länger. Sie sagen es nur endlich mal und reden Tacheles.
Ob die Person nun Bert Dietz, Erik Zabel, Rolf Aldag oder sonstwie heißt: Ein Problem unserer Gesellschaft und (Medien-)Öffentlichkeit wird es jetzt sein, wie mit den Personen, die sich outen, umgegangen werden wird. Da haben wir die gesamte Bandbreite von "Oh, der arme Erik, schau mal, wie er leidet und Tränen in den Augen hat - komm her, ich habe große Achtung und Verständnis, ich verzeihe Dir" bis "Für die alle die Todesstrafe". Viel Spaß - es wird anspruchsvoll; mit Stammtisch und/oder Kurzschlußreaktionen ("jetzt aber als Allererstes schnell Stärke zeigen und weg mit den Betreffenden aus verantwortungsvollen Positionen") oder auch mit Kuschelei wird das nix. Ich habe gerade eine Stunde Diskussion mit der Holden hinter mir. Vorläufiges Fazit: Ob man selbst urteilen darf, ohne richtig Ahnung von der Materie und vollen Einblick zu haben? Wie ist es für einen Sportler, der mal an der "Oben"-Luft geschnuppert hat und sich dort eigentlich mit normalen Mitteln nicht halten kann? Jeder steigt auf bis zur Stufe seiner Überforderung - übertragbar auf die Wirtschaft. Konsequenz dort: "Radfahrer"-Verhalten, um die Stellung bewahren zu können - nach oben buckeln, nach unten treten. Informationen vorenthalten, um in einer besseren Position sein zu können. Einfach ein Arschloch sein. Im Sport geht das nicht so ohne Weiteres - es zählt Leistung, wie sie meßbar und vergleichbar ist - wenn das in der Wirtschaft immer so einfach wäre. Im Profi-Sport muß man, wenn man nicht wieder zu den Amateuren will, besser trainieren, von Natur aus besser sein als die anderen und/oder dopen. Und weil da alle eh schon dopen, um dort bleiben zu können, ist es für die Jungen leichter, damit anzufangen, weil es eh normal ist.
Ich freu mich, daß es jetzt vielleicht die Chance gibt, diesen Teufelskreis zu durchbrechen. Aber es wird viele junge Leute mit Charakter brauchen und eine Gesellschaft inkl. Medien, die nicht rumheult, wenn Deutschland im Medaillenspiegel auf der Höhe von Island liegen wird. Man kann nicht anfangen mit Ehrlichkeit und Sauberkeit und gleichzeitig fordern, daß es alle machen müssen - dann passiert GAR nix. Hochachtung vor den französischen Radsportlern, die (davon gehe ich halbnaiv aus) relativ sauber sein müssen (strenge Gesetzeslage in FR): Sie reißen sehr wenig Bäume aus und machen ihren Job. Das muß teilweise echt frustrierend sein, hinterher zu fahren. Und dann kommt noch ein Arschloch namens Hinault und kackt alle an, sie seinen zu faul und zu träge, weil sie nix gewinnen. Das auszuhalten - Chapeau. Allerdings verdienen sie relativ gut, obwohl die Leistung im Vergleich zu anderen Radsport-Nationen überschaubar ist. Vielleicht schaffen wir so etwas in Deutschland auch.