Diese Fristen sind aber auch fest geregelt ...
Nein, sie werden von der Behörde gesetzt, die Herrin des Verfahrens ist. Und das ist der Normalfall in allen rechtlichen Verfahrensordnungen. Wenn Du zivilrechtlich verklagt wirst, setzt der Richter als Herr des Verfahrens Dir nach seinem Ermessen eine Frist, innerhalb der Du Dich gegen die Klage verteidigen kannst. Kommt dann von Dir nichts, dann kann ein Versäumnisurteil ergehen, bei dem unterstellt wird, dass die Angaben des Klägers richtig sind.
... Woher sollte die Frist also kommen, bzw. woraus soll sie folgen? ...
Aus den Regeln über die Durchführung der Disziplinarverfahren, hier speziell Art. 12.4 Anti-Doping-Code.
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12.4 Säumnis
Säumig ist ein Athlet oder eine andere Person, der/die trotz ... eines entsprechenden Hinweises auf diese Folge der Säumnis ... es unterlässt, sich innerhalb der vom zuständigen Disziplinarorgan bestimmten Frist zu äußern oder Beweismittel vorzulegen.
Wird die Säumnis nach Überzeugung des zuständigen Disziplinarorgans genügend entschuldigt, bleibt sie außer Betracht.
Im Falle einer Säumnis kann eine Entscheidung im schriftlichen Verfahren auf Grundlage der dem zuständigen Disziplinarorgan zum vorgesehenen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vorliegenden Tatsachen ergehen."
Das heißt, das Disziplinarorgan kann und hat Fristen zu bestimmen und wenn innerhalb einer solchen Frist keine Äußerung erfolgt, wird eben auf der Grundlage der vorliegenden belastenden Umstände entschieden und nicht etwa das Verfahren bis zum St.Nimmerleinstag ruhen gelassen. Der Text oben ist aus dem BDR-Anti-Doping-Code, bei der UCI gelten die gleichen Regeln. Gekürzt (...) wurde es nur um die Passagen, die das Nichterscheinen zu mündlichen Verhandlungsterminen betreffen, um es flüssiger lesbar zu machen.
Und es ist auch klar geregelt, welche Folgen es ganz allgemein für das Verfahren hat, wenn ein Athlet das Verfahren verzögert oder sabotiert, nämlich in Art. 3.2.5:
"Das zuständige Disziplinarorgan kann in einem Verfahren wegen eines Verstoßes gegen Anti-Doping-Bestimmungen negative Rückschlüsse aus der Tatsache ziehen, dass der Athlet oder die andere Person, dem/der ein Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen vorgeworfen wird, sich nach einer mit angemessener Vorlaufzeit ergangenen Aufforderung weigert, an der Anhörung (gemäß den Anweisungen des zuständigen Disziplinarorgans entweder persönlich oder telefonisch) teilzunehmen und Fragen des zuständigen Disziplinarorgans oder der Anti-Doping- Organisation zu beantworten, die ihm/ihr den Verstoß gegen Anti-Doping-Bestimmungen vorwirft."
Auch hier gilt, die "angemessene Vorlaufzeit" wird von dem Disziplinarorgan bestimmt und wenn innerhalb dieser Zeit Fragen nicht beantwortet werden, dann dürfen daraus "negative Rückschlüsse" gezogen werden, was im Klartext heißt, dass seine Schuld unterstellt werden darf. Nur muss man eben auch Fragen stellen und eine angemessene Zeit bestimmen, innerhalb der die Fragen beantwortet werden müssen.
Und genauso klar sind auch die Statuten zu der Frage der vorläufigen Suspendierung. Vorläufig suspendiert werden muss bei einem von der Norm abweichenden Analyseergebnis (Art. 7.8.1). Das liegt hier nicht vor. Bei einem von der Norm abweichenden Ergebnis bei Spezifischen Substanzen, bei Kontaminierten Produkten oder anderen Verstößen kann vorläufig suspendiert werden (Art. 7.8.2). Also, er muss nicht vorläufig suspendiert werden, das ist richtig. Er könnte aber vorläufig suspendiert werden, wenn der Wille dazu da wäre. Der Moldawier wurde vorläufig suspendiert, Ulissi wurde es angedroht und er ist dem durch freiwilligen Wettkampfverzicht zuvor gekommen, bei Petacchi war die Konstellation anders. Bei Froome scheint der Wille nicht da zu sein. Ebenso wenig wie der Wille offenbar fehlt, das Verfahren überhaupt voran zu treiben.