So hab jetzt endlich mal nen bissel Luft gehabt um weitere Detailaufnahmen zu machen. Unter einer dicken Kruste habe ich doch noch einen möglichen Hinweis auf den Rahmen gefunden (siehe Fotos) ganz genau ist es leider nicht mehr zu lesen aber ich habe mal die Durchdrucktechnik probiert: NERVEX - 9°3064*022²888 (bei dem Stern bin ich mir nicht sicher was es sein könnte)
Die RH ist: 59 und die Oberrohrlänge 57,5 (5mal gemessen....)
http://fotos.rennrad-news.de/s/14701
Hallo Entitaet,
vorweg gleich meinen ausdrücklichen Glückwunsch zu diesem schönen Rahmen, der vor allem durch die besondere Lackierung besticht. Die verwendeten Nervex-Pro-Muffen der 2. Serie sowie die Reynolds 531-Rohre sind allerdings ebenso wenig wie die in die Tretlagermuffe eingeschlagene Nummer hilfreich, den Hersteller zu identifizieren. Ab Mitte der 1950er Jahre waren das nämlich quasi lange Zeit die Standardzutaten für einen Rennrahmen, ob bei deutschen, französischen oder englischen Rahmenbauern. Und die kryptische Nummer hat dem Rahmenbauer angezeigt, für welche Rohrdurchmesser und Winkel die Muffe geeignet war. In der Art und Weise wie das alles aber vom Rahmenbauer zusammengebracht wird, lässt sich häufig doch die individuelle Handschrift erkennen. Bei Betrachtung solcher Details wie Anführung der Sattelstreben an die Sattelmuffe und Einarbeitung des Bremsstegs fällt mir die große Ähnlichkeit zu Pol-Rad-Rahmen des Berliner Rahmenbauers Erich Polauke auf. Was mich allerdings etwas irritiert, ist die Rahmennummer 151. Sie ist zwar an der für Polauke typischen Stelle an der linken Seite der Sattelmuffe zu finden, die Zifferntype stimmt aber nicht mit der mir bekannter Rahmen überein. Darüber hinaus passt diese noch relativ niedrige Nummer nicht gut mit den Nervex Pro-Muffen der 2. Serie mit dem Fischschwanz zusammen. Diese ersetzten so um 1955 die frühere Variante mit zwei Hörnchen und die hier verwendete gröbere Form deutet eher auf einen späteren Zeitpunkt der Herstellung als 1955 (Näheres dazu findest Du hier:
http://classiclightweights.co.uk/components/nervex.html). Da Polauke laut Aussagen seiner Frau -er selbst ist 2008 in hohem Alter gestorben- 1945 mit der Herstellung eigener Rahmen begonnen und ab Mitte der1960er Jahren keine Rahmen mehr gebaut hat, müsste er in den letzten Jahren überproportional viele hergestellt haben. Natürlich ist nicht auszuschließen, dass Polauke noch einmal richtig losgelegt und seine Schlagzahlen mit der Zeit getauscht hat. Da aber andererseits von Radsport Hoffmann bekannt ist, dass Hoffmann selbst oder ein Rahmenbauer namens Müller, der für ihn gearbeitet haben soll (die Angaben wer für wen gebaut hat, sind bei den alten Berliner Radsport-Recken widersprüchlich) die F.B.L.-Rahmen von Hübner & Koch 1:1 kopiert hat, ist auch nicht ganz abwegig, dass er einen Pol-Rad-Rahmen als Vorlage genommen und diesen nachgebaut hat. Das hätte er dann allerdings gut und detailgetreu gemacht. Natürlich kann es auch alles noch einmal ganz anders sein.
Wie auch immer, ich denke, dass dein Rahmen aus der Zeit Mitte der 1950er bis Anfang der 1960er sein wird.
Die Laufräder könnten noch die ursprünglichen sein. Schau‘ doch ,mal nach, ob Du auf den Konen der Naben einen Hinweis auf das Herstellungsjahr findest. Ansonsten lässt sich vielleicht auch noch über die Variante des hinteren Schaltwerks etwas zeitlich eingrenzen.
Die tolle Lackierung vermute ich übrigens von Eberhard Pertzrick angefertigt, ein Lackierer, der viele Arbeiten der Berliner Rahmenbauer durch sein Talent veredelt hat.
Auf jeden Fall soll die gute Freundin es behalten und wieder schön aufbauen wie zu Opas schnellsten Zeiten. Wir helfen auch gerne dabei!