Das wäre dann beim Vorbeifahren richtig - wenn Vorbeifahren auch die Gegenrichtung meint. Dazu finde ich aber nichts. Hat da mal jemand ein Urteil? Vorstellen kann ichs mir nicht - da ja dann bei jedem Pärchen, welches zu zweit nebeneinander fährt, der Gegenverkehr mal kurz anhalten müsste. Ich denke die 1,50 bzw. 2 m gelten nur in der gleichen Fahrtrichtung.
1) Die "Gültigkeit" des Abstandes wird per Analogie ja auch für das schlichte "Vorbeifahren" ohne formales Überholen (also: [KFZ auf Fahrbahn] vs. [Rad auf Hochbordradweg/Fußgänger auf Bürgersteig/Rad auf Radfahrstreifen]) hergeleitet. Infolgedessen wäre die Übertragung der Forderung auch auf mögliche Konflikte im Gegenverkehr nur konsequent.
2) Sofern diese aber nur durch das Nebeneinanderfahren von mehreren Radlern bedingt wären, läge eine Behinderung des übrigen Verkehrs vor, so dass das Nebeneinanderfahren dann aufgrund der StVO-Vorgabe zum Nebeneinanderfahren (§ 2 Abs. 4 Satz 1) aufgelöst werden müsste, und nicht etwa der Gegenverkehr anhalten/
bremsen müsste.
3) Entscheidende Voraussetzung für die rechtsdogmatische Zulässigkeit des Analogieschlusses ist die Frage, ob es plausible Gründe für die Annahme gibt, dass die Vorgaben von konkreten Abständen vom Gesetzgeber in anderen Situationen als beim Überholen von Fahrrädern und Fußgängern durch KFZ bewusst nicht fixiert wurden, oder ob er bloß bislang eine vermeintlich bestehende Gesetzeslücke übersehen und noch nicht geschlossen hat. Nur wenn Letzteres gegeben ist, wäre der Analogieschluss zulässig. In Anbetracht des Umstandes, dass die StVO seit knapp 100 Jahren trotz Abermilliarden von Konflikten noch nicht entsprechend angepasst wurde, lässt eigentlich nur die Schlussfolgerung zu, dass es durchaus Absicht des Gesetzgebers war, dass er keine weiteren Abstandsvorgaben konkretisiert hat.
4) Aus (3) folgt, dass schon die Grundannahme aus (1) falsch war. Weder gilt für das Vorbeifahren an Rad/Fuß außerhalb der Fahrbahn der neuerdings konkretisierte Überholabstand, noch lässt sich die Abstandsregel auf den Gegenverkehr anwenden.
5) Eine bislang regelmäßig übersehene Konsequenz aus der allzu großzügigen Anwendung des Analogieschlusses ist übrigens, dass man die Abstandsforderung dann auch auf das Verhältnis von Radfahrern untereinander -und zwar beim Überholen, im Gegenverkehr und auch beim Nebeneinanderfahren- übertragen müsste. Schließlich ist das wesentliche Argument für die Festlegung von Seitenabständen die schwankende Fahrlinie der pedalgetriebenen einspurigen Zweiräder und die jederzeit bestehende Möglichkeit, dass der Radfahrer wie ein Sack Kartoffeln zur Seite kippen könnte. Diese beiden Aspekte gehen nicht dadurch weg, dass der andere Verkehrsteilnehmer kein KFZ führt, sondern sie potenzieren sich im Gegenteil noch dadurch, dass beide gleichzeitig und unvorhersehbar unter den beschriebenen Phänomenen leiden könnten. Die unbedachte kategorische Anwendung des Analogieschlusses auf alle Abstände zu Radfahrern würde somit dazu führen, dass Radfahrer untereinander eher mehr, mindestens aber genau so viel, Abstand halten müssten, wie für das Überholen mit KFZ vorgeschrieben ist.