Es ist einfach fatal, wie schnell unsere Gesellschaft auf die Schiene der Schuldzuweisungen und persönlichen Verantwortlichkeiten verweist, wenn Übergewicht im Spiel ist. Das habe ich mein halbes Leben lang immer wieder selbst erleben müssen und weiß daher, wie bevormundend und letztlich völlig (!!) unproduktiv das für Betroffene und deren Angehörigen ist. Diese unverschämte Überheblichkeit von Außenstehenden, die weder Einblick noch Ahnung haben und sich dennoch regelmäßig ein weitgreifendes Urteil erlauben.
Es gibt einfach ganz breite Faktoren, die zu einem "Ist" Zustand führen. Ich kenne viele Seiten, Seiten, wo die Eltern durchaus eine Mitschuld haben, also wirklich eine Mitschuld, aber auch Familien, wo die Eltern überhaupt keinen Einfluss hatten und die Kinder nicht über die eigene Ernährung vorgeprägt haben.
In einer befreundeten Familie haben wir gerade das Gegenteil, da ist das Mädchen, ebenfalls 11 Jahre, viel zu dünn und leidet quasi an einem Red-S. Und da ist familiär soweit alles in Ordnung, Eltern gebildet und schlank / sportlich etc.
Es ist immer super einfach von extern pauschale Urteile zu treffen, was diese aber nicht verändert, ist der IST Zustand.
Und, was es insbesondere mit den Kindern macht, wenn die Gesellschaft auf sie zeigt, oder auf die Eltern, mit dem Urteil, die Kinder wurden von den Eltern dick gemacht. Sowas hinterlässt immer Spuren. Die Kinder leiden am meisten, sie können aber nichts dafür. Egal, ob sie vielleicht eine genetische Veranlagung haben, eine Stoffwechselerkrankung oder aber durch Fehlernährung der Eltern. Das ist egal. Total egal, denn das Problem bleibt und die Auswirkungen auf das weitere Leben. Und oft regelt sich sowas durch die Pubertät auch wieder ein, wenn man am Thema und vor allem am Kind bleibt.
Und die Gesellschaft sollte da lieber unterstützend reagieren oder lieber gar nichts sagen, als irgendwoher einen Schuldigen zu benennen. Wie heisst es so schön: Wenn man keine Ahnung hat, lieber mal den Schnabel halten.
Den Kindern, je älter sie werden, geht es damit schon beschissen genug.
Übrigens, ich war als Kind immer untergewichtig. 10-15 Kilo. Und ich hab gefressen wie ein Scheunendrescher. Man hat mich das genervt, wenn sich irgendwer berufen gefühlt hatte, irgendwie was über mich zu sagen, am besten noch zu sagen: "Nimm doch noch nen Stück Kuchen, du bist zu dünn".
Vor zwei Jahren war ich dann zu dick, aus Gründen. 30 Kilo zuviel. Und was erlebte ich? Dauernd Sprüche ob ich schwanger wäre etc. Vor allem von Männern, die sich berufen fühlten, aus "Witz" irgendwelche Sprüche über meinen Körper zu machen.
Das ich Gründe hatte, so auszusehen, weil mir Sport, Fitness, ich mir selber gerade egal war, das hat niemand beachtet.
Aber mich hatte es tief verletzt, so der Gesellschaft ausgesetzt zu sein. Und wenn mich das als Erwachsenen so verletzt, wie gehts dann den Kids?