Ich habe leider den Artikel, den ich eigentlich im Kopf habe, nicht mehr gefunden. Dafür ist mir dieser hier bei der Suche auf meiner Festplatte in die Hände gefallen (verlinkt und nicht hochgeladen, damit es keine Diskussionen über Urheberrechte gibt...). Ist im Grunde das gleiche in grün...
http://www.sudibe.de/articles/studienarbeit_schulz.pdf
Dabei geht es um die (irrige) Annahme, ein Laufrad würde sich unter Last zu einem Oval verformen (wie sie bis in die 80er Jahre offenbar populär war). Wie auch später in Deiner Quelle geschrieben, ist der aktuelle Kenntnisstand, dass sich die Felge unter Last in dem Bereich abflacht, in dem die Gewichtskraft durch Fahrer & Rad wirkt. Ob mit oder ohne
Reifen ist dabei vollkommen egal, das hat höchstens Auswirkungen auf den Bereich in dem die Kraft auf die Felge wirkt.
Das ist auch vollkommen klar, da es sich um eine Arbeit aus dem Bereich der Architektur handelt. Das ist nicht abwertend gemeint, aber der Fokus der Arbeit liegt schlicht auf einem anderen Bereich als der Messung von Krafteinwirkungen auf ein Laufrad. Darum schrieb ich, Du solltest die ganze Abhandlung (bzw. den verfügbaren Ausschnitt) noch ein mal lesen. Zu der Quellenarbeit gehört auch, dass man sich über den Ursprung der Quelle und die Absicht, die der Verfasser damit verfolgt hat, anschaut.
Wie soll sich denn Deiner Meinung nach die Felge verformen, wenn sich "zuerst" (wenn man das so schreiben kann) die Zugkraft der Speichen reduziert wird? Dann würde die Felge ja weniger nach innen gezogen und müsste sich eher nach außen verformen - und nicht nach innen.
Ich habe bereits in meinem ersten Beitrag geschrieben, dass ich im RR-Bereich wenig Erfahrung habe und die modernen, z.T. höheren Felgenkonstruktionen durchaus mehr radiale Steifigkeit mitbringen, als es bei MTB-
Felgen und/oder alten Modellen der Fall ist. Aber ganz ohne Verformung kann man auch hier nicht fahren. Und je weniger Speichen (RR) in einem LR stecken, desto höher ist die Kraft, die auf einzelne Speichen wirkt (wenn auch nicht 1:1).
Edit: man beachte in der von mir verlinkten Arbeit, dass auch axiale Lastfälle (z.B. Wiegetritt, Kurvenfahrt etc.) betrachtet wurden. Eine radial steife (weil hohe) Felge kann bei radialen Lasten nützlich sein, bringt aber nicht automatisch eine hohe axiale Steifigkeit mit sich (wenn auch die Speichen kürzer und die Speichenwinkel damit günstiger werden). Es ist also nicht alles "gut", weil ich eine hohe Felge verbaue. Die Elastizität der Speichen begünstigt auch den Erhalt der Spannung im Laufrad bei axialer Belastung.
Die kenne ich auch. Nun geht es dem Autor um das "Chippen" der Felge. Aber er hat sich das mal genau betrachtet und dankenswerter Weise auch was gemessen:
Seiten 18 und 19, Tabellen 5 und 6 solltest Du Dir mal ansehen:
Er hat gemessen, wie weit die Felge einfedert ( genauer gesagt, das Rad):
In Tabelle 5 findet man Werte für ein und die selbe Belastung mit jeweils anderen Speichen. Ich nehme mal nur die gekreuzte Variante ( es geht um den Vergleich radial zu tangentialer Einspeichung, was aber im Moment nebensächlich ist). Weinmann 2317 Felge, 36 Speichen ( leider ohne Angabe, ob mit oder ohne
Reifen, ich gehe mal von "ohne" aus, das misst sich auch besser):
Speichendurchmesser - "Felgeneinfederung"
1,6 mm: 0,1386 mm
1,8 mm: 0,1149 mm
2,0 mm: 0,0971 mm
Jetzt sollte doch etwas auffallen. Je steifer die Speichen, desto kleiner ist die Verformung des Rades. Und schau Dir auch gleich die Größenordnung der Beträge an.
Deiner Argumentation nach bedingt die Verformung der Felge den Abfall der Speichenspannung, was nebenbei gesagt so ziemlich das Gleiche ist, wie die überholte Vorstellung von der "Ovalisierung". Die haben ebenfalls die Felge "isoliert" betrachtet.
Folgt man Dir, müßte die Verformung immer gleich sein. Aber die Be- und Entlastung der Speichen ist immer gleich, aber die Verformung unterschiedlich.
Die Verformung ist also abhängig von der Eigensteifigkeit der Speichen und natürlich auch der Felge, bei gleicher Belastung versteht sich.
Der hat nun ein symmetrisches Rad vermessen mit gleichen Speichen. Was passiert nun bei einem asymmetrischen Rad? Messen ist natürlich besser als nachdenken, geht aber gerade nicht.
Bei gleichen Speichen dürfte sich nichts weiter ändern, auch wenn die Vorspannung unterschiedlich ist, aufgrund der verschiedenen Winkel. Bei unterschiedlichen Speichen dürften aber die steiferen die Hauptlast übernehmen und die Verformung durch weniger belastete Speichen minimal größer werden.
Schon damit wäre dieser Grundgedanke der unterschiedlichen Bespeichung hinüber.
Auf der anderen Seite steht zudem, dass Deine eigentlich ganz fein austarierten Berechnugnen der Dehnungen, bei derartig kleinen Verformungen ( die Weinmann ist eine ziemlich flache Hohlkammerfelge) gar nicht zum Tragen kommen. Ein Pneu dürfte diese noch einmal verringern: Das "schwächste", bzw. das elastischste Element gibt auch zuerst nach. Was aber bleibt, ist Be- und Entlastung der Speichen.
Es "passiert" auch nicht das Eine oder Andere "zuerst", sondern "gleichzeitig". Bei einem gespanntem System muß man sozusagen alles "zusammen denken".
Und jetzt noch ein "Schwank" aus der Praxis. Ich behaupte das ja nicht einfach aufs Geratewohl. Irgendwann habe ich selbst ein Haufen ungereimtes Zeug erzählt, auch wenn es eine ganze Weile her ist. Und entsprechend Räder gebaut.
Das gehört auch ein wenig zum Lernprozess dazu, wie auch buchstäblich "Lehrgeld" zu zahlen:
Unter höheren Belastungen ist nichts durch differenzierte Bespeichung gewonnen, aber gerne mal verloren. Die verlorene Seitensteifigkeit ( je nach Sichtweise) tut ihr übriges. Es gibt auch praktisch keinen Unterschied zwischen zu gering gespannten dicken oder dünnen Speichen. Das ( schlechte) Ergebnis ist immer das Selbe.
Aber das bekommt man erst mit, wenn man wirklich ein paar Räder mehr gebaut hat und das auch noch mit seinen eigenen Mitteln verantworten muss. Aber Scheiße muss man eben auch mal gebaut haben, sonst wird man kein Profi.
Die differnzierte Bespeichung gehört zu einem guten Teil einfach in den Bereich der "Fahrrad-Esoterik". Meistens macht man das Rad nicht besser, bestenfalls fällt es einfach nicht weiter auf.
Aktuell habe ich selber ein 32 Speichen Hinterrad mit 1,5 zu 1,8 mm Speichen . Das ist auch unauffällig. Der Grund war aber schlicht ein wenig mehr Steifigkeit bei noch geringerem Gewicht zu haben. sonst nichts. Und das ist auch der einzige Grund, warum ich das überhaupt noch mache.