Ich erinner mich gerne an meine Zivizeit, in der ich im vollen Bewußtsein aboluter Talentfreiheit in einer Thekenfussballmanschaft herumdilletierte.
Ein Höhepunkt bei den Matches gegen andere talentfreie Thekenmannschaften war stets die Halbzeitpause, in der Spielergattin E. zu uns gestürmt kann, sich verstohlen umschaute, um dann jedem von uns mit Verschwörermiene ein Täfelchen Dextro-Energen zuzustecken, leise raunend: "Hier nimm - das macht Dich wieder fit".
Man wird den Eindruck nicht los, dass so Mancher hier ein ähnlich weichzeichnerisch-harmloses Bild des Dopingbusiness kultiviert, um sich seine naive Heldenverehrung nicht mehmen lassen zu müssen.
Dopingoptimerung hat aber nix mit Traubenzucker oder dem leckersten Powerbar zu tun, sondern heute vor allem mit Drogen heftigsten Kalibers, die erhebliche - lebensgefährliche - Nebenwirkungen haben, verschreibungspflichtig sind und deswegen nur illegal beschafft werden können. Kundennamen werden codiert und Geschäftliches am Telefon nur verschlüsselt besprochen. Die Drogen werden dann von vertrauenswürdigen Kurieren über die Grenze geschmuggelt, oder man verdünnisiert sich abends noch mal schnell aus dem Hotel, um seinen kasachischen Dealer /Blutwäscher zu treffen.
Die Kohle wird entweder als "Vitaminlieferung auf Eis" oder "Erstellung von Trainingsplänen" in den Büchern versteckt oder aber gleich schwarz in Einkaufstüten überreicht. Abtrünnige werden aus der Familie "gemobbt" und müssen ihre Existenz drangeben, und manche der ehrgezeigeren, talentierten und mutigeren 20jährigen bleiben tot im Bett liegen, wenn sie mit dem Spielzeug der Großen experimentieren. Haben halt Pech gehabt. Da wächst aber genug nach...
So gänzlich abwegig ist der Begriff "Mafiöse Strukturen" also nicht.
Es ist unübersehbar, dass dieses System den professionellen Radsport nahezu komplett im Griff hat.
Wenn dann ein bis zum Schnabel mit künstlichen Hormonen befülltes Masthähnchen auf irgendwelchen Berghängen einen absurden Tanz aufführt - soll ich es auch noch bewundern?
Die Leistungen die dort dargeboten werden, sind letztlich genauso hypertrophiert und häßlich anzusehen wie die monströse Muskulatur eines professionellen Bodybuilders. Man schaut hin, weil man die ursprüngliche Idee noch erkennt, aber schön isses nicht mehr.
Tot is übrigens auch Jaques Anquetil, der an Magenkrebs starb.