Aber mal im ernsthaft. Wenn ich auf der Straße in die Pedale trete, dann pendelt mein Rad hin und her - im Wiegetritt um ein vielfaches stärker.
Wenn diese Kräfte plötzlich alle in den Rahmen gehen, wir reden hier bei einer 90er Trittfrequenz von 5400 untypischen Belastungen in einer Stunde, dann macht der Rahmen irgendwann schlapp. Die Kraft geht ja nicht mehr in Richtungsänderungen über. Eine Büroklammer kann ich auch zehn- oder zwanzigmal hin und herbiegen, aber irgendwann ist sie war, weich und durch...
Ja, auf den ersten Blick könnte man meinen, nur durch das Einspannen würde der Rahmen so richtig stark belastet.
Tatsächlich wird aber die Belastung durch die (beim eine mehr, beim anderen weniger große) Kraft der Beine bewirkt. Deinem Gedankengang folgend würden die Kräfte durch das Pendeln aufgenommen und der Rahmen wenig oder gar nicht belastet. Das ist nicht so, wie man sich leicht klar machen kann: Keine Belastung für den Rahmen hätte man, wenn man auf das Pedal tritt und den Rahmen nicht festhält. Unweigerlich würde der Rahmen wegen des über das Pedal eingebrachte Drehmoment zur Seite fallen. Dem Drehmoment entgegen wirken kann man im Wiegetritt nur über den Lenker. D.h. ich bringe über die Lenkerenden so viel Kraft ein, dass das Rad weitestgehend gerade bleibt. Dieses Gleichgewicht der Drehmomente muss unabhängig davon gelten, ob ich nun auf der Straße oder auf der Rolle fahre. Es unterscheiden sich nur die Einleitungspunkte der Kräfte. Auf der Straße ist es eben nur der Lenker, auf der Rolle kommt der Hinterbau dazu. Der Hinterbau ist aber der stabilste Teil vom Fahrrad, der als Stabwerk prädestiniert ist, diese Kräfte aufzunehmen. Die von der Rolle eingebrachten Kräft gehen als Zug- und Druckkräfte über die Ketten- und Sitzstreben in den Rahmen, während die am Lenker eingebrachten Kräfte zu einer Belastung des vorderen Bereiches des Rahmens mit einem kräftigen Drehmoment führen. Lange, schlanke Körper wie Rahmenrohre werden natürlich lieber mit Zug- und Druckkräften als mit Drehmomenten belastet. In der von andreas_s zitierten Studie kann man das ganz gut an dem hohen grauen Balken für die Belastung des Unterrohrs beim Wiegetritt auf der Straße sehen. Das ist genau das Drehmoment von den Lenkerenden auf dem Weg zum Tretlager (@andreas_s: Den Artikel zitiere ich auch immer gerne
http://www.rennrad-news.de/forum/threads/doch-lieber-freie-rolle.105890/#post-2308536 ).
Die Bewegung des Rahmens beim Wiegetritt führt sogar eher noch zu einer Erhöhung der Belastung. Durch den Körpereinsatz bewege ich ja den Rahmen beim Tritt auf das rechte Pedal nach links, also entgegengesetzt der Belastung durch das Pedal. Ich bringe also am Lenker mehr Drehmoment ein, als für die Stabilisierung in der Senkrechten notwendig wäre. Das ist aber ein minimaler Effekt, der quantitativ zu vernachlässigen ist. Zahlenmäßig sind die Drehmomente (fast) im Gleichgewicht.
Das Beispiel mit der Büroklammer trifft es insofern nicht ganz, als dass die Büroklammer im plastischen Bereich, also (weit) jenseits der Streckgrenze, belastet wird. Der Rahmen wird aber im elastischen Bereich belastet und ist dauerfest auf Lastwechsel von vielleicht 10^8 ausgelegt. Also auch von dieser Seite aus Entwarnung.
Warum jetzt der Rahmen von Schalom gebrochen ist? Kann eigentlich nur ein Materialfehler / Fertigungsfehler beim Schweißen gewesen sein, der auf der Straße wahrscheinlich genau so aufgetreten wäre. Höchstwahrscheinlich noch viel eher, weil die Belastungen beim Durchfahren eines Schlaglochs zu wesentlich höheren Belastungsspitzen führen als die gleichmäßig an- und abschwellenden Kräfte beim Wiegetritt auf der Rolle.