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Reisebericht /// Dresden - Rom / vollständig !!!

Tag 11 / Ein freier Tag in Chioggia

Gelesen habe ich über Chioggia vom "Kleinvenedig". Und so suche ich die vielen Kanäle, und finden tue ich nur einen, der mit seinen Brücken zwar entfernt an Venedig erinnert, aber eben, wo sind die vielen kleinen Kanäle, die Venedig so reizvoll machen !? Heute, an meinem radfahrfreien Tag, gehts schon bei Sonnenaufgang auf ErkundungsTour. Ich laufe, auch schon am Vorabend, mehrfach den Corso del Popolo, die Flaniermeile von Chioggia, rauf und runter, mache von hier aus Abstecher nach links und rechts, besteige den Turm und fotografiere viel am besagten, einen Kanal. Ich zähle die Kilometer nicht, wenn ich etwas Interessantes sehe, laufe ich hin. So verbringe ich den Vormittag, nur unterbrochen vom Frühstück und dem Kartenschreiben in einem Café.
Die Karten, die ich direkt vor der Post in einen der beiden Postkästen werfe, werden 3 Wochen brauchen, bis sie in Deutschland ankommen.
Zum Nachmittag nehme ich dann doch noch mal das Rad, fahre rüber nach Sottomarina, mache mir ein Bild vom Treiben an "einem der beliebtesten Seebäder der nördlichen Adriaküste".


Mit dem Fährboot von Pellestrina nach Chioggia


Chioggia - am malerischen Hauptkanal, den Vena-Kanal


Fischmarkt in Chioggia


Eine der vielen Bars, Restaurants, Cafes am Corso del Popolo.
 
Tag 12 / 11.08.2021 / Chioggia-Lido di Classe / 130km+400Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-a226e45--54

Lange habe ich überlegt, ob es sinnvoll ist so zu fahren, denn es gibt von Chioggia bis nach Ravenna grob gesagt nur diese eine Hauptverbindung, die SS309. Ich fürchte den Verkehr, fürchte den Gegenwind. Doch meine Befürchtungen sind fast unbegründet. Es ist zwar leidlich viel Verkehr, vor allen an den Knotenpunkten, doch der Italiener verdient hier mal ein dickes Lob: es gibt auf der Straße fast durchgängig einen guten und breiten Seitenstreifen zum Radfahren. Und ich fahre wie von der Tarantel gestochen, ein leichter Rückenwind gibt mir Anschubhilfe. Und so habe ich gegen 11 Uhr die 100er Kilometermarke geknackt, bin in Ravenna. Von hier aus geht es auf Radwegen durch einen Pinienwald bis zum Meer, das ich noch einmal sehen will.

Lido di Classe ist, wie alle Küstenorte, voll auf Strandurlaub ausgelegt. Doch es gibt etwas nördlich ein Naturschutzgebiet. Ein Teil davon ist zugänglich und ich hoffe hier den Massen zu entgehen. Der Pinienwald, den ich durchfahre, scheint riesig, ich fahre ewig. Doch gerade das ist es, was den übergroßen Teil der Urlauber abschreckt, was mir Gelegenheit gibt, noch einmal ohne viel Trubel in die Adria zu springen. Der Ort ist nicht schön, auch mein Bad im Hotel nicht. Essen gibt es in den wenigen Restaurants erst nach 19 Uhr. Also hole ich mir 2 Burger in einer Imbissbude - der Hunger treibts rein !


Morgenlicher Start in Chioggia Richtung Ravenna


Ich habe wenig Infos über eine direkte FahrradVerbindung zwischen Chioggia und Ravenna gefunden. Die SS309 ist aber als HaupVerkehrsAder auch für das Fahrrad ganz passabel - es ist fast durchgängig ein breiter Seitenstreifen vorhanden.


Der Fluss PO.
Viel im Geschichtsunterricht davon gehört. Damals, vor fast 40 Jahren, erschien dieses Ziel für einen Sachsen unerreichbar.
... aber jetzt fahre ich live und mit Staunen über den Fluss (auf der Brücke hinten), der sich ab hier zum Delta verbreitet, in die Adria mündet.


Flamingos live :)


Bei Ravenna geht es Richtung Meer durch einen Pinienwald nach Lido di Classe


Meine Badestelle am Rande vom Naturschutzgebiet, einige Kilometer weg von Lido di Classe.
Der Sand ist in der Sonne glühend heiß, ich verbrenne mir die Fußsohlen, spüre das bis zum nächsten Tag.
 
Tag 13 / 12.08.2021 / Lido di Classe-Pieve Santo Stefano / 113km+2730Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-9d741ec--48

Die letzten 3...4 Tage habe ich mit Grausen an diese Etappe gedacht, denn die zu überwindenden Höhenmeter sind ähnlich wie bei der Glockneretappe.
Die ersten 60 Kilometer sind erst einmal relativ flach, doch der Wind ist nicht so gütig wie gestern, kommt leicht von vorn. Mit dem beginnenden Vormittag und den ersten Hügeln sind unheimlich viele Rennradfahrer unterwegs. In Sarsina sehe ich dann aber die letzten und wenig später offenbart sich mir auch warum. Eine weiße Straße auf der Karte bedeutet nicht etwa, dass diese befestigt ist, dass man darauf mit einem Fahrrad fahren kann. Das wird mir hier und live auf leidensvolle Weise bewusst. Ab Tageskilometer 62 geht es nicht nur unfahrbar steil nach oben, nein, es ist auch ein brutal grober Schotterweg auf dem ich nun bin. Dazu kommt, gegen 10 Uhr, die unbarmherzig, knallende Sonne. Und wenn die StraßenbelagsTortour auch nach 3 Kilometern endet, ich auf Asphalt weiter fahren kann, endet der Weg nach oben nicht. Gegen 12 Uhr befinde ich mich in der 2ten Steigung. Die ist zwar moderater, doch ich bin am Ende meiner Kraft. Auch wenn ich vorgestern in Chioggia weniger agil war, so will ich hier erinnern: ich sitze seit (fast) 13 Tagen täglich 7 Stunden auf dem Rad, an dem an die 20 Kilogramm Gepäck befestigt sind. Gestehen will und muss ich: diese kommenden Tage bis Rom habe ich von der Streckenführung und den zu bewältigenden Höhenmetern im Vorfeld völlig unterschätzt.
Die Straßen auf der Abfahrt sind nicht die besten. Oftmals ist der Asphalt aufgebrochen, zum Rande zu heruntergebrochen. Durch Unachtsamkeit hier mit den dünnen Reifen hineinzugeraten kann schwere Folgen haben. Aber die Landschaft ist wunderschön, das ist was fürs Auge und ich halte oft an, mache einen langen Blick in die Runde.

Noch heute und schon bei der Planung beschäftigt mich die Frage nach dem Befahrendürfen auf diesem Streckenabschnitt:
https://www.alltrails.com/de/explore/map/mit-dem-rennrad-fahrbar-d16509f
Eigentlich wollte ich vorher jemanden befragen, hatte mir dazu extra einen Kartenausschnitt mitgenommen. Doch viel zu schnell komme ich in meiner Abfahrt auf diese "SS3bis" - einer Autobahn ähnlichen Schnellstraße, die hier eine riesige Brücke ist, die ein Tal überquert. Höchstgeschwindigkeit 50km/h, weil wegen Bauarbeiten die beiden Doppelspuren auf 2 Einzelspuren verlegt sind. Ich schwöre, ich sehe keine mir geltenden Verbotsschilder, kann aber auch gar nicht schnell genug gucken und reagieren, alles ist Sekundensache, und plötzlich ist klar: jetzt kommt das fragliche Stück ! ... und da bin ich auch schon drauf. Umkehren unmöglich, weil es runterzu geht und durch Bauarbeiten wie geschrieben einspurig zugeht. Es ist zum Glück wenig Verkehr. Ich werde 2 mal angehupt, einmal davon mit einem wohlwollenden Daumen nach oben.

Durfte ich ? Oder durfte ich nicht ?

Trotz aller Strapazen bin ich 14:30 in Pieve Santo Stefano. Ich gehe erst einmal kalte Getränke kaufen und esse meine Frühstückreste. Hier sehe ich die ersten Pilger, erkennbar an dickem Rucksack und Wanderstab, sehe außerdem die kläglichen Anfänge eines fast ausgetrockneten Tibers. Meine Unterkunft liegt außerhalb des Ortes und heißt "B&B Dagnano Basso". Ein feines Häuschen, mit 2 oder 3 sauberen, liebevoll eingerichteten Zimmern mit Dusche. Unten gibts einen riesigen, rustikalen Frühstücksraum. Geführt wird das ganze von einem älteren Ehepaar. Die Aufnahme ist herzlich, SIE spricht deutsch. Schon 2 Nächte hier, ein deutsches MotorradPärchen aus München, das noch eine riesige Runde durch Italien drehen will. Es wird ein geselliger Abend, denn die Gastgeberin bietet sich an, ein Abendessen zu bereiten, was sich als überreichlich und vielseitig entpuppt.


Und wieder ein malerischer Start in den Tag.


Die ersten 60 Kilometer sind relativ flach. Doch in der Ferne ist schon die Herausforderung zu sehen: das Appenin-Gebirge.


BORA - ist nicht nur ein Fallwind - ich habe ihn in Kroatien beim Radfahren erleben müssen - nein, hier wird ihm mit den beginnenden ersten Appenin-Hügeln in Form einer Ortschaft auch noch ein Name gesetzt.


Idyll am Straßenrand


Es geht mehr oder weniger immer an der Schnellstraße entlang, die mir später fast zum Verhängnis wird (s. Text oben).
 

Wieder mal muss ich schreiben: sieht relativ flach aus, ist es aber nicht !!!
Ich kämpfe mich hier bei sengender Sonnenglut einen Stich hinauf, der als Straße angegeben, total verschottert ist. Ich schiebe mehr, als ich fahre, fluche vor mich hin.


Vor einer halben Stunde war ich noch unten an der Schnellstraße unten.
Ein guter Vergleich, mit was für Höhenunterschieden man hier zu kämpfen hat.




Die Anfänge des "Tibers"


Der Tiber, fast ausgetrocknet, in Pieve Santo Stefano



Meine B&B Unterkunft nahe Pieve Santo Stefano, die B&B Dagnano Basso.
Ich kann dieses Kleinod nur empfehlen. Neben der HotelAnlage in Rom ist das hier die schönste und freundlichste Unterkunft meiner Reise.


Blick in die Abendsonne und auf die hauseigenen Esel der Unterkunft.
 
Tag 14 / 13.08.2021 / Pieve Santo Stefano - Pienza / 102km+1800Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-4b0a59d--50

Ursprünglich verlief meine Route im letzten Teil direkter und wohl auch leichter nach Rom. Aber es gibt diesen für mich faszinierenden Film namens "Gladiator" mit Russel Crowe, bei dem 1...2 Schlüsselszenen direkt vor Pienza, im Val d’Orcia gedreht wurden. Ich hatte mitbekommen, dass dieses vielgepriesene Tal nicht eben weit weg liegt und beschloss diesen Umweg mit in meine Gesamttour einzubauen.

Die Sonne ist noch nicht über die Berge, es dämmert, als ich losfahre. Es geht locker am halbleeren Stausee Lago di Montedoglio entlang, der den Tiber aufstaut. Die Temperatur ist angenehm, auch weil es leicht bedeckt ist. Immer in Sichtweite: die Schnellstraße, die ich gestern mit zitternden Knien kurz befuhr. Das Höhenprofil meiner Strecke gibt mir wieder einmal nicht das wieder, was ich dann auf dem Rad fühle und erlebe. Gegen 8:30 habe ich 44 Kilometer und warte auf den Beginn des Berges, der in der Mitte des Höhendiagramms eingetragen ist. Dass es nach oben geht merke ich wohl, aber es fährt sich, gegenüber dem, was ich da in der letzten Zeit "durchmachen musste" total leicht.
Ach, wenn nur alle Pässe so leicht zu fahren wären - Grüße an den Passo la Foce !
Es geht jetzt abwärts und ich sehe Landschaft wie ich sie von Bildern kenne, wie ich sie mir vorgestellt habe. Ich komme aus dem Schwärmen nicht heraus, denn das alles wollte ich mal live und mit eigenen Augen sehen. Es geht über Castiglion Fiorentino, es geht durch das Valdichiana und dann geht es wieder hügelig bergauf, Pienza entgegen. Hier komme ich gegen 13 Uhr bei höllischen 40 PlusGraden an. Die Altstadt liegt, wie zu erwarten, auf einem Hügel, ist wunderschön und es riecht in den Gassen nach dem hier typischen Käse. Meine Unterkunft ist ein B&B Zimmer in historischem Haus, das schon über 1000 Jahre hier stehen soll. Auch das wollte ich schon immer mal: historisches Gemäuer nicht nur von außen sehen, sondern auch von innen - heute schlafe ich sogar darin. Es wird ein schöner Abend, mit leckerer Pizza und einem schönen Sonnenuntergang an der Stadtmauer, mit Blick auf toskanisches Land und, was ich jetzt noch nicht weiß und einschätzen kann, auf die Strapazen des nächsten Tages.


Der aufgestaute Tiber in Form eines halbleeren Stausees hinter Pieve Santo Stefano.


Blick ins TiberTal. Es ist gegen 8 schon unheimlich heiß. Der Nebel wird nur durch die Feuchtigkeit einer Beregnungsanlage hervorgerufen.


Abfahrt vom Passo la Foce


Blick ins Chiana-Tal in das ich jetzt hinab fahre
Castiglion Fiorentino


Abfahrt ins Chiana - Tal


Hier bin ich durchs Chiana-Tal hindurch, kämpfe mich zum Tagesziel, nach Pienza, neue Höhen hinauf.
 
Tag 15 / 14.08.2021 / Pienza-Montefiascone / 106km+1950Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-94c7bb5--46

Voller Ambitionen beginne ich den Tag, und verfehle gleich mal die Richtung, verfahre mich einen Kilometer. Dann geht es steil auf einem mountainmäßigen Fußpfad hinab, auf den Weg mit den Zypressen aus dem Gladiator-Film. Dass ich nicht DAS sehen werde, was mir vorschwebte, ahnte ich bereits. Ich komme schon mal 14 Tage zu spät, alle Felder sind abgeerntet, es wird fleißig gepflügt. Geregnet hat es ebenfalls nicht, was die Senken zwischen den Hügeln mit leichtem Dunst versehen hätte. Was ich mir nun in meiner Gier nach der Film-Location mit diesen ersten Tageskilometern aufgeladen habe, sehe ich sofort. Ein Feldweg, ausgewaschen, steil, zu großen Teilen nicht fahrbar. Es geht hoch und runter, ich bin ständig am Schieben und fluche vor mich hin. Außerdem weiß ich mittlerweile, dass mir Sonne und Hitze ab 9 Uhr erbarmungslos zusetzen werden.
Danach geht es sehr hügelig weiter. Ins Rollen komme ich mit meiner Fuhre nur auf den Abfahrten. Radicofani, den höchsten Punkt des Tages, bezwinge ich gegen 9:35, fahre aber nicht hoch bis zum Castell. Der offizielle Radweg EV5, der bisher auf wunderbarem Asphalt verlief, geht runterzu plötzlich in eine abfallende Schotterpiste über. Ich mache nach 100 Metern wegen Nichtfahrbarkeit kehrt, fahre die Straße, habe damit aber eine vielfach bessere Option. Es zieht sich bis zum malerischen Bolsena See. Eine Badestelle finde ich dort leider nicht, alles ist überlaufen. Von der gut asphaltierten Straße versuche ich nun wieder auf den RadFernWeg EV5 zu gelangen, tue das auch, und bereue es sofort. Am Anfang ist der Pfad überhaupt nicht zu fahren, hochzu schon gar nicht, und auch mit einem bepackten Mountainbike hätte ich hier sehr schlechte Karten. Es ist mir unbegreiflich, wie man diesen Pilgerpfad als Radweg ausschreiben kann. Wenige Kilometer vor Montefiascone wird es besser. Mit der ersten Siedlung finde ich auch einen Supermarkt und versorge mich erst einmal mit frischem Getränk. Dann endlich bin ich da. Eine unheimlich steile, für mich nicht fahrbare StraßenGasse führt bis unterhalb vom Dom Santa Margherita und kurz davor habe ich meine Unterkunft. Doch Montefiascone ist für mich noch schöner als Pienza, ich verliebe mich sofort in diese Altstadt.
Wieder wohne ich innerhalb von altem, historischen Gemäuer. Nach der obligatorischen Dusche streife ich durch die Gassen, gehe hinauf zum Parco della Rocca und habe von hier aus eine wunderbare Aussicht auf den BolsenaSee


Steile Abfahrt von Pienza zur "Gladiatoren-Straße" hinab.


Hier irgendwo hat er gestanden: der Gladiator Russel Crowe, aus dem gleichnamigen Film !


Blick in die aufgehende Sonne nach Pienza
Toskana typisches Anwesen, zumindest das, was ich mir darunter vorstellte.


Leider ist der Weg nach der GladiatorStraße größtenteils unfahrbar für mich. Mit solchen Steilheiten der Hügel hatte ich auch nicht gerechnet.



GladiatorFilmDrehort Nummer 2
 

Die lange An- und Auffahrt nach Radicofani


Geschafft :) !


Der EV-5 - ein ausgeschilderter, großer Radweg - ist zugleich auch Pilgerweg.
Leider ist der von mir, hier oberhalb vom Bolsena-See stellenweise nicht fahrbar.


Montefiascone, mein heutiges Tagesziel.


Es geht steil in die Altstadt hinauf


Montefiascone - Blick durch das südliche StadtTor auf den Bolsena-See


Ein Denkmal für die vielen Rom-Pilgerer in Montefiascone.


Der höchste Punkt in Montefiascone, das Stadtwäldchen am Rocca dei Papi, bietet eine sagenhaften Blick auf den Bolsenasee. Leider kommt Punkt 20 Uhr der Rausschmeißer, schließt alle Zugangstore.
 
Tag 16 / 15.08.2021 / Montefiascone-Rom / 115km+1600Hm

https://www.alltrails.com/de/explore/map/map-37d097c--54

Die finale Tour - und die wird noch mal richtig hart !
Nach einer gut durchschlafenen Nacht bringt mich eine lange Abfahrt bei Sonnenaufgang aus Montefiascone heraus. Doch schon in Viterbo, ab TagesKilometer 18, beginnt die Plagerei mit einer langen Steigung, die im und ab dem Ort San Martino al Cimino in Unfahrbarkeit endet. Steigungsprozente von 20% lassen mich meine Fuhre schieben, ich kann einfach nicht mehr, bin platt. Wieder einmal hätte ich es leichter haben können, doch ich wollte den Lago de Vico und den Lago de Bracciano sehen. Gegen halb 11 haben zumindest die Berge ein Ende, ich bin am Braccianosee in Trevignano Romano und mache erst mal in aller Ruhe Frühstück. Wie an allen Seen, ists auch hier unheimlich malerisch und schön. Und das wissen auch andere, dazu ist es Hochsaison- viele Menschen also überall. Doch ich bin seit den letzten Tagen getrieben davon, anzukommen. Ich sauge mich mit den Bildern solcher Highlights voll, schwinge mich wieder aufs Rad und versuche Kilometer zu spulen. Sonne und hohe Temperaturen machen mir zu Hause nichts aus, aber hier ist es anders, Temperaturen um die 40 Grade im Plus am späten Vormittag, die Sonne knallt, ich schleppe mich dahin.
Obwohl kaum spürbar, ist es die letzten 20 Kilometer leicht abfällig, die Ortschaften gehen nahtlos in Rom über. Der Verkehr ist nicht so stark, wie ich befürchtete, es ist Sonntag, es sind Ferien und die Leute sind im Urlaub.
Dann endlich der Tiber ! Ein Strom, gezwängt in einen künstlichen Canyon, Flutschutzmauern links und rechts, völlig anders, als das Rinnsal, das ich in Pieve Santo Steafano sah. Im Rausch, des von Bildern und Freude Überwältigten, fahre ich am Ufer entlang, fahre zur Engelsburg, fahre zum Petersplatz. Ein kaltes Getränk, von einem der vielen Stände, puscht mich noch einmal. Realisieren kann ich das alles noch nicht richtig, es ist einfach übergroße Freude in mir – ich habs geschafft ! Ich bin von meiner Haustür aus 1600 Kilometer bis Rom mit dem Fahrrad gefahren !


In der Ferne Montefiascone.
In Viterbo beginnt eine elendige, 10 Kilometer lange Steigung zum Vico-See hinauf.


Die Steigung in San Martino al Cimino, 20% und mehr !


Am Lago di Vico herrscht schon frühs reges Treiben.


Am Lago di Bracciano, unweit vor ROM.
 

Kurz vor Rom


Diese 41°C sind kein Fake !
Ab halb 10 steigt die Temperatur unaufhörlich, geht gegen Mittag bis zu dieser alles sagenden Zahl.


TiberRadweg in Rom


Blick zum Petersdom


Der ultimative Punkt aller Pilgerer und Touristen: Petersplatz mit Petersdom
 
Rom / 16.08. – 18.08.2021

2 Tage habe ich Zeit für Rom, wohne im Viertel Trastevere, in einer wunderschönen Hotelanlage.
Am Montag mache ich mich schon bei Sonnenaufgang mit dem Rad auf den Weg zum Kolosseum, stoße hier auf wenige Menschen, dafür auf unheimlich viel Müll vom Wochenende. Auch wenn man gerade dabei ist diesen zu beseitigen, so bleibt mir Rom als schmutzige Stadt in Erinnerung. Ein DualSystem für recycelbare Flaschen oder Papier scheint es nicht zu geben. Jeder schafft alle (!) Abfälle in eine der großen Tonnen, die in jeder Straße stehen. Ist diese voll, wird der Müll daneben geworfen. Und kommt ein Windstoß, dann fliegt das Zeug durch die Gegend. Auch die Touristen tragen einen Großteil zum Schmutz bei. Flaschenpfand gibt es nicht, also landen diese in den stets übervollen Müllkörben oder auf der Straße. Ein weiteres, für mich sofort ins Auge fallendes Problem, sind die vielen Elektroroller und Fahrräder, die überall und an den unmöglichsten Stellen herum stehen, die Gegend verschandeln. Ich darf gar nicht daran denken, wie viele davon auf dem Grund des Tibers liegen.

Bei allem Historischen, was ich in den 2 Tagen sehe, bleibt mir beim Anblick vor Staunen der Mund offen stehen. Es ist so viel, es ist beinahe zu viel, was sich hier in 2 Jahrtausenden angesammelt hat, was man ausgrub, was noch steht. Obwohl die bekannten Sehenswürdigkeiten untereinander erlaufbar sind, ist alles riesig, es ist für mich nicht fassbar, und ja, ich komme eben aus dem Staunen nicht heraus.

Nach meinem Ausflug zum Kolosseum gibt es nach 8 Uhr ein sehr gutes Frühstück in meiner Hotelanlage. Ich sitze dabei unter Orangenbäumen bei 25°C wunderbar im Schatten. Besser hätte ich es hier in Rom mit einer Unterkunft nicht treffen können, zudem zu einem bezahlbaren Preis. Trastevere, das Viertel in dem ich wohne, ist nicht soo groß und eigentlich habe ich ein gutes Ortsgedächtnis, doch ich verlaufe mich in den beiden Tagen stets bei der Suche zu meinem Hotel.

Bezeichne ich Rom als schmutzig, so setzt Trastevere noch einen drauf. Aber allen scheint das egal. Man sitzt abends in den Gassen, in und an den vielen Restaurants und Bars, lebt damit und genießt das Leben.

Nach dem Frühstück mache ich einen Stadtrundfahrt und verschaffe mir so einen Überblick. Ich habe Glück, dass ich zeitig bin, erwische einen Einzelplatz oben auf dem Freideck. Gegen 11 Uhr werden viele Leute stehen gelassen, weil der Bus voll ist. Das Hop on / Hop off System macht es möglich, bei einem von 8 markanten Punkten mit Sehenswürdigkeiten aus- oder einzusteigen. Ich fahre nach einer Runde bis zur Villa Borghese, einer riesigen Parkanlage, und laufe dann zurück. Touristen überall, doch ich finde, dass es nicht überlaufen ist. Auffallend für mich sind die vielen jungen Paare, die überall unterwegs sind. Gelegenheiten, etwas zu essen, gibt es genug. Die Pizza war und ist auf meinem Weg durch Italien sehrsehr schmackhaft und bildet meine Hauptspeise.
Abends geht es auf den Gianicolo, einen Hügel, der sich oberhalb von Trastevere bis in die Nähe des Vatikans erstreckt. Eine herrliche Sicht auf Rom hat man von hier und es wird ein weiteres schönes Erlebnis.

Am Dienstag laufe ich nach dem Frühstück zum Kolosseum Und zunächst habe ich auch vor dieses zu besuchen. Als ich gegen 10 ankomme, stehen allerdings schon unheimlich viele Menschen davor, sodass ich davon absehe. Also laufe ich um das Forum Romanum, den Palatin, den Circus Maximus. Unmöglich sich weitere Namen und Begriffe zu merken, alles ist gigantisch, ich bin völlig hingerissen von dem, was ich sehe. Über den Tiber geht es zurück in mein Viertel, nach Trastevere. Ich schlendere ziellos umher, esse Nudeln, die diesmal nicht schmecken und laufe zurück zur Unterkunft. Gegen den späten Nachmittag packe ich dann meinen Krempel, verpacke das Rad. Dann geht es noch mal zu Fuß auf die andere Tiberseite. Wie überall in Rom gibt es hier unheimlich viele Kirchen. Die Gassen laden zum schlendern ein, außerdem gibt es, anders als in Trastevere, auch richtige Geschäfte.
Obwohl ich nur einen Bruchteil sehe, so ist das historische Rom voll meins. Es gibt so viele Möglichkeiten etwas zu entdecken, sich anzuschauen, etwas zu erleben. Sollte ich wieder hierher kommen, dann mit Zeit und einem Plan, was genau ich machen möchte.


MontagMorgen am Kolosseum. Fast keine Menschen, alles ist noch ruhig




Der Müll vom Wochenende am Kolosseum


Konstantinsbogen


Spanische Treppe


Der Obelisk auf der Piazza del Popolo


Forum Romanum - die Reste des alten Rom, das was man ausgrub, was noch steht.






Eine der vielen Trinkbrunnen. Das Wasser läuft immer !!! - was für eine Verschwendung !!!
 
Nach Hause !

Am Mittwoch, frühs um 7, bringt mich ein Taxi für 60,- € zum Flughafen Rom-Fiumicino. Bei der Abfahrt vom Hotel fährt der Fahrer fluchend über Glasflaschen und den Müll, der in den Gassen vom Viertel Trastevere liegt.
Beim Einchecken für den Flug gibt es Probleme mit meinem Fahrrad. Wie alle Italiener spricht auch die Dame am Schalter schnelles und nuschelndes Englisch. Die Glaswand zwischen uns und die Maske tun ein Übriges. Ich verstehe nichts. Letztlich werde ich mein Rad ohne irgendwelche Kosten im Flugzeug mitnehmen dürfen ...
Der Heimflug ist wieder Erlebnis. Wir fliegen an Venedig vorbei, ich kann Lido und Pellestrina deutlich erkennen. Irre ! dort bin ich vor ein paar Tagen mit dem Fahrrad gewesen ! Wehmut steigt auf.
Pünktlich sind wir dann nach 12 Uhr in Frankfurt am Main. Meinen geplanten Zug verpasse ich jedoch um 3 Minuten. Ich muss lange auf das Gepäck warten, zu weit ist dann der Weg bis zum Flughafen eigenen Bahnhof. Es wird eine Zugfahrt mit Verspätung und so komme ich erst nach 22 Uhr, aber zufrieden und überglücklich, zu Hause an.


Verpackt im Hotelzimmer


Ich fliege zum zweiten Mal im Leben !!!
Gegenüber der kleinen Maschine von vor 3 Jahren, als ich von Split heimwärts flog, ist dieser A330 ein BallSaal !


Wir fliegen an der Lagune von Venedig vorbei. Hier bin ich vor ein paar Tagen mit dem Fahrrad gewesen.


Mein Gepäck auf dem Bahnhof in Frankfurt am Main

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Dank an meine Familie, die mir Freiraum für dieses Abenteuer gab !
Love to Heike, Eric & Lena !


ENDE !
 
Wahnsinn! Ich bin mal sprachlos, bin gerührt, staune, erinnere mich an verschiedene Ort die ich gerade erst oder schon vor langer Zeit besuchte! Danke für die vielen wunderbaren Bilder und den toll geschriebenen Bericht.

Das zweite Pandemiejahr ist für mich das 2. Jahr ohne Italienurlaub. Aber du hast mich mitgenommen, ich war beim Lesen im Kopf dort, danke auch dafür!
 
@firlie
Ganz großes Kino! Perfekte Bilder die durch Deinen persönlichem Blickwinkel sehr lebendig sind!

Hab gestern schon sehr müde noch alle Bilder angeschaut. Herrlich. Für mich ist es auch das zweite Jahr ohne Italienurlaub und Deine Bilder erleichtern mir das Fernweh einerseits, machen es aber auch größer.

Ich werde noch einige Tage brauchen, um alles gelesen zu haben und freu mich drauf.

Vielen Dank!
 
Die Eindrücke und ihre Schilderung in Wort und Bild sind einfach überwältigend!
Respekt sowohl vor der Tour an sich, als auch von den Mühen, diesen umfassenden Bericht zu erstellen!

Beim „Gladiator“-Teil hatte ich Gänsehaut.

Klasse! 👏🏼
 
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