200 km Brevet Wuppertal
12.10.2019
Nach 1,5 Jahren nahm ich das erste Mal wieder seit dem Beginn meiner Herzrhythmusstörungen an einem Brevet teil. Natürlich mit Freigabe des Arztes. Obwohl der Brevet „nur“ 200 km lang war, besass er für mich aufgrund der 2500 Höhenmeter doch einen hohen Schwierigkeitsgrad.
Als Brevetrad hatte ich extra mein rotes Gazelle Formula Cross von 1990 umgerüstet. Vorteil hier waren ein vertretbares Gewicht, eine MTB ähnliche Übersetzung und relativ breite 28 mm
Reifen.
Treffpunkt war Morgens in einer Bäckerei in Wuppertal-Oberbarmen. Etwas über 50 Randonneure/innen erschienen am Start, der um 8:30 Uhr erfolgte. Da in einer einzigen Gruppe gestartet wurde, sortierte ich mich ziemlich weit hinten ein. Mein Plan war es das Ganze ruhig angehen zu lassen und nicht schon am Anfang unnötig Kraft zu verschwenden. Nachdem ich mir von Andreas meine Brevetkarte geholt hatte, machte ich mein Rad und mich startklar.
Aus Wuppertal raus war es noch städtisch. Nur ein paar Randonneure hatte ich noch im Blick. Die Anderen waren direkt deutlich schneller.
Über eine mir gut bekannte Straße fuhr ich durch das Tal der Wupper. Ich genoß die Anfangs flache Strecke, wusste ich doch das sich dies bald ändern würde.
Hinter Beyenburg ging es dann links bergauf. Jetzt waren nur noch zwei andere Fahrer in Sichtweite. Ich fuhr ganz ruhig mein Tempo.
Bergauf, bergab ging es, bis ich zusammen mit einem anderen Fahrer die Staumauer der Ennepetalsperre erreichte. Hier gab es natürlich das obligatorische Staumauerfoto. Mit dem Fahrer fuhr ich nun einen Teil der Strecke zusammen.
Weiter ging es nach Breckerfeld, die meiste Zeit bergauf. Mit dem Gazelle fand ich aber einen ganz guten Rhythmus an den Steigungen. Die erste Kontrolle gab es dann in Waldbauer. Hier war eine Frage zu beantworten und in die Karte einzutragen. Danach folgte eine längere Abfahrt, mit ein paar kürzeren Gegenanstiegen.
Das Problem war nur das es ziemlich tief herunter ging und danach dafür umso länger und steiler bergauf. Hinter Dahl hatte ich dann zu kämpfen. Fast 300 Höhenmeter mussten in steilen Serpentinen erklommen werden. Oben war ich dann fast am Ende meiner Kräfte, auch wenn die Aussicht natürlich toll war.
Wer hier wohnte hatte den Panoramablick inklusive. Kurze Zeit später hatte ich die 2. Kontrolle an der Autobahnraststätte Kaltenborn erreicht. Hier holte ich mir den Stempel für die Kontrollkarte. Es wären nur noch ca. 20 Minuten gewesen, bevor sich das Zeitfenster für die Kontrolle schloss. Also keine Zeit für eine Pause. Schnell aß ich einen Schokoriegel und fuhr weiter. Zum Glück ging es jetzt einige Kilometer bergab und ich konnte mich etwas erholen.
Der Zustand der Straßen bergab war teilweise abenteuerlich. Zum Glück fuhr ich einen stabilen Crosser mit 28 mm
Reifen. Trotzdem musste man sehr konzentriert fahren. Bald war Hohenlimburg und die Lenne erreicht.
Weiter ging es an der Lenne entlang nach Letmathe. Dort machte ich natürlich ein Foto von den beiden Felsen mit dem Namen „Pater und Nonne“. Kurze Zeit später kam die Dechenhöhle. Aber für Sightseeing war leider keine Zeit.
In Iserlohn fuhren wir dann auf die Bahntrasse Richtung Menden. Hier gab es einiges zu sehen. In Hemer verließen wir die Trasse und es ging zunächst wieder über Straße.
Doch dann konnten wir wieder einer Bahntrasse folgen. Die brachte uns direkt nach Menden. Hier war die dritte Kontrolle an einer Tankstelle. Ich war wieder knapp eine Stunde im Plus. Hier machten wir nach 81 km eine erste kurze Pause. Ich aß ein Schokocroissant, etwas Studentenfutter und trank eine Limonade. Das musste vorerst reichen. Viel war das nicht. Aber die Zeit rannte weiter. Und es warteten noch viele Steigungen. Die nächste fing direkt an und ging ca. 25 km. Allerdings waren davon 20 km sehr human. Nächster Ort war Lendringsen. Es ging erst einmal immer entlang der Hönne. Nach Binolen kamen wir durch Sanssouci. Dort war aber nicht wirklich viel zu sehen. Ich sah eigentlich nur den Hinweis aufs Industriegebiet. In Helle fing es dann an sich zu bewölken. Die Sonne wurde immer mehr Mangelware. Aber bedrohlich sah es nicht aus. Über Balve erreichten wir dann die 4. Kontrolle in Neuenrade. Hier hatten wir gut die Hälfte der Strecke hinter uns. Auch wenn wir ca. 40 Minuten vor Ende des Zeitfensters da waren, wollte ich keine Pause riskieren. So ging es weiter. Bald wurde es wieder steiler und ich hatte richtig zu kämpfen. Zum Glück hatte ich Verpflegung und vor allem genug Wasser dabei, um mich während der Fahrt zu verpflegen. Dann ging es bergab nach Dahle.
In Altena stehe ich dann an einer Ampel und über mir thront die immer noch mächtige Burg Altena. Was für ein Anblick. Meinem Mitfahrer war ich zu langsam und er fuhr alleine vor. Ab da war ich dann die letzte Randonneurin. Die Rechnerei und der Kampf gegen die Schlusszeit begann langsam. Ich hatte kaum noch Kraftreserven, aber Zeit für eine richtige Pause blieb nicht. Und wer weiß ob ich mich dann noch mal aufraffen konnte. Die teilweise steilen Steigungen brachten mich an den Rand meiner Kräfte. Ich war froh das ich ein Rad mit extremen Berggang hatte. Das war an manchen Rampen meine Rettung. Bisher musste ich auch nirgends schieben.
Ab Drescheider Berg ging es dann wieder bergauf.
Schafe zählen war leider zeitlich nicht drin. Wahrscheinlich wäre ich spätestens nach dem fünften Schaf eingeschlafen. Ein erster kurzer Schauer widersprach meinem Optimismus ohne Schutzbleche zu fahren. Na ja, was solls. In Heedfeld hatte ich dann den Gipfel der Steigung erreicht. Jetzt ging es bergab zur nächsten Kontrolle.
In Rummenohl hatte ich dann die 5. Kontrolle in einem Hotel erreicht. Ich holte mir den Stempel und machte 5 Minuten Pause vor der Tür. Nun waren es noch ca. 60 km bis ins Ziel. Es würde bald dunkel werden und es fing wieder an zu regnen. Entlang der Volme fuhr ich nach Dahlerbrück. Eine richtig lange Steigung hatte ich noch vor mir. Danach aber noch jede Menge kleinerer Anstiege, die auch Kraft kosten würden. Ständig rechnete ich meine Ankunftszeit neu aus. Mir wurde klar das es knapp werden konnte. Hoffentlich kam kein Defekt dazwischen. Bisher funktionierte die Gazelle reibungslos.
In Schalksmühle verließ ich die Volme und es wurde wieder steiler. Beharrlich kletterte ich die Steigung bis zum Gipfel ein paar Kilometer vor Ober Hürxtal empor. Dank der als Windschutz mitgenommenen Regenjacke, wurde ich trotz des Regens nicht ganz so nass. Zum Glück war es auch nicht kalt. Ich fuhr schon seit einiger Zeit mit Licht, denn es war schon dunkel. Von Halver waren es unter 50 km bis Wuppertal. Langsam war das Licht am Ende der Strecke zu sehen. Als ich Wipperführth durchquerte befand ich mich endgültig wieder im Bergischen Land und in bekannten Gefilden. Hier war ich schon einige Male mit dem Rad unterwegs gewesen. In Lamsfuss erreichte ich die 6. Kontrolle in einem Restaurant. Auch hier bekam ich wieder meinen Stempel. Leider stand mir jetzt noch eine sehr bergige und kurvenreiche Strecke nach Strassweg bevor. Selbst mit zwei Scheinwerfer waren die engen Kurven teilweise schlecht zu sehen. Zum Glück kannte ich mich hier aber richtig gut aus. In Bergisch Born fuhr ich auf die Balkan Trasse nach Lennep. Von dort ging es über die Schwelmer Straße, nun überwiegend bergab, nach Beyenburg. Kurz vorher kam noch die 7. und letzte Kontrolle 10 km vor dem Ziel. Wieder eine Haltestelle mit einer Frage. In Beyenburg ging es flach durchs Tal nach Oberbarmen.
Nach 200 km kam ich mit einem Schnitt von 18 km/h eine halbe Stunde vor Schluß als letztes ins Ziel. Dies war mein bislang schwerster und knappster Brevet überhaupt. Am nächsten Tag konnte ich mich vor lauter Muskelkater so gut wie gar nicht bewegen. Die eigentlich geplante RTF musste ich sausen lassen. Aber ich hatte die Herasusforderung bestanden und ausser dem Muskelkater keine gesundheitlichen Probleme. Auch das Herz lief stabil, trotz der enormen Belastung. Jetzt kann ich die nächsten Brevets planen. Natürlich werde ich dieses Jahr noch welche fahren.