Ich war am Wochenende als familiärer Fahrdienst im Harz. Für ein Fahrrad war noch Platz im Auto. Auf den Brocken mit dem Renner fahren erschien mir ein wenig langweilig. Also habe ich das MTB eingepackt und versucht am Samstag eine "best of summit" Runde zu drehen. Die drei prominenten Gipfel habe ich bisher nur zu Fuß erwandert, aber noch nicht mit dem MTB erklommen.
Das Auto habe ich im Ort "Elend" geparkt. Der Name des Ortes schien mir für meinen seelischen Zustand auf den kommenden Anstiegen ganz passend. Erst einmal ging es einen Teil des Grenzwegs hoch, bis auf den Pass zwischen Wurmberg (West) und Winterberg (Ost). Die letzten Meter zum Wurmberg waren steil und steinig und im losen Geröll musste ich sogar ein Stück schieben.
Es war ziemlich windig am Samstag. So war die Seilbahn auf den Wurmberg geschlossen. Also waren auch kaum Downhiller unterwegs. Ich habe schnell meine Weste zugemacht und mir den Einstieg zu den Bikepark-Trails vom Wurmberg runter gesucht. Leider bin ich bestimmt schon 5 Jahre nicht mehr richtig abgefahren und war auf den ersten Metern ganz schön unsicher. Zwar hat meine, nun doch 30 Jahre alte, Rock Shox MAG 21 einen "long travel kit" verbaut, allerdings bringt der nur die originalen 48mm Federweg auf 60mm. Der als "freeride" ausgewiesene Trail vom Wurmberg unter der Gondel ist, mit den Wurzeln und Steinen, eher für moderne Federgabeln ausgelegt. Ich bin also vorsichtig gefahren und habe auch mal getragen (es hat mich ja keiner gesehen). Ab der Mittelstation bin ich dann auf den mit "single trail" ausgeschilderten Weg ausgewichen und da bin ich dann langsam auch wieder etwas sicherer geworden und besser runter gekommen. Die Gabel ging nur ständig an den Anschlag, zu wenig Luftdruck für die doch extremen Wurzeln.
Im Tal in Braunlage habe ich erst mal beim (E-)Bike Shop angehalten und nach einer
Pumpe für die MAG 21 Federgabel gefragt. So altes
Werkzeug hatten die aber nicht mehr, also musste ich mit der etwas zu weich eingestellten Gabel weiter. Nun ging es wieder bergauf zum Achtermann. Der Achtermann ist vielleicht der interessanteste Berg im Harz. Er ragt als kleiner Felshaufen über die Bäume und bietet perfekten Ausblick zum Brocken und zum Wurmberg. Ganz klar ein Geheimtipp für eine Wanderung. Die letzten Meter auf den Achtermann, die nur zu Fuß zu bewältigen sind, habe ich mir gespart und bin gleich die "schwierige Route", halb tragend und halb fahrend, aber immer sicherer, Richtung Königskrug runter (hier eine Warnung vor der Touristennepp-Kneipe mit den Riesenwindbeuteln).
Mein Zwischenziel war erst einmal Sankt Andreasberg, dazu ging es nochmal gut bergab und dann musste ich noch 200 Höhenmeter zum Bergdorf erklimmen. Hier habe ich kurz Pause gemacht und leider mein Navi gestoppt, so dass es 2 Files geworden sind... Hier das erste File bis zur Pause. Prominent zu erkennen der Wurmberg und der Achtermann:
Das nächste Highlight war der Rehberger Graben Richtung Oderteich. Wikipedia schreibt: "Der
Rehberger Graben ist ein von den
Sankt Andreasberger Bergleuten erbauter Wassergraben und ein wichtiger Bestandteil des
Oberharzer Wasserregals. Er wurde Ende des 17. Jahrhunderts angelegt, um Wasser der Oder nach Sankt Andreasberg umzuleiten, wo es zur Energieversorgung mittels Wasserrädern in den dortigen Bergwerken genutzt wurde." Im zweiten Höhendiagramm zwischen km 2 und 8 gut als minimaler Anstieg zu sehen. An den steilen Bergwänden wurde neben dem Wassergraben ein Weg gebaut, der mit dem Fahrrad bequem befahrbar ist. Mit einem unglaublichen Ausblick in das Tal und auf die drei zu erklimmenden Gipfel in der Ferne. Am Strand des Oderteiches viel Jungvolk. Durch Corona sind im Harz derzeit ganz andere Urlauber als die letzten Jahre unterwegs. Jugendgruppen, Familien mit älteren Kindern und auch viele teure Autos.
Ich habe dann den Oderteich auf der Westseite umrundet (fast ebenes Höhenprofil mit zick-zack) und bin danach Richtung Westen, mit Rückenwind, meinem eigentlichen Ziel, dem Brocken, entgegengeflogen. Ein wenig merkte ich schon die Hüften von den vielen Tragepassagen (auch am Oderteich war teilweise wieder tragen angesagt), allerdings musste ich die Cola, die ich in Sankt Andreasberg ins Trikot gesteckt hatte, noch nicht anfangen. Meine Beine waren gut und mit Rückenwind ging es jetzt, zwischen den Heerschaaren an Wanderern, wie im Flug, Richtung Brocken. Weiter oben wieder ein Stück auf dem Grenzweg, ständig "ding-dong" rufend, da ich Platz brauchte und die inzwischen üblichen Kommentare (ohne Motor, so muss es sein). Auch ein paar MTBler auf einfachen Rädern und ohne Klickpedale habe ich stehen lassen und dann kam endlich die asphaltierte Strasse auf die Kuppe. Hier dann das ganze touristische Fanal mit der Dampfeisenbahn, Pferdekutschen und noch mehr Wanderern. Dazwischen immer wieder versprengte Radfahrer. Leider kein Rennradfahrer in meinem Tempo. Also bin ich, dank Asphalt auch viel im stehen, den Rest des Berges hoch. Es sollte ja der letzte Anstieg des Tages sein und so habe ich dann auch nochmal versucht meinen Puls wirklich hoch zu bringen.
Am Gipfel angekommen bei stärkerem Wind und 13 Grad schnell die Weste zugezogen und den
Garmin auf "navigiere mich zum Start der Route" eingestellt (ich bin sonst ohne Routenführung gefahren, da ich viele Teile schon vom Wandern kannte). Jetzt ging es erst einmal sehr lange die Asphaltstrasse runter Richtung Schierke. Ein wenig schade die Höhenmeter auf schnödem Asphalt mit dem MTB zu vernichten, aber ich hatte ja auch noch familiäre Termine. Der erste "single trail", den mir das Navi vorschlug, war dann gleich für MTBs gesperrt, so dass ich, ganz brav, weiter auf der Strasse blieb und noch ein wenig frieren durfte. Dann der erlösende Waldweg. Endlich auch einmal gut fahrbar. Und dann wurde es, auf den letzten Metern nach Schierke, sogar noch alpin. Auch hatte ich mich wieder an das MTB fahren gewöhnt und ich war wieder sicherer im Abfahren und musste nicht mehr schieben bzw. tragen. In Schierke führte mich das
Garmin dann auf einen Waldweg weiter runter nach Elend, nur zum Parkplatz musste ich dann noch ein paar Meter, meist im stehen, bei sommerlichen 19 Grad, auf Asphalt bergan fahren.
Für mich war es eine tolle Tour, da ich die Gipfel vom wandern schon kannte und so mal per MTB erklimmen konnte. Insgesamt waren es knapp 5:30h Fahrzeit bzw. Tragezeit und 1650 Höhenmeter (auf nur 63,5 km). Fahrtechnisch ist der Hochharz, auf den von mir befahrenen Wegen, aber eher eine Enttäuschung, da ich eigenlich nur "Autobahnen" oder quasi unfahrbare Fussstiege gefahren bin (sehr viel Wurzeln und große Granitbrocken). Die Trails an der Wurmberg-Seilbahn sind ganz nett, nur waren die, nach 5 Jahren MTB-Abstinez und am frühen Morgen, noch ein wenig zu schwer. Nach dem Brocken wäre ich da lockerer runter gefahren....