Gefräßige Monster
08.04.2017
Mit dem Titel sind weder meine hungrigen Mitfahrer noch ich gemeint. Aber dazu später mehr. Am Samstag fuhr ich in meine alte Heimatstadt Düsseldorf um dort am Rhein Erft Giro teilzunehmen. Kurz nach 10 Uhr startete ich mit Ralf auf der langen 110 km Strecke. Bis zur Streckenteilung begleitete uns noch Klaus-Peter. Zunächst führte die Strecke zum Rhein und dann über die Fleher Brücke auf die andere Seite. Es waren so um die 10 Grad mit zunächst geschlossener Wolkendecke und ein bisschen diesig. Wir fuhren rheinaufwärts nach Uedesheim und Sankt Peter. Nachdem wir die ersten Kilometer alleine gefahren waren schlossen wir uns einer zügig fahrenden Gruppe an, die immer größer wurde. Da es viel über asphaltierte Feldwege mit wenig Verkehr ging, war das aber kein Problem. Schnell kamen wir auf einen 27er Schnitt. Da ich mich gut fühlte fuhr ich zwischendurch auch mal Lücken zu damit die Gruppe nicht zerfiel. Dann kam bei Allrath die Vollrather Höhe. Auf ein paar Hundert Metern ging es gut 80 Höhenmeter bergauf. Hier zerfiel die Gruppe dann doch. Ich schlug mich ganz gut, konnte mit den Schnellsten aber nicht mehr mithalten. Trotzdem machte es Spaß zu merken das ich anscheinend fitter wurde. Auch wenn mein Gewicht nicht nennenswert runter ging, nahm meine Kraft offensichtlich langsam wieder zu. Bergab ging es zur ersten Kontrolle in Frimmersdorf. Danach kam die Streckenteilung und wir verabschiedeten uns von Klaus-Peter, der die 77er Route fuhr. Eine zweite Auffahrt auf eine Halde folgte. Auch diese meisterte ich einigermaßen.
Wir folgten der langen Strecke nach Bedburg. Die meiste Zeit fuhren wir alleine oder schlossen uns für einige Zeit einer kleinen Gruppe an. So erreichten wir nach 55 km Jackerath. Von hier aus ging es in eine Sackgasse zur 2. Kontrolle direkt am Skywalk vom Tagebau Garzweiler. Hier konnte man ein gigantisches Loch in der Erde bestaunen. Und jetzt komme ich auf den Titel zurück. Wie gefräßige Monster fraßen sich die Braunkohlebagger durch die Erde. Einerseits beeindruckend, aber andererseits auch beklemmend, wenn man die Schattenseiten kannte.
Zumindest der Skywalk war interessant und eine gute Kulisse um das Rad abzulichten.
Wir verpflegten uns und nahmen ein paar Infobroschüren über den Start der Tour de France im Juli in Düsseldorf mit. Dann ging es weiter und wir verließen den Tagebau.
Dafür führte uns die Strecke durch ein Geisterdorf. Die Bewohner wurden zwangsumgesiedelt um das Dorf abzureißen und den Braunkohlebaggern mehr Land zum fressen zu geben. So ging es mit vielen Dörfern bereits vorher. Tausende Menschen verloren ihre Heimat und ihr Elternhaus. Höfe die bereits seit Generationen in Familienbesitz waren mussten aufgegeben werden. Viele Menschen verloren ihren Geburtsort. Das macht mich jedes Mal wieder sehr traurig. Davon abgesehen das das Ganze eine Menge Geld kostet um einen zweifelhaften Energielieferant wie Braunkohle mit einem immensen Aufwand zu fördern.
Ein Teil des Dorfes war bereits abgerissen und die Abrissbagger fraßen sich weiter durch.
Verlassende Straßenzüge sind in unserer Welt schon sehr irritierend. Ob irgend jemand von den Verantwortlichen darüber nachdenkt was er den Menschen damit antut?
Auch die schöne alte Kirche, die Jahrhunderte überstanden hat, ist bereits von Gott verlassen.
Etwas traurig und nachdenklich fuhren wir weiter. Ralf war mit dem MTB mit Geländereifen unterwegs und musste dem langsam Tribut zollen. So leistete ich immer öfters die Führungsarbeit und reduzierte das Tempo etwas. Wir waren jetzt meistens alleine unterwegs. Ab und zu überholten wir einzelne Fahrer oder wurden von einer Gruppe überholt. Bei Mönchengladbach wurde es dann wieder etwas hügeliger, mit einigen stärkeren Anstiegen. Aber noch immer hatte ich genug Kraft diese in vernünftigen Tempo zu meistern. Ich war selber erstaunt welche Fortschritte ich in den letzten Wochen gemacht hatte. Noch Mitte März war ich ziemlich schlapp den Brevet in Münster gefahren. Immer wieder kamen wir an blühenden Rapsfeldern vorbei, die gut dufteten. Nicht ganz so gut wie die Lavendelfelder in der Provence, aber immerhin.
Nun fuhren wir von Odenkirchen über Bedburdyk nach Hemmerden. In Kapellen erreichten wir dann die 3. und letzte Kontrolle. Nach der Kontrolle waren es noch 19 km. Über Holzheim, Reuschenberg und Gnadental erreichten wir wieder den Rhein, genau an der Stelle wo die Erft in den Rhein mündete.
Noch ein kurzer Fotostopp und dann musste ich mich wieder vom Anblick des Flusses losreißen an dem ich geboren bin. Es heißt ja schließlich Vater Rhein. Schon meine Großmutter, mein Großvater, und mein Vater wurden zwischen Rhein und Ruhr geboren. Ich könnte stundenlang den Schiffen auf dem Rhein zuschauen. Wie oft habe ich an diesem Fluss schon gesessen. Seufz.
Doch das Ziel rief und wir legten die letzten 4 km zurück. Über die Fleher Brücke erreichten wir nach knapp 110 km und 600 Höhenmeter mit einem Schnitt von noch 26 km/h den Sportplatz in Flehe. Diese RTF fuhr ich zum ersten Mal und war sehr angetan. Ich mag die Landschaft am Rhein und mit teilweise leichten Wellen und einige größeren Anstiegen war durchaus für Abwechslung gesorgt. Der Wind war nicht besonders stark, was ich auch anders kannte. Bis auf einige Ausnahmen zum Schluss hatten wir wenig Autoverkehr. Die Strecke fuhr sich sehr gut, wenn auch einige Straßen etwas holprig waren. Aber dieses Problem haben wir mittlerweile häufig in NRW. Die Radsportabteilung des DJK TuSA 06 Düsseldorf sorgte für gute Organisation und gute Verpflegung. 687 Teilnehmer fuhren auf den verschiedenen Strecken. Werde mir die RTF direkt für nächstes Jahr vormerken. Vielen Dank für diese schöne RTF.
Noch ein paar Worte zu meinem Yellow Bird. Ich war wieder begeistert wie direkt und sportlich sich dieses Rad fährt. In engen Kurven erwies es sich als sehr wendig, trotzdem fuhr es geradeaus sehr spurstabil. Der Vortrieb beim Wiegetritt war deutlich besser wie bei meinen Stahlrahmen, was für die Steifigkeit des Alurahmens spricht. Die Sitzposition ist deutlich sportlicher mit mehr Sattelüberhöhung. Das spürt man beim Fahren, ohne das mir das Rad unbequem vorkam. Ich habe den subjektiven und auch durch die Zahlen belegbaren Eindruck das ich mit dem Rad etwas schneller bin wie mit meinem Peugeot.