Für das Forum hier stimme ich Dir vollkommen zu. Es gibt aber Bereiche z.B. Politik oder Glaubensbekenntnisse etc. religiöser Art wo genralistische Aussagen Ihre Berechtigung haben.
Genau da fangen dann aber immer die Probleme an - es bleibt auch auf diesen Gebieten meistens nicht aus, dass dann Menschen von ihren generalistischen Annahmen/Festlegungen so überzeugt sind, dass sie anfangen, andere, nicht damit in Einklang zu bringende Auffassungen als falsch/verächtlich/verfolgenswert zu betrachten - das geht dann leider immer erstaunlich fix und hat sehr unschöne Folgen ...
Und in Bezug auf alte Rennräder ist mein Eindruck als Technikhistoriker hier oft, dass gerade die Leute mit den besonders apodiktischen Festlegungen sich oft implizit nur auf eine bestimmte, relativ kurze Epoche beziehen (vorwiegend offenbar die 1980er Jahre), wenn sie etwas als "alternativlos" beschreiben - aber schon bzw. noch in den frühen 1970er Jahren sahen die Dinge teilweise deutlich anders aus, ganz zu schweigen von den 1960er und 1950er Jahren. Da wurde dann eben z. B. der Vorbau nicht unbedingt bis zum Anschlag hineingeschoben (und man hätte das auch nicht schön gefunden), und man fuhr tendenziell große Rahmen mit geringen Überhöhungen. Manche Fahrer (darunter sehr bekannte Namen) erdreisteten sich sogar, ihre Bremszüge völlig falsch zu verlegen, oder - quasi der Gipfel der Regelignoranz ! - mit dem rechten Bremsgriff die vordere Bremse zu betätigen ...
Natürlich gab es schon in Bezug auf viele Dinge Konventionen, oder "übliche Praktiken", aber es gab auch immer Ausnahmen, und vor allem ändern sich solche Dinge im Verlauf der Zeit oder unter anderen Umständen. Man denke nur daran, wie verächtlich seinerzeit die Profi-Rennfahrerszene das indizierte Schalten aufgenommen hat - völlig indiskutabel, nur etwas für Weicheier und Amateure - dann dauerte es eine gewisse Zeit, bis auch Campagnolo einsehen musste, dass diese seltsame Vorliebe nicht wieder verschwinden würde, und eine erste (schlecht funktionierende) indizierte Schaltung anbot, und dann fuhren es bald alle - damit war es "alternativlos" geworden, wie später dann die Schremshebel, wie in einigen Jahren sicherlich das elektronische Schalten und - ich wage die Prophezeihung - hydraulische Scheibenbremsen. Und natürlich werden dann da Leute sein, die behaupten, dass man doch mit mechanischen Schalteinrichtungen gar nicht richtig schalten kann, und dass es quasi unmöglich sei, auf den
Felgen herumzubremsen - die müßten ja dann gleich glühend heiß werden und die
Reifen sofort explodieren ...
Die Dinge verändern sich eben im Lauf der Zeit, und wenn man sagt "das ist/war so, und nicht anders", sollte man immer dazusagen, auf welche Zeit man sich bezieht, und sich vor allem bewußt machen, dass solche Tatsachen eben immer zeit- und kontextgebunden sind, auch, wenn man es vielleicht selber manchmal gerne anders hätte ...
, zugezogen oder nicht
