Neben dem normalen Fahrradaktivismus ist es in den letzten Jahren zu einem weiteren Hobby für mich geworden, mit Widersprüchen gegen Radwegbenutzungspflichten und Radfahrverbote vorzugehen. Hier mal ein paar alte und aktuelle Fälle:
Lauterburger Straße in Kandel (Kreis Germersheim)
Vom Bahnübergang kommend Richtung Süden beginnt plötzlich ein benutzungspflichtiger Geh- und Radweg, der an der nächsten Einmündung nach rechts um Eck in die Jahnstraße führt und dort plötzlich endet. Das sind nur ca. 120 Meter. Von Stetigkeit nach Verwaltungsvorschrift kann hier keine Rede sein. Kaum ist man auf dem Radweg, muss man schon wieder über das Einfahren auf die Fahrbahn nachdenken. Die Verbandsgemeinde als zuständige Straßenverkehrsbehörde begründete das blaue Schild damit, dass man ja den Radweg kennzeichnen wollte.
Der Kreisrechtsausschuss hat meinem Widerspruch stattgegeben, weil der Radweg beim Ortstermin sich als ein paar Zentimeter zu schmal herausgestellt hat.
Im Übrigen hätte auch das Kfz-Aufkommen keine Benutzungspflicht rechtfertigt und die „Unfalllage“ ist laut Unfallatlas nicht existent.
Die Schilder hängen möglicherweise noch, d.h. die Verbandsgemeindeverwaltung braucht wohl noch etwas Post von mir.
Vaihinger Straße in Sersheim (Landkreis Ludwigsburg)
Wenn man die Fahrbahn benutzt, begann am Kreisverkehr plötzlich ein benutzungspflichtiger Geh- und Radweg. Der Sinn erschloss sich mir bei der allerersten Vorbeifahrt nicht, der Unsinn aber wenige Sekunden später. Denn nach nur 180 m endete der Radweg wieder und der Weg zurück auf die Fahrbahn war durch einen hohen Bordstein versperrt. Man "entsorgte" die Radfahrenden einfach in einer ganz anderen Straße. In der Gegenrichtung konnte man dadurch die Benutzungspflicht überhaupt nicht befolgen.
Die weiteren festgestellten verkehrsrechtliche Mängel waren dann keine Überraschung mehr: fehlende Furtmarkierungen an der Supermarktausfahrt, fehlender Hinweis an der Supermarktausfahrt auf Zweirichtungsradverkehr, fehlende sichere Querungsmöglichkeit am Anfang des linksseitigen Radwegs.
Eine besondere örtliche Gefahrenlage war hier – innerorts und schnurgerade – für mich nicht erkennbar. Ohne sie darf es innerorts keine Radwegbenutzungspflicht geben. Der Straßenverkehrsbehörde der Großen Kreisstadt Vaihingen an der Enz sendete ich im August diesen Jahres einen Widerspruch dagegen. Am Tag, als der Abhilfebescheid im Briefkasten lag, fuhr ich zufällig dort vorbei und die Schilder waren weg.
Meine Auslagen (Porto) wurden auch erstattet.
https://www.openstreetmap.org/#map=18/48.639233/8.084854
Waldfeldstraße in Sasbach (Ortenaukreis)
Eine Zone 30 (nicht mit der Streckenbegrenzung zu verwechseln) darf nur dort angeordnet werden, wo es keine benutzungspflichtigen Radwege gibt. Bei der Straßenverkehrsbehörde im Landratsamt Ortenaukreis ist diese Information entweder nicht angekommen oder ihre Anordnung zum Abschrauben gegenüber der Gemeinde wurde nie umgesetzt. Im Juni fuhr ich erstmals dort entlang und sagte direkt zu meinen Begleitern: "Das gibt garantiert einen Widerspruch." Nach Ablauf der Verfolgungsverjährung der Ordnungswidrigkeit wegn Missachten der Radwegbenutzungspflicht, legte ich im September diesen Jahres Widerspruch ein.
Pfannkuchstraße in Karlsruhe
Bei der Vorab-Befahrung eines Stadtteils für die halbjährliche Verkehrsschau des ADFC mit den städtischen Behörden übersah ich – ich benutzte die Straße in diese Richtung erstmals – eine Radwegbenutzungspflicht. Die Frage eines ADFC-Kollegen, warum ich denn entgegen meiner Gepflogenheiten gegen die Benutzungspflicht verstoßen habe, quittierte ich mit ungläubigem Staunen, bis er mir das unten abgebildete Verkehrszeichen zeigte. Ich hatte nicht damit gerechnet, dass aus dem Gehweg genau da ein benutzungspflichtiger Geh- und Radweg wird. Der Straßenquerschnitt ändert sich nicht. Aus nicht nachvollziehbaren Gründen wird aber an der Einfahrt zu den Stadtwerken die Fahrbahn zu gefährlich für Radfahrende.
Wir haben eine Geh- und Radwegbreite von 2,09 m
inklusive Laternenmast gemessen. Davon muss man aber noch 0,75 m Dooring-Abstand zu den Pkw subtrahieren. Und zu Fuß Gehende brauchen auch ihren Platz!
Mal schauen, ob das Ordnungsamt der Stadt Karlsruhe hier das Angebot eines Widerspruchs in Anspruch nimmt oder einfacher und ohne förmliche Eskalation Ordnung schafft.
Macht euch keine Sorgen, falls es euch schwer fällt, die blauen Radwegschilder auf den Fotos zu finden. Verkehrszeichen müssen mit einem beiläufigen Blick leicht erkennbar sein. Das haben manche Behörden nicht so wirklich auf dem Schirm, wenn es um Radverkehr geht.
Wenn ihr den Schriftwechsel zu den obigen Fällen als Inspiration für eigene Verfahren lesen wollt, empfehle ich eine Informationsfreiheitsanfrage bei der im Text genannten Behörde (
Beispiel). Oder ihr schreibt mir einfach.