Da werden Kräfte mit Spannungen verwechselt:
Ein großer Querschnitt (dicke Speiche) hat weniger Spannung als ein kleiner Querschnitt (dünne Speiche) bei gleicher Kraft.
Bei der symmetrischen Anordnung der ziehenden Speichen geht es darum, die horizontalen Kraftkomponenten am Flansch, die aus der Zugkraft in der Speiche entstehen, gegeneinander zu richten. Und das am angetriebenen Rad.
Klar, dass ein nicht angetriebenes Rad auf der rechten Seite senkrechter steht - durch die asymmetrische Lage der Felge. Dadurch werden dann auch weniger horizontale Komponenten am Flansch erzeugt. Aber es geht nicht darum, ein nicht-angetriebenes Rad zu betrachten - Das könnte man ja auch radial speichen. Aber sobald da jemand in die Kette tritt, würde das Teil wie ein Kartoffelchip verbiegen.
Dass auf der rechten Seite (vernünftigerweise) tendentiell dickere Speichen genutzt werden, hängt damit zusammen, dass Kräfte prinzipiell den Weg der höheren Steifigkeit laufen. Und auf der rechten Seite ist die Steifigkeit höher, weil:
1. es keinen Umweg über den Nabenkörper gibt und
2. im Bedarfsfall dickere, also steifere Speichen genommen werden.
Nichtsdestotrotz werden auf der linken Seite auch Kräfte über die ziehenden Speichen geführt - Und deswegen sollten sie asymmetrisch zu den ziehenden Speichen auf der rechten Seite liegen.
Das kann man umgehen, indem man links radial speicht. Mit anderen Nachteilen
Bist Du da sicher mit der Zugkraft? Ich bin eher der Meinung, dass bei einem perfekt zentrierten Laufrad sämtliche Speichen die (annähernd) selbe Kraft ausüben. Man hat lediglich den Eindruck, dass die Antriebsseite stärker gespannt ist. Das kommt aber allein vom Längenunterschied der Speichen rechts und links. Es gibt doch keine zusätzlichen Kräfte ausser der der Speichen, die die Felge nach links ziehen.
Sorry, da muss ich nochmal 'ran:
Ich habe sicherlich NICHT Kräfte und Spannungen verwechselt; sonst hätte ich wohl auch damals kaum eine Stelle als Assistent am Institut für allgemeine Mechanik der RWTH Aachen bekommen...
Ich betrachte das Problem zunächst einmal vereinfacht in der Ebene quer zum Laufrad (Siehe Skizze):
Das Beispiel ist eine Ultegra-Nabe eingespeicht in eine Felge mit ERD von 600 mm.
Die Speichen rechts haben einen Winkel von Alpha ~ 6,5°, die links von Beta ~ 12°.
Damit die Felge sich nicht nach Rechts / Links verschiebt müssen die Kräfte
FL und
FR aufheben.
Da Speichen aber nur Kräfte in Zugrichtung aufnehmen (
FR und
FL) müssen die steileren Speichen rechts eine größere Radialkomponente aufnehmen als die linken Speichen; in dem Falle etwa Faktor 1,75 mal höher.
Wenn jetzt die Spannung in den Speichen etwa gleich sein soll, dann muss ich entsprechend einen 1,75 - fach größeren Querschnitt wählen (entsprechend 1,32-facher Durchmesser).
Das erreiche ich annähernd mit kommerziell erhältlichen Speichen links von 1,5 mm (im Mittelteil) und 2,0 mm (im Bogen) und rechts 1,8 mm (im Mittelteil) und 2,3 mm (im Bogen).
Mir ist klar, dass ich auch noch Torsion übertragen muss weshalb das HR nicht komplett radial gespeicht werden kann, aber die Wechsellast durch Torsion und auch Fahrzeuggewicht sollte in jedem Falle durch ein mehrfaches an statischer Speichenkraft überlagert werden, damit sich die Speichen nicht lockern.
Der Lastfall "Nullstäbe" sollte
Nie auftreten!
Die Speichenvorspannung sollte IMMER hoch genug sein, dass die "führenden Speichen" auch im ungünstigsten Lastfall immer noch unter Zugspannung stehen.
Alle Klarheiten beseitigt?