Für mich hat es mehr mit den Eigenschaften des Werkstoffs "Carbon" (...
also nicht eigentlich den Carbonfasern, sondern dem Kunstharz als entscheidendem Bindemittel ...) zu tun, die ja doch sehr anders sind als bei Metallen, vor allem mit dem für mich nicht prüf- und einschätzbaren Alterungs- und Schadverhalten.
Wir haben alle die Bilder von Rahmen und Teilen im Kopf, die (scheinbar)
einfach so, mitten im Rohr (...
und häufig auch mitten im Rennen ...) zerbrochen sind, mit entsprechenden Folgen.
Natürlich können Stahl- und Aluminium-Rahmen und -Komponenten ebenfalls brechen, und tun das auch, wie ich aus eigener Erfahrung weiß, aber - und das spielt für meine (...
natürlich subjektive ...) Einschätzung der Sicherheit und der Verwendbarkeit auch älterer Rahmen eine entscheidende Rolle - sie tun das selten ohne Vorwarnung, und meistens auch nicht schlagartig, unter völligem Verlust der Material- und Formintegrität.
Dazu kommt, dass es (...
jedenfalls für uns "Endverbraucher" ...) sehr schwierig ist, den tatsächlichen Zustand von Carbonrahmen und -teilen einzuschätzen, geschweige denn, irgendwie sinnvoll zu prüfen. Was an der Oberfläche gut aussieht, kann im Innern fatale Delaminierungsschäden haben; was an der Oberfläche ruppig und mitgenommen aussieht, kann strukturell völlig intakt und voll einsetzbar sein.
Nur als Beispiel: ich habe bei dieser Reynolds Ouzo Pro-Gabel (mit langem Schaft) aus meinem 2001er Litespeed überlegt, ob ich sie hier im Forum verschenken soll. Das war zu ihrer Zeit offenbar eine gute Gabel, leicht, robust, ohne bekannte Schwächen oder Versagensneigungen. Aber sie sah optisch definitiv nicht gut aus, was auf ein hartes Leben und schlechte Behandlung schließen läßt:
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Ich vermute, dass das letztlich wahrscheinlich alles nur Schäden am/im Gelcoat waren, und dass diese Gabel strukturell noch völlig gesund war. Aber weiß man es ? Und vor allem: Möchte man Schuld daran sein, wenn so eine gebrauchte, 20 Jahre alte Carbon-Gabel mit unbekannter Vorgeschichte dann bei einem Forumskollegen bricht ? Ich wollte das jedenfalls definitiv nicht und habe sie daher entsorgt ...
Die Carbongabel habe ich durch eine (neue) Titangabel ersetzt, zu deren struktureller Integrität ich uneingeschränktes Vertrauen habe.
![Smile :) :)](https://cdn.jsdelivr.net/joypixels/assets/8.0/png/unicode/64/1f642.png)
Ja, sie ist deutlich schwerer, also in dieser Hinsicht kein 1:1-Ersatz für die Carbongabel, aber andererseits ist sie immer noch vergleichsweise leicht, und ich habe das Vertrauen, dass sie nicht ohne Vorwarnung brechen wird, was für mich an einem Rad, das wirklich gefahren (und nicht geschont) wird, der entscheidende Punkt ist.
Und der Titanrahmen, in dem diese Gabel original verbaut war, und der also dieselbe "Lebensgeschichte" hatte wie die Carbongabel, hat sich mit Schleifvlies ohne großen Aufwand wieder in einen annähernd neuwertigen Zustand versetzen lassen. Nur
einmal Staub wischen, und schon ist alles wieder gut -
so gefällt mir das ...
Und noch eine Beobachtung: als ich letztens die Carbonscheiben für unser Trophée Lancome-Forums-Staffelrad mit Folie beklebt habe, lag das Laufrad auch mal kurz in der Morgensonne (bei verschleiertem Himmel), und das schwarze Carbon hat sich in diesen wenigen Minuten so stark aufgeheizt, dass man beim Berühren zurückgezuckt ist. Daher habe ich es dann sofort mit einem Tuch bedeckt (
hier hinten im Bild; das Rad hat zu diesem Zeitpunkt keine direkte Sonne mehr abbekommen):
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Es ist in diesem Fall sicherlich nichts passiert (...
und diese Scheiben haben ja an unserem Schaufffensterrad auch nur eine dekorative Funktion ...
![Wink ;) ;)](https://cdn.jsdelivr.net/joypixels/assets/8.0/png/unicode/64/1f609.png)
), aber ich fand es wirklich erschreckend, zu sehen, wie schnell, und vor allem wie stark sich dieses Material (in unlackiertem Zustand) bei Sonneneinstrahlung aufheizt.
Man sollte wohl Carbon an Sommertagen besser nicht ungeschützt in der Sonne stehen lassen, und einige Hersteller weisen ja auch darauf hin, dass Carbon-Fahrräder durch wärmebedingte Delaminierung unsichtbare strukturellen Schäden erleiden können, wenn sie an sonnigen Tagen länger im aufgeheizten Auto gelagert werden.
Carbon - ein Material, das an Fahrrädern für tragende und sicherheitsrelevante Bauteile verwendet wird, aber keine volle Sonneneinstrahlung verträgt ? O.k., kann man meinetwegen gerne machen, aber ich will so etwas definitiv nicht am Fahrrad haben (...
auch, wenn ich natürlich immer versuche, meine Räder möglichst jeweils im Schatten zu "parken" ...
![Wink ;) ;)](https://cdn.jsdelivr.net/joypixels/assets/8.0/png/unicode/64/1f609.png)
).
Da ja heutzutage Carbonräder in Massen produziert werden, es aber bisher keine Testverfahren gibt, mit denen man die strukturelle Integrität von Bauteilen auf wirtschaftliche Weise prüfen kann, wird das Thema der Haltbarkeit und der Verlässlichkeit älterer Carbon-Bauteile sicherlich in den kommenden Jahren und Jahrzehnten auf verschiedenen Ebenen eine wichtige Rolle spielen ...