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Bremsen und ihre Hebel: Übersetzungsverhältnisse

Koolstop und Swissstop sind so ziemlich das beste was man kriegen kann. Und bezahlbar.
 
Da in der kleinen Bastelfrage mal wieder die Leistungsfähigkeit von Bremsen diskutiert wurde, zitiere ich mich hier mal:

"Mich würde ja ein Versuchsmessaufbau zur näherungsweisen Bestimmung des Wirkungsgrades (ohne Einbeziehung der Bremsklötze) von verschiedenen Mittelzug/Seitenzugbremsen inkl. Bremshebel sehr reizen, das dürfte aber recht aufwendig werden und Mitstreiter (alleine würde ich das aktuell nicht machen wollen) würden sich vermutlich eher nicht finden lassen. Oder ließe sich jemand motivieren? Knobi oder Chris-AC vielleicht?;) Knobi hat sich hier schon mal mit dem Übersetzungsverhältnis beschäftigt.
Selbst, wenn keine Messungen durchgeführt würden, wären eine Diskussion der Einflussfaktoren (z.B. Steifigkeit des Bremskörpers/-arme) auf den Wirkungsgrad schon ganz interessant und aufschlussreich."

Hat jemand Interesse an einer Diskussion?

Grüße

Alexander
 
@aledran , Sicher, immer! Und wenn schon, dann richtig, würde ich sagen. Aber dummerweise habe ich zur Zeit nur sehr wenig, ähm - Zeit.

Die erste Frage ist, wie ein möglichst einfacher Versuchsaufbau zu vergleichbaren Ergebnissen führen kann und dabei von verschiedenen Leuten an verschiedenen Orten problemlos zu wiederholen ist.
Ein echter Prüfstand fällt natürlich aus, also müsste Aufbau her, der Rad, Bremse und Griff an einer Federwaage hinter sich her zieht, während der Bremsgriff mit einer definierten Kraft betätigt wird. Das Rad dabei kippsicher zu führen, ist die eine Sache, die nachvollziehbare Belastung des Bremsgriffs die noch viel schwierigere. Und natürlich sollte das Rad nicht unbelastet gezogen werden, wobei das Systemgewicht gleich zum nächsten großen Fragezeichen wird.
Hmm.
Ich befürchte ja, dass sogar ein heldenhafter Fahrversuch eines einzelnen Fahrers mit dem gleichen Belag- und Radsatz in Rädern mit unterschiedlichen Bremsen bereits zu subjektiven Abweichungen führen würde.

Also bleibt eigentlich nur ein fester Versuchsaufbau eines Einzelkämpfers, der immer wieder entsprechend bestückt wird. Vor meinem geistigen Auge erscheint gerade ein zweirädriges Wägelchen aus zwei Gabeln, die jeweils ein Standard-Vorderrad führen und verschiedene Bremsen tragen, welche wiederum an den immergleichen Standard-Hebeln hängen. Beim Versuch bremst jeweils nur ein Rad zur Zeit, während der Wagen mit einer Federwaage gezogen und so die Bremskraft als "Gewicht" gemessen wird. Die Hebelkraft könnte dabei über eine zweite Federwaage eingestellt werden und beim Versuch natürlich unverändert bleiben. So könnte man zumindest zwei verschiedene Bremsen in wenigen Durchgängen vergleichen und müsste anschließend erst wieder umbauen.
Das Problem dabei wäre, dass es eigentlich keinen Standardbelagsatz gibt, der an wirklich jede Bremse passt. Andererseits habe ich irgendwo schon mal moderne Rennradbremsschuhe mit klassischen Canti-Stiften gesehen, die das Problem lösen würden.

Verändert man bei diesem Aufbau nicht die Bremse sondern Beläge, Felge, Hebel oder Bowdenzug, erhält man auch dafür Vergleichswerte. So gesehen gar nicht doof.
Das größte Gegenargument wäre natürlich, dass so eine Versuchsreihe nicht wirklich neue Erkenntnisse bringen wird und folglich überflüssig ist.
 
Verändert man bei diesem Aufbau nicht die Bremse sondern Beläge, Felge, Hebel oder Bowdenzug, erhält man auch dafür Vergleichswerte. So gesehen gar nicht doof.
Das größte Gegenargument wäre natürlich, dass so eine Versuchsreihe nicht wirklich neue Erkenntnisse bringen wird und folglich überflüssig ist.
Och, ich könnte mir vorstellen daß da durchaus überraschende Ergebnisse bei rauskommen. Eine reine Betrachtung der Übersetzungsverhältnisse reicht sicher nicht, Einflussfaktoren wie z.B. Steifigkeit des Bremskörper, auch der Bremshebel, lassen sich nur m Versuch bestimmen.

Nur, das gibt einen riesen Aufwand, fängt schon bei den Bremsgummis an. Erstmal originale, klar, aaaber... sollen das NOS Teile sein oder neu produzierte - nur die gibt es nicht mehr für alle Bremsen. Also noch einen Durchgang mit einem Paar "Referenzbremsgummis". Hier würde sich Koolstop anbieten, die gab es schon in den 80ern und haben sich nach übereinstimmenden Meinungen bewährt. Originale Bremszüge oder aktuelle mit Vierkantdraht? Und was bringt ein steiferer Bremshebel? Der auch noch zu bestimmen wäre...
 
Nun ja - die weiteren Einflussfaktoren sagen z.B. ziemlich vielen Radlern, dass spindeldürre Mafac-Mittelzügler trotz ihres V-Brake-ähnlichen Übersetzungsverhältnisses einfach nicht gut bremsen und man z.B. an den meisten Cantis noch weitere hundert Jahre rumrechnen, philosophieren und einstellen kann, ohne jemals hervorragend zu bremsen, während die sichtbar steife Superbe Pro sich mit einem einzigen Gelenk auch heute noch gut schlägt. :D

Die Standard-Testbeläge sollten meiner Meinung nach auf einer Vielzahl unterschiedlicher Felgen auf jeden Fall immer gut bremsen, also ganz sicher nicht von Koolstop sein. Das kann eigentlich nur ein halbwegs aktueller Shimano-Belag werden, also R55C3 wegen der breitesten Erfahrungswerte. Bei mir war dieser Belag tatsächlich an keiner einzigen Bremse und auf keiner einzigen Felge schlecht, sondern ganz im Gegenteil immer gut bis sehr gut, nass wie trocken. Kein anderer Belag hat das bei mir jemals geschafft, und zwar weder von der Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit her, noch von der Bremsleistung an sich. Koolstop fand ich nur auf vergleichsweise weichen, unbeschichteten Felgen brauchbar, z.B. ganz alten MA2 oder modernen Ritchey-Billigfelgen für Tourenräder. Auf Open Pro u.ä. hingegen grauenhaft.
Die Züge sind beim Standardaufbau mehr oder weniger egal und die Hebel auch, solange sie halt immer gleich bleiben. Am wenigsten verfälschen dürften wohl Nokon-Hüllen, weil sie sich halt nicht zusammendrücken lassen. Die Standard-Testhebel würde ich so wählen, dass man eine Federwaage über einen Ring o.ä. dort fest und zuverlässig einhängen kann, ggf. also ein Loch dafür bohren. Am anderen Ende würde die Federwaage an einem simplen Seilspanner hängen, um die gewünschte Zugkraft einstellen zu können; der Seilspanner wäre wiederum am Wägelchen fest.
Die Standard-Testreihe könnte z.B. die Zugkraft für 2, 5 und 10 kg Handkraft ermitteln, und die Blockiergrenze auf Teer.
 
Hm, über Cantis kann ich nicht meckern, wenn man die richtigen Bremsgummis rausgefunden hat (hier Koolstop und XT Cartridge). Die sind mir trotz der Fummelei manchmal lieber als V-brakes. Gute Cantis mit guten Hebeln latürnich.
An Nokon hatte ich auch gedacht, aber ogenoool ist was anderes... Für einen Testaufbau wohl zu verschmerzen.
Koolstop fand ich nur auf vergleichsweise weichen, unbeschichteten Felgen brauchbar, z.B. ganz alten MA2 oder modernen Ritchey-Billigfelgen für Tourenräder. Auf Open Pro u.ä. hingegen grauenhaft.
Klingt nach den silbernen. Gibt ja auch noch die schwarzen und die lachsfarbenen. Und überhaupt, die Reibwertpaarung Bremse/Felge ist auch noch ein Thema für sich (muß mir in Kürze was für Alesa Hard Anodized einfallen lassen).
 
(...)
Selbst, wenn keine Messungen durchgeführt würden, wären eine Diskussion der Einflussfaktoren (z.B. Steifigkeit des Bremskörpers/-arme) auf den Wirkungsgrad schon ganz interessant und aufschlussreich."
(...)
Schwierige Sache. Ein Aspekt einer guten Bremse ist, das Verhältnis zwischen Hand- und Anpresskraft. Diese ist vor allem von den Hebelverhältnissen abhängig, aber auch von der Reibung in den Lagern der Bremse und der Züge. Lager mit kleinen Durchmessern sind vorteilhafter. Neue Leichtbaubremsen verwenden teilweise Lager mit größerern Durchmessern, was die Reibung erhöht.
Dazu kommen aber noch andere Sachen:
-Hebelweg bis die Bremse anfängt zu bremsen (ohne dass die Beläge in der Ruhestellung an der Felge schleifen). Dafür ist die Kombination aus Bremse und Hebel verantwortlich, also vor allem die Hebelverhältnisse.
-Hysterese beim Dosieren: Dafür ist neben der Reibung in der Bremse vor allem die Reibung im Zug verantwortlich. Optimal ist es wenn der Hebelweg eins zu eins in Bremskraft übergeht, durch die Reibung muss man aber etwas mehr loslassen, bis die Bremskraft anfängt nachzulassen. Dieser Punkt spricht besonders für hydraulische Bremsen.
-Ein sehr wichtiger Faktor, der oft vergessen wird: Der Mensch dosiert nur optimal wenn er sowohl Kraft- als auch Wegeindruck bekommt. Fehlt einer der Aspekte ist das Bremsen unangenehm bis unsicher. Das ist auch der Grund warum sehr steife Leichtbau- oder Scheibenbremsen unangenehm zu bremsen sind. Hinzu kommt, dass mit steiferen Bremsen die Hysterese stärker zum tragen kommt.

Diese Faktoren sind wie man sieht nicht eindeutig, es gibt jeweils eine goldene Mitte. Das macht auch eine allumfassende Aussage schwierig.
Bei modernen Bremsen schafft Shimano (BR-9000) gefühlt den besten Kompromiss: Stahllager mit geringen Durchmessern und Teflon-beschichtete Züge für wenig Reibung, größere Einholwege um die Hysterese zu reduzieren, nicht zu steife Bremsarme für gutes Verhältnis aus Kraft und Weg. Hinzu kommen andere, für mich persönlich wichtige Aspekte, wie Zwanglauf(wie alle Dual-Pivot-Bremsen) und symmetrische Bremsbelagbewegung(wie Single-Pivot-Bremsen). Dazu kommen natürlich die Bremsbeläge und Felgen die einen großen Einfluss auf das Bremssystem haben.
 
Nee, das waren immer lachsfarbene. Wirklich gut gebremst, nass wie trocken, haben sie eigentlich nur auf Ritchey OCR. Überall anders habe ich sie irgendwann gegen die Shimanos ausgetauscht und fand den Unterschied jedes Mal bemerkenswert.
 
(...) -Ein sehr wichtiger Faktor, der oft vergessen wird: Der Mensch dosiert nur optimal wenn er sowohl Kraft- als auch Wegeindruck bekommt. Fehlt einer der Aspekte ist das Bremsen unangenehm bis unsicher. (...)

Simon, manchmal bist Du einfach unbezahlbar. Vielen Dank für diese Erklärung!
Schön, dass es Dich noch gibt.
 
Vielen Dank für den Thread, finde ich richtig interessant!

Shimano hat bei neueren Hebeln (ab wo der Schaltzug verschwand unters Lenkerband) das Verhältnis nochmal geändert und rät davon ab, diese Hebel mit älteren Rennradbremsen zu verwenden. Die neuren STI zu vermessen wäre auch noch interessant.
Aus meiner Praxiserfahrung:
ST-7900 (die ersten STI mit Schaltzügen am Lenker, 10fach) funktionieren problemlos und unauffällig mit BR-7800. Ich bin diese Kombi mehrere Saisons in A,B-Lizenzrennen gefahren und fahre das so auch heute noch am Carbonhobel.
 
Die erste Frage ist, wie ein möglichst einfacher Versuchsaufbau zu vergleichbaren Ergebnissen führen kann und dabei von verschiedenen Leuten an verschiedenen Orten problemlos zu wiederholen ist.
Das wäre zwar zu wünschen; ich befürchte aber, dass der Aufbau schnell zu kompliziert wird, als das der mehrfach gebaut wird.:confused:

Im Moment (sind erste Gedanken) stelle ich mir das so vor:
Die Bremsklötze (in Paarung mit der Felge) würde ich "erstmal" außen vor lassen (sonst wird es von Anfang an sehr aufwendig) und mich auf die Kraftübersetzung des Bremssystems im statischen Gleichgewichtszustand beschränken wollen.

Aufbau:

Bremshebel:
  • Bremshebel auf runder, waagerechter Stange (alter Lenker?) mit Lenkerdurchmesser angeschraubt;
  • an dem Bremsarm des Bremshebels in einem noch zu definierenden Abstand ein noch zu definierendes Gewicht (als Handersatzkraft) hängen
    • um den Abstand sicherzustellen z.B. links und rechts vom Gewicht 2 kleine Schellen/Kabelbinder auf dem Bremsarm fixieren
Bremshülle + -zug:
  • es bleibt uns zwecks Vergleichbarkeit der Messungen wohl nicht anderes übrig, als für die Standardmessung immer den gleichen Typ von Hülle und Zug (Shimano SLR?) zu verwenden, soweit sich das jeweils an Bremskörper und Bremshebel montieren läßt (u.U. verschiedene Durchmesser der Einführungen?)
  • parallel kann die Messung mit anderer Hülle/Zug (altes original Schätzchen z.B.) durchgeführt werden
  • zur Simulation von Vorder- und Hinterrad könnte man 2 Längen mit unterschiedlichen Bögen festlegen
  • bei Mittelzugbremsen ausreichend steifes Widerlager verwenden
Bremskörper:
  • anstelle der Bremsklötze Dummies montieren, die eine relativ kleine Auflagefläche haben, so dass sich der Lasthebelarm relativ genau messen läßt
  • unklar ist mir noch, wie man die anfallende Kraft im Bremskörper messen kann
    • in meiner alten Firma hätte ich Zugriff auf Kraftmessdosen mit Analoganzeige (link 2) gehabt
    • die gibt es vielleicht auch in meiner neuen Firma ... nur, ob ich mir die da leihen darf? ... ich denke eher nicht:(
    • eine Idee wäre noch, eine Personenwaage zu nehmen; nur dürfte die vermutlich (ich habe so etwas selber nicht) bei den kurzen Bremsarmen so außermittig und dicht am Rand nicht belastet werden ... vielleicht mal ein solche Waage zerlegen?
    • der Bremskörper müsste so montiert werden, dass ein Klotz sich von unten an der Waage/Messgerät abstützt und der andere Arm von oben auf den Kolben drückt
      • dafür den Bremskörper in der Aufnahme nicht ganz festschrauben, so dass er sich relativ leicht drehen kann, damit beide Klötze etwa gleich stark gegen das Messgerät drücken
Berechnung:
  • Theoretische Kraftübersetzung berechnen
  • praktische Kraftübersetzung messen bzw. berechnen
  • Wirkungsgrad ermitteln
Ich nehme an, dass die statische Messung die effektive Bremsleistung nicht genügend genau widerspiegeln wird. Reibung in Bremhebel, Hülle, Zugführung/Feder/Lagerung im Bremskörper etc. wird sich im ermittelten Wirkungsgrad wiederspiegeln.
Nicht genügend steife Bremsarme z.B. werden m.E. aber praktisch nicht nur die Dosierbarkeit (die nicht so ohne weiteres gemessen werden kann) verschlechtern, sondern nach meiner Vermutung auch Einfluss auf die dynamische Bremskraft beim realen Bremsen (Flattern, Rubbeln, ..) haben.

Kurze Ideen zum Messen der dynamischen Bremskraft
  • Referenzlaufrad und Referenzbremsklötze
  • Variante 1:
    • Servogetriebemotor, der das Referenzlaufrad auf eine bestimmte Drehzahl hält; über die Stromaufnahme könnte man einigermaßen genau das Bremsmoment bestimmen war nur Spaß (ginge zwar theoretisch bei mir in der Firma, praktisch aber wohl nicht machbar)
  • Variante 2:
    • da ich diese Variante noch nicht zu Ende denken konnte, schreibe ich sie jetzt hier am besten erst gar nicht auf:(
... ich muss ins Bett ... und auch mein Fahrradphysikbuch suchen, dass seit dem Umzug nicht mal so eben zu finden ist :confused:

Grüße

Alexander
 
Die DIN EN 14871 zeigt meines Wissens nach wie Versuchsstände aufgebaut werden müssen und welche Kräfte angesetzt werden müssen. Ich habe die Norm bei der Arbeit liegen, bin aber gerade nicht im Büro.

Man kann naürlich auch, so wie hier, mit Kanonen auf Spatzen schießen ;)

Bremse FEA test.JPG


(Das war nur mal ein Schnellschuss um ein buntes Bild zu erzeugen und hat mit der Realität nur wenig zu tun)
 
Nun ja - die weiteren Einflussfaktoren sagen z.B. ziemlich vielen Radlern, dass spindeldürre Mafac-Mittelzügler trotz ihres V-Brake-ähnlichen Übersetzungsverhältnisses einfach nicht gut bremsen und ...
Welche Mafac z.B. meinst Du? "Spindeldürr" habe ich die nicht in Erinnerung. Ich wage auch zu bezweifeln, dass die ein V-Brake ähnliches Ü-Verh. erreichen. In Deinen Berechnungen am Anfang dieses Themas hattest Du wie bereits geschrieben den Winkel des Querzuges "unterschlagen". Das darf man nur, wenn im Druckpunkt der Seilzugwinkel alpha 120 Grad ist. Bei Mittelzüglern wird alpha i.d.R. eher deutlich kleiner als 120 Grad sein.

Die Standard-Testbeläge sollten meiner Meinung nach auf einer Vielzahl unterschiedlicher Felgen auf jeden Fall immer gut bremsen, also ganz sicher nicht von Koolstop sein. Das kann eigentlich nur ein halbwegs aktueller Shimano-Belag werden, also R55C3 wegen der breitesten Erfahrungswerte. Bei mir war dieser Belag tatsächlich an keiner einzigen Bremse und auf keiner einzigen Felge schlecht, sondern ganz im Gegenteil immer gut bis sehr gut, nass wie trocken. Kein anderer Belag hat das bei mir jemals geschafft, und zwar weder von der Zuverlässigkeit und Reproduzierbarkeit her, noch von der Bremsleistung an sich. Koolstop fand ich nur auf vergleichsweise weichen, unbeschichteten Felgen brauchbar, z.B. ganz alten MA2 oder modernen Ritchey-Billigfelgen für Tourenräder. Auf Open Pro u.ä. hingegen grauenhaft.

Sehr interessant. R55C3 kenne ich noch nicht. Koolstop lachsf. benutze ich seit 1-2 Jahren am Reiserad mit Suntour XC Pro Cantis und Shimano SLR BL-6401 Hebeln (vorne eine mittlerweile das Eloxat weggebremste dunkle Campa Strada Hardox Felge). Bremst trocken recht gut, nass aber deutlich schlechter als ich erhofft hatte (naß nicht besser, als ich die Suntour Klötze im Neuzustand vor >20 Jahre in Erinnerung habe).

Die Züge sind beim Standardaufbau mehr oder weniger egal und die Hebel auch, solange sie halt immer gleich bleiben. Am wenigsten verfälschen dürften wohl Nokon-Hüllen, weil sie sich halt nicht zusammendrücken lassen.
Da die Hebel recht unterschiedliche Seilbremshebelarme haben (z.B. 17-24 mm bei Shimanos aus den 80ern) würde ich den passenden Hebel zum Bremskörper nehmen wollen. Nokon war mir zum Vergleichen bislang immer zu teuer.;) Zum Vergleich die mitzumessen, wäre schon interessant. Repräsentativer, weil viel verbreiteter wären aber m.E. Shimano SLR.

Grüße

Alexander
 
Schwierige Sache. Ein Aspekt einer guten Bremse ist, das Verhältnis zwischen Hand- und Anpresskraft. Diese ist vor allem von den Hebelverhältnissen abhängig, aber auch von der Reibung in den Lagern der Bremse und der Züge. Lager mit kleinen Durchmessern sind vorteilhafter. Neue Leichtbaubremsen verwenden teilweise Lager mit größerern Durchmessern, was die Reibung erhöht.
Welche Bremsen und welche Lager (Bremshebel oder Bremskörper) meinst Du? Ich hab es nicht so mit ganz neuen Bremsen.;)

-Ein sehr wichtiger Faktor, der oft vergessen wird: Der Mensch dosiert nur optimal wenn er sowohl Kraft- als auch Wegeindruck bekommt. Fehlt einer der Aspekte ist das Bremsen unangenehm bis unsicher. Das ist auch der Grund warum sehr steife Leichtbau- oder Scheibenbremsen unangenehm zu bremsen sind. Hinzu kommt, dass mit steiferen Bremsen die Hysterese stärker zum tragen kommt.
Die steifste Bremse, die ich kenne (das sind eher ältere Rennradbremsen und maximal mittelklassige Alltagsbremsen), dürfte eine Magura HS11 sein.
Gerade bei hochwirksamen Bremsen ergibt sich durch das hohe Übersetzungsverhältnis ein recht großer Bremshebelweg bezogen auf den Weg der Bremsklötze einhergehend mit einem positiven Einfluss auf die Dosierbarkeit.
Da die Steifigkeit aller Bauteile bei Felgenbremsen ja immer begrenzt ist, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass Bauteile der Bremse zu steif sein können. Bei Scheibenbremsen ist durch die kompaktere Baugröße eine höhere (und ggf. auch zu hohe?) Steifigkeit für mich nachvollziehbar.

Diese Faktoren sind wie man sieht nicht eindeutig, es gibt jeweils eine goldene Mitte. Das macht auch eine allumfassende Aussage schwierig.
Bei modernen Bremsen schafft Shimano (BR-9000) gefühlt den besten Kompromiss: Stahllager mit geringen Durchmessern und Teflon-beschichtete Züge für wenig Reibung, größere Einholwege um die Hysterese zu reduzieren, nicht zu steife Bremsarme für gutes Verhältnis aus Kraft und Weg.
Kennst Du eine Felgenbremse, die zu steif ist? Mit dieser Aussage von Dir hadere ich noch. Alles andere ... :daumen:

Grüße

Alexander
 
Welche Bremsen und welche Lager (Bremshebel oder Bremskörper) meinst Du? Ich hab es nicht so mit ganz neuen Bremsen.;)

Die steifste Bremse, die ich kenne (das sind eher ältere Rennradbremsen und maximal mittelklassige Alltagsbremsen), dürfte eine Magura HS11 sein.
Gerade bei hochwirksamen Bremsen ergibt sich durch das hohe Übersetzungsverhältnis ein recht großer Bremshebelweg bezogen auf den Weg der Bremsklötze einhergehend mit einem positiven Einfluss auf die Dosierbarkeit.
Da die Steifigkeit aller Bauteile bei Felgenbremsen ja immer begrenzt ist, wäre ich nicht auf die Idee gekommen, dass Bauteile der Bremse zu steif sein können. Bei Scheibenbremsen ist durch die kompaktere Baugröße eine höhere (und ggf. auch zu hohe?) Steifigkeit für mich nachvollziehbar.

Kennst Du eine Felgenbremse, die zu steif ist? Mit dieser Aussage von Dir hadere ich noch. Alles andere ... :daumen:

Grüße

Alexander
Eine sehr steife Bremse ist z.B. die M5. Es ist nicht so, dass man mit ihr nicht Bremsen kann, so steif ist sie allein wegen des Gewichts nicht, es ist aber merklich anders als mit Shimano-Bremsen. Wenn man diese Bremse dann noch mit steifen Zügen, wie Nokon kombiniert, ist das dann schon unangenehm. Scheibenbremsen sind nicht zwangsläufig steif in dem Sinne. Sie bauen zwar sehr klein und massiv, dafür sind aber die Kräfte viel größer und die Verwindungen werden viel stärker zum Bremshebel hin übersetzt. Hinzu kommt, dass die Leitung natürlich auch elastisch ist. Wenn man mit der Scheibenbremse bremst, merkt man ja auch deutlich, dass man nicht nur die Kraft ändert, sondern, dass sich auch der Bremshebel dabei deutlich bewegt.
Den Effekt, den du mit dem Bremshebel-Bremsbelag-Übersetzungsverhältnis siehst, geht genau in diese Steifigkeitsrichtung: Ein Bremshebel mit viel Handweg macht entsprechend wenig Zugweg. Für die gleiche Verwindung, und damit Bremskraft der Bremse, muss man mehr Weg mit der Hand machen. D.h. der Weg ist hier positiv für die Kontrolle und die gefühlte Dosierbarkeit. Man kann genau das Gegenteil ausprobieren, und mit einem V-Brake-Hebel eine Rennradbremse biedienen. Man kommt zwar schon irgendwie an die gewünschte Bremskraft, ein Gefühl von Dosierbarkeit hat man da aber weniger (obwohl man sogar mehr Auswahl in der Handkraft hat).
Ein Beispiel für schlechte Lager ist die EE-cycleworks Brake. Da sind Gleitlager mit einem sehr großen Durchmesser, was zwar leicht, aber schlecht für die Reibung ist(gleiche Normalkraft führt auf Grund des größeren Hebels(=Radius) zu mehr Reibmoment). Bei dieser Bremse ist es auch noch so, dass sie einen Kniehebel-Effekt nutzt. Damit nährt sich der Bremsbelag schnell an die Felge, dann wird der Hebel des Bremsschuhs aber zunehmend kleiner. Eigentlich eine schöne Idee, aber kombiniert mit der Lagerreibung und auch der reibungsfördernden Kniehebel-Kinematik ist die Bremse nicht so gut zu fahren, wie eine Shimano..
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich muss hier mal was ergänzen, weil es in den Thread der "Roten Ratte" nicht so richtig passt und ich doch etwas überrascht bin.
Heute war meine erste Probefahrt mit einem Satz CLB2 Mittelzugbremsen aus den frühen 70ern, an denen einiges seltsam ist.
Die Bolzen der Schenkel stehen um ca. 45° schräg, vorn nach außen, hinten nach innen. Die Rückholfeder ist gleichzeitig das Zugdreieck und braucht natürlich ihren eigenen, genau passenden "Hanger", das Gewicht liegt deutlich unter dem vergleichbarer Mafacs (320 - 340 g pro Satz inkl. allem, je nach Belägen).

Das Ergebnis ist in mancher Hinsicht überzeugend, bei trockenen Felgen fast schon rabiat. Die CLB2 kombiniert einige Eigenschaften, die sich normalerweise nicht vereinbaren lassen:
- gute Bremswirkung
- knackiger Druckpunkt
- relativ geringer Hebelweg

DSCN6756.jpg


DSCN6758.jpg


DSCN6759.jpg


Von Beschreibungen im Netz und im Originalprospekt habe ich mir eigentlich nicht viel versprochen, trotz Sätzen wie "Attention: Freins puissants!" oder "May apply an enormous amount of force" und einer Fotoserie eines verbogenen vorderen Haltebolzens nach einer Vollbremsung. Bilder eines feinen Renntandems allein mit diesen Bremsen haben mich dann schon nachdenklicher gemacht und ich fand die Dinger herrlich schräg, also einfach einen Satz für 20 € aus der französischen Bucht gefischt und auf moderne Beläge umgebaut.

Ich würde die Leistung beinahe mit klassischen V-Brakes vergleichen, nur eben ohne das labbrige Feeling am Hebel. Die Dosierbarkeit ist dabei etwas gewöhnungsbedürftig, weil man erstmal viel zu heftig hinlangt; die Handkraft ist nicht wirklich niedrig, die Federn dürften gern etwas weicher sein. Zum Blockieren des Hinterrads reicht aber eigentlich immer ein Finger am Hebel, natürlich von oben gezogen. Gequietscht hat übrigens gar nix, nie.

Sonderbar fand ich die nicht vorhandene Lagerung. Natürlich musste ich so eine Bremse unbedingt erstmal auseinandernehmen: In der Brücke sitzen von hinten zwei Gewindebolzen, die dort und in den Armen Gewinde vorfinden. Eine klassische Lagerung oder gar Einstellmöglichkeit gibt es nicht, die Arme drehen sich also auf den Gewinden. Wer auch immer sich das ausgedacht hat. Natürlich haben die Arme schon werksseitig einiges Spiel, was man beim Ausrichten der Beläge bedenken sollte, weil man sich sonst womöglich die teuren Reifen schreddert. Die Idee mit der Feder finde ich auch nicht sooo gut, weil sie natürlich keine Einstellmöglichkeiten bietet und eine kaputte Feder das Ende der Bremse bedeutet.
Die vordere Brücke ist ziemlich schmal und setzt sich schnell mit Matsch zu, der dann am Reifen reibt, also werden sie vermutlich nicht am Ackerrad bleiben. Die originalen Hebel taugen meiner Meinung nach wenig und liegen auch nicht gut in der Hand, verwendet habe ich Shimano-Aerohebel für Eingelenker (BL-1050). Die Bremsen selbst werde ich aber nicht mehr hergeben!

Was meint ihr?
Wie und warum funktionieren die winkligen Bolzen, und warum erzeugen sie die genannten Eigenschaften?
 
Zuletzt bearbeitet:
In der Brücke sitzen von hinten zwei Gewindebolzen, die dort und in den Armen Gewinde vorfinden. Eine klassische Lagerung oder gar Einstellmöglichkeit gibt es nicht. Die Arme drehen sich also auf den Gewinden.
Das ist typisch für CLB. Die Professionnel sind auch so. Einfach auf den Bolzen geschraubt, keine Feineinstellung möglich. Und offensichtlich auch nicht nötig. Wer sich das ausgedacht hat, war ein Genie. Ich würde sowas sicher nicht schaffen. Oder vielleicht schon, aber ich weiß es nicht, weil ich mir zu viele Gedanken mache. Fakt ist aber, dass diese CLB-Lösung funktioniert.
Die schräge Stellung ist eine Art Bremskraftverstärker (aber nur hinten). Das ist das Prinzip der auflaufenden Bremsbacke. Warum gerade hinten? Keine Ahnung. Suntour SE war ja ähnlich intentioniert.
Die CLB2 sind prima Bemsen fürs Rennrad oder die Randonnöse. Für 650B taugen sie nicht, weil sie nicht genügend Platz für dicke Reifen + Bleche lassen. die CLB1 (traditionelle MZB mit langen Schenkeln und breitem Durchlauf) sind da besser geeignet.
 
Wenn das Geheimnis im Winkel der Bolzen liegt, muss es vorn und hinten funktionieren, weil die Winkel an beiden Brücken so gewählt sind, dass die Bewegung vorn und hinten gleich ist. Hinten zeigen die Bolzen nach innen, vorn nach außen; die Beläge bewegen sich also in Drehrichtung der Räder zu den Felgen. Das wirkt ja auch erstmal irgendwie schlüssig, nur hätte ich ewig viel Weg am Bremshebel erwartet, weil ja die Hälfte des Weges am Belag nicht der Zustellung dient, sondern der Bewegung nach vorn.
 
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