So, jetzt ist es also geschehen, ich hab’s gemacht und ich hab’s geschafft!!!!
Nachdem ich es groß im Forum angekündigt habe und soviel aufmunternde Worte in PNs und Freds gekommen habe, musste es ja sein. Das Wetter versprach gut zu werden, warm, wenig Wind, das Fahrrad war top in Form, ich war gesund und hatte keine Wehwehchen, das Auto vollgetankt, die Klamotten gewaschen, Bananen eingekauft, kurz, ich hatte keine, aber auch keine einzige Ausrede in Sicht.
Der Samstag abend begann hervorragend: Gartenparty in der Nachbarschaft. Und mit Schlagern. Um 2 Uhr habe ich mich verflucht, warum ich so ein toleranter Mensch bin und nicht einfach mal rüber gehe und frage, ob die den Lautsprecher mal zur Abweschlung in die andere Richtung drehen können. Mit „So ein Tag so wunderschön wie heute“ und viel Gegröhle endete das um 2:10h dann gnädigerweise. Also noch Zweieinhalb Stunden Schlaf. Den hab ich, glaub ich, irgendwie noch bekommen….Mein Mann hatte das Glück, durchzuschlafen.
Um 4:45h dann wieder raus…Den hier schon beschriebenen „Warum-Blick“ in den Spiegel hab ich bewußt vermieden.
Um 5:23h dann los und ohne Schwierigkeiten bis nach Bottrop. Als wir an der Halle ankamen, waren die Adler Bottrop gerade dabei, aufzubauen. Wir haben also auch in Ruhe alles fertiggemacht und für einen leckeren Kaffee hat es dann auch noch gereicht.
Pünktlich um 6:45h ging es dann mit einer Gruppe von ca. 60-80 Leuten los. Vor dem Start stand ein großer Wagen des Vereins und ich dachte schon, der fährt jetzt bis zur Stadtgrenze vor uns her, damit wir keine Ampeln überfahren und so Scherzchen. Aber der Wagen wurde nur zur Seite gestellt und sollte uns dann erst später wiederbegegnen.
Herrliches Wetter, laues Windchen, erfrischende 13 Grad (MIR war nicht kalt, dafür sorgte meine Nervösität)
Am Start einen Puls von 150 startete die Gruppe recht gemächlich und pendelte sich hinter der Stadtgrenze auf ca. 34,5 km/h ein. Ich hatte vorher echt keine Ahnung, war „Rollen im Feld“ tatsächlich bedeutet, aber es war gar nicht so schlimm!! Mein Puls beruhigte sich tatsächlich und ich konnte noch ein bißchen frühstücken. Nach ca. 20km sahen wir dann den Van vom Start zum ersten Mal wieder und nach ein paar Fotos, die er vom rollenden Feld machte, hat er uns noch zwei ungefährdete Straßenüberquerungen ermöglicht.
Und dann wurde es ihm wohl langweilig… oder wir ihm zu langsam. Jedenfalls setzte sich der Wagen vor das Feld und ab dann wurde es stressig. Zum einen, weil er sich nicht so recht für ein Tempo entscheiden konnte, zum andern, weil das Tempo mal eben auf 40-43 hochgeschraubt wurde. Kurz vor der zweiten Kontrolle kam dann noch eine längere sanfte Steigung hinzu und das Feld flog nur so auseinander. Erst drei, dann ich, dann der nächste und so weiter. Ich hab das aber gar nicht bereut, denn das Bild „von hinten“ war faszinierend, wie die Leutchen so nach und nach ausdröppelten und der Van eine lange Kette einzelner Radler hinter sich her zog. Zu fünft kamen wir dann an der Kontrolle an und mit sieben ging es dann weiter. Ralle, der mich kurz vorher angesprochen und sich damit „zu erkennen“ gegeben hatte, meinte schon: „Jetzt wird’s einsam“. Aber für mich war einsam nur ganz allein, und solange ich nur ein Hinterrad zum dranhängen hatte, war mir alles egal.
Tatsächlich sammelten wir unterwegs immer wieder einzelne Versprengte ein, so dass wir mit 12 Leutchen zu einem Punkt kamen, an dem die Marathonstrecke wieder mit der 110 km Tour zusammenlief, und plötzlich wieder ein Riesenpulk zusammenfuhr.
Mir gab das Auftrieb, denn wenn die 110-er Fahrer hier mit uns zusammenliefen, mussten die ja an irgendeinem Punkt wieder von der Strecke abweichen und nach Hause fahren, und das hieß, es gab noch einen Ausstieg für mich, falls ich nicht mehr konnte.
Aber es rollte und rollte und rollte. Immer mit mindestens 7 Radlern und ich höchstens mal an zweiter Stelle. Als die 120km auf dem Tacho standen, meine bisher weiteste Strecke, gab es für mich keine Frage, dass ich das schaffen würde, irgendwie!
Ab km 150 kamen dann die ersten Leiden. Laut und sehr zur Erheiterung von Ralle habe ich meine Eitelkeit verflucht, mit meinem neuen
Sattel zu nehmen, statt das alte Sofakissen zu benutzen. Allerdings denke ich heute, hätte ich diese Sitzschwierigkeiten in jedem Fall gehabt, es hatte einfach mit der Zeit zu tun, die ich schon auf dem
Sattel saß, nicht mit dem
Sattel selbst. Jedenfalls wäre ich die letzen 10 km am liebsten im Stehen gefahren, wenn ich noch gekonnt hätte.
Ab km 167 kam dann ein Hörschaden hinzu. Ein Fahrer hatte eine alte Campa, die immer, sobald er nicht trat, zirpte wie ein Schwarm aggressiver Heuschrecken auf Ecstasy. Ich hätte das Fahrrad in den Rhein schubsen können!!!
Dann führte die Strecke ca. 40 mal über den Datteln-Wesel-Kanal und wieder zurück. Ganz ehrlich: Wenn mir heute jemand sagt, wir sind im Kreis gefahren, ich würde es glauben. Leider war einmal der Pfeil der Streckenführung so klein, dass es die Gruppe zerfetzte. Die eine Hälfte bog richtig ab und die andere musste erstmal auf der Kanalbrücke wenden (Vielleicht wärt ihr uns entgegengekommen, wenn ihr einfach weiter gefahren wärt…..). Ralle ist dann, ohne sich zu verabschieden, in einer Gruppe Sonntagsfahrer hängengeblieben. Schade!!
Irgendwann nach km-ich-weiß-nicht-mehr kam dann der Einbruch. Erstaunlicherweise klebte mein Puls auf 135 (Grundlage?!), trotzdem fühlte ich mich irgendwie … bescheiden. Ich glaube, das war irgendwie ein Notprogramm…. Das war dann der Zeitpunkt für Super-Micky Power-Gel! Vanille mit Koffein. Schmeckte wie erschlagener Vla mit lauwarmen Kaffee verpanscht. Aber hat geholfen. Der Puls rückte wieder auf 150 und ich fühlte mich wieder besser. Zusätzlich hatte ich aber offensichtlich irgendwelche endorphinale Höhen erreicht oder in der Packung waren noch irgendwelche Geheimstoffe, die nicht drauf stehen, denn sämtliche Schmerzen waren plötzlich futsch.
Naja, dass ich aber dann trotzdem am Ende meiner Kräfte war, merkte ich dann 10,12 km vor Ende der Tour. Da hatten plötzlich die Fahrer vorne sich noch nicht genug abreagiert, oder bekamen Sonnenstiche oder was weiß ich, jedenfalls hatten die Spaß, das Tempo nichmal auf >35 hochzudrehen und einen nach dem andern stehen zu lassen. Zu dritt sind wir dann an der Halle angekommen, wo mein Mann schon ganz stolz auf mich gewartet hat.
*schulterklopf*
„Seine“ Tour muss zum Teil schmerzhaft gewesen sein, denn das besagte Auto hat die Führungsgruppe noch gute 40 km durch Wesel gejagt, teilweise wohl mit knapp 50 km/h. Dass der sich dabei zweimal verfahren hat, hat sein übriges beigetragen….. :eyes:
Meine Bilanz:
Ein perfekter Marathon für mich Einsteiger, nette Leute getroffen, schöne Landschaft gesehen.
Laut meiner verrückten Pulsuhr habe ich gerade mal 1540 Kalorien verbrannt, aber über 7 Liter Flüssigkeit über den Tag, die Nudeln, das Studentenfutter, 6 Brote, eine Banane und endlose Riegel unterwegs haben noch drei Kilo weniger auf der Waage hinterlassen….
206 km in 6:40 Stunden und einem Schnitt von 31,1 km/h. Es war Schmerz und Spaß und es war Himmel und Hölle. Dabei habe ich glaube ich noch keine „wahren“ Höllen durchschritten, wenn ich bedenke, wie gut es mir heute geht. In jedem Fall ist das Gefühl danach unbeschreiblich und ich denke, ich werde es auch wieder tun!
Greetjes vom Mädchen
(P.S. Allerdings meinte mein Schatz, dass ich ab jetzt bei der nächsten RTF auch vorne fahren dürfe. Also ob ich wirklich noch mal mitfahre…)