Danke, daß Du Dich mit meinen Argumenten auseinandergesetzt hast!
Du machst hier das folgende verkettete Argument:
1. Es gab in der Vergangenheit Fälle, in denen auch nach Jahren noch Titel wegen Dopings aberkannt wurden.
2. In diesen Fällen war das Doping zum Zeitpunkt seiner Umsetzung nicht nachweisbar.
Folgerung: --> Die reichen Länder dopen heute mit in der Breite noch unbekannten Mitteln.
Das ist ein Fehlschluss: Vielleicht dopen heute alle/viele/einige mit unbekannten Mitteln, aber das folgt nicht aus deinen Annahmen.
Ja, natürlich hast Du formallogisch recht, daß ich nicht "beweisen" kann, daß heutzutage wie früher gedopt wird, und daß - noch - nicht nachweisbare Substanzen verwendet werden.
Gegenargument: die Geschichte mit genau diesem Ablauf - Profis "reicher" Nationen (dazu zähle ich auch DDR/UdSSR!) stellen Weltrekorde auf; Jahre später Nachweis von doping - ist mehr oder weniger kontinuierlich - wobei man eben auch z.B. bei Kugelstoßen etc. durchaus gesehen hat, daß es wohl Jahre gab, wo es keine "innovativen" Substanzen gab, und die Leistung sich im Mittel sogar zurückentwickelte.
Wenn dann noch Rekorde z.B. für bestimmte immer wieder bei Tour etc. vorkommende Anstiege ständig fallen (die von nachweislich gedopten Athleten gesetzt wurden!), dann spricht viel dafür, daß das nicht nur besseres Material und besseres Training ist, oder? Aber, natürlich, formallogisch ist das kein Beweis...
Gegenprobe: Im Umkehrschluss folgt daraus, dass ein ungedopter Sportler weder ein Etappenrennen, noch ein Siebentagerennen (langfristig schadlos?) absolvieren kann. Diese Aussage kann man wohl getrost verwerfen: der wichtige Punkt hier ist die Intensität des Rennens, also die notwendige Leistung. Für diese gibt es aber keinen anerkannten Maßstab. Auch wenn es schon versucht wurde, hat noch niemand sauber beweisen können, welche Leistungen ohne Doping menschlich unmöglich sind.
Dein Argument mit der Intensität ist absolut richtig; es gibt ja auch Extremsportler, die "täglich einen Marathon" über Wochen laufen - nur eben nicht mit der Intensität eines Profi-Marathonläufers.
Wir dürfen aber in einer Rennsituation ausschließen, daß hier jemand mit niedriger Intensität teilnimmt, oder?
Zu Deinem letzten Satz: auch hier ist formallogisch keine Widerlegung möglich - was umgekehrt Deine Aussage so sinnvoll macht wie "morgen geht die Sonne auf" (Popper; starke vs. schwache Hypothesen). Es gab und gibt solche Versuche, wo man z.B. sich die Hebelverhältnisse anschaut, die maximalen Lasten, die die langen Röhrenknochen schaffen können, maximale Kontraktionsgeschwindigkeiten der jeweiligen Arbeitsmuskulatur etc. - bringt aber nicht wirklich weiter. Ebenso nicht die Tatsache, daß insbesondere in Sportarten, wo die Technik der Ausführung und Trainingslehre enorm wichtig sind, heute Amateure z.B. schneller schwimmen als vor drei Jahrzehnten zugedopte Profis. Dann bleibt die ketzerische Frage, warum überhaupt gedopt wird?!? Vermutlich, weil jeder, der dopt, eben die gegenteilige Erfahrung von dem, was Du insinuierst, gemacht hat: deutliche Verbesserung gegenüber nicht gedopt. Also, auch hier steht formallogischer Nichtbeweis (wobei absence of evidence nicht evidence of absence bedeutet) gegen die Realität.
Damit bei einer solchen Veranstaltung die Rekorde fallen, müssen die gedopten Sportler besser sein als die vorherigen Rekordhalter. Du machst hier folgende logische Ableitung auf:
1. Diese Bedingung der Leistungsdominanz ist nur erfüllt, wenn die "Doping-Olympioniken" mehr oder besser dopen als die alten Rekordhalter.
2. Weniger als die Hälfte der Rekorde wird verbessert.
Folgerung: --> Es wurde bereits vorher stark gedopt.
Diesmal ist die Schlussfolgerung richtig, aber Annahme 1 bereits falsch. Wenn z.B. die neuen Teilnehmer bereits ohne Doping nicht hinreichend gut sind und Doping die Leistung nicht exorbitant erhöht, werden ebenfalls nur wenige Rekorde fallen. Von den bekannten Dopingmitteln wissen wir, dass Menschen sehr unterschiedlich stark darauf reagieren und dass die Effekte zwar entscheidend sein können, aber nicht so stark sind, dass beliebige Sportler mit ihnen die besten saubersten Sportler schlagen können.
Ich glaube, hier hast Du mich misverstanden - ich bin überzeugt, daß diese Dopingolympiade in mehrfacher Hinsicht eine Enttäuschung wird:
1) ich gehe davon aus, daß die Mehrheit der aktuellen Rekorde durch/mit doping zustande kam
2) ich gehe davon aus, daß doping alleine nix bringt; wenn aber zwei dopen, wird der Talentiertere/Fleißigere gewinnen; wenn nur einer dopt, ist das nicht sicher
3) Prämisse 1) ist falsch - nein, sie müssen nicht "besser" dopen, da sie ja auch ohne doping von Verbesserungen in Trainingslehre, Ernährung etc. p.p. profitieren. Sie können sogar u.U. "schlechter" dopen, oder, s.o. es können Ungedopte u.U. auch ehemalige Rekorde von Gedopten egalisieren/übertreffen. Wenn aber aktuell die Weltspitze in wasauchimmer antritt, machen marginalste Vorteile u.a. durch doping den Unterschied zwischen Sieg und Niederlage
4) weiteres Argument gegen die vermeintlichen Erfolge an so einer Dopingolympiade: wer da mitmacht, hat sich für immer verbrannt - ergo machen da wohl bestenfalls 3. Wahl, oder bereits vom Profisport zurückgetretene Sportler mit
In Summe - weil m.E. die meisten Olympiarekorde mit doping zustande kamen, und die Spitzensportler, die noch nicht erwischt wurden, mit Sicherheit nicht an so einem Spektakel teilnehmen werden, wird es dort eher keine neuen Rekorde geben.
Die spannende Frage ist, warum die das machen - es wurde hier ja schon angedeutet, daß P. Thiel seine Flossen/sein Geld da drinhat; das spricht dafür, daß das eine rein politische Veranstaltung ist - "am besten noch nicht einmal ignorieren" (Karl Valentin).
Nochmals, herzlichen Dank, daß Du Dich mit meinen Argumenten auseinandergesetzt hast! Gute Argumente sind nie "trocken"! Und, ja, mit Deiner letzten Schlußfolgerung stimme ich zu - ich dachte wirklich so vor drei/vier Jahren, der Profiradsport wäre deutlich sauberer geworden, aber mittlerweile gehe ich davon aus, daß dem eher nicht so ist - leider!