Das wurde schon x-mal diskutiert. Wenn du
100% genau weisst, was Du tust, und genau die richtige Kombination von Vorbau und Expander benutzt, dann
kann es ohne strukturelle Nachteile gelingen, keinen Spacer über dem Vorbau zu brauchen. Es aber einfach jemandem so umkommentiert anzuraten, der das das erste mal macht, halte ich für gefährlichen Unsinn.
1.) Ein Rohr (egal welchen Materials) ist an seinem Ende strukturell sehr viel schwächer als in der Mitte. Nimm Dir mal ein beliebiges Blechrohr (Besenstiel o.Ä) und versuche, es in der Mitte mit dem Daumen einzudrücken. Dann mach das gleiche an der Kante des Rohres. Voila.
2) Je nachdem, wo genau an einem Vorbau die beiden Schrauben angebracht sind, erfolgt der Kraftfluss der oberen Schraube teilweise ein paar Millimeter unter der Oberkante des Vorbaus, öfter aber eher am oberen Rand.
3) Wenn nun der Schaft so gekürzt wird, dass dieser unterhalb der Oberkante im Vorbau sitzt (was in den meisten Fällen Voraussetzung dafür ist, einen Spacer oben wegzulassen, da sonst zu wenig Platz zur Einstellung der Vorspannung da ist) dann ist es je nach Vorbau sehr oft so, dass der Kraftfluss der oberen Schraube genau auf (oder sogar über) die Kante des Schafts presst. Wenn Du dann beide Schrauben gleich fest anziehst, drückst Du die obere Kante des Schaftes zusammen. Dein Schaft ist jetzt nicht mehr gleichförmig. Das multipliziert die Chance, dass Du entweder bei der Montage oder im Betrieb eine Delamination des Schaftes verursachst. Eine solche Delamination verringert die Festigkeit massiv, dein Vorbau bewegt sich dann ständig ein wenig auf dem (eh sehr kurzen) Schaftende, es entstehen Stress Risers und damit dann irgendwann Risse.
4) Nun kannst Du argumentieren "mit einem genau passenden Expander verhindert man das", aber das hat 2 Probleme:
- Erstens, jeder Expander hat einen mehr oder weniger dicken Rand, der dafür sorgt, dass der Expander nicht ins Rohr fallen kann, minimal 1-2mm aber oftmals mehr. Dieser Bereich stützt den Schaft nicht von innen ab. Die Chance ist eher groß, dass dieser Bereich dann genau auf Höhe des Kraftflusses der oberen Schraube sitzt und dort genau gar nichts tut.
- Zweitens, der Expander ist NICHT dazu gedacht, ein selbst verursachtes strukturelles Defizit wieder auszugleichen, das ist Pfusch (damit das gelänge, bräuchtest Du genaue Informationen über die spezifischen Eigenschaften genau deines Schaftes inkl. Modulus etc - einfach mal auf gut Glück pi mal Daumen anknallen kann nämlich zur Folge haben, dass Du den Schaft von innen ausbeulst, das ist genauso schlecht. Schau Dir zu dem Thema mal die Videos von Luescher Teknik auf Youtube an, der demonstriert dies sehr gut.) Vielmehr ist der Expander dazu da, von innen den Druck des Vorbaus auszugleichen und damit
zusätzliche Sicherheit zu erzeugen - das funktioniert aber nur, wenn die Klemmung des Vorbaus den Schaft gleichmäßig belastet.
Kurz: nur mit dem "richtigen" Vorbau ( -> Kraftfluss der oberen Schraube eher mittig), sehr genauer Messung, und genau dem richtigen Expander Plug lässt sich dein Ratschlag sicher verwirklichen. Mit den meisten Vorbauten und Plugs klappt das aber gar nicht.
Jedem ist selber überlassen, wie wichtig ihm ein technisch sicheres Rad ist, und wie sehr ihn ein Spacer optisch stört. Die heutigen Gabelschäfte sind meist überdimensioniert, daher brechen die auch sicherlich nicht gleich zusammen, wenn man Deiner Methode folgt.
Aber "best practice" ist das in keinem Fall. Gerade, weil ein gebrochener Gabelschaft fast immer einen Sturz mit dem Kopf voran über den Lenker bedeutet. Es gibt kaum ein Teil, welches sicherheitsrelevanter ist.
PS: Teilweise gibt (oder gab) es Gabelhersteller, die Spacer über dem Vorbau verboten haben. Das hatte Produkthaftungsgründe - es gab Unfälle, wo Leute mit mehreren cm an Spacern über dem Vorbau gefahren sind, und einen mitgelieferten (ungeeigneten) Expander dann so angeknallt haben, dass die Klemmfläche über dem Vorbau sass und von innen das ungestützte Rohr sprengte.