Als er am nächsten Tag abends nach hause kam, war tatsächlich schon das Paket da.
Der alte Mann ließ mich auspacken, weil ich so gerne Pakete aufmache.
So sah der Rahmen aus:
Der ist ja gar nicht silber, da ist ja Weißes dran! sag ich. Wusstest Du das?
ja ja, sagt er, die Farbe machen wir ab.
Das geht? Und da geht nichts bei kaputt?
Kriegen wir schon hin, meint er.
Komm, wir suchen ein Paar Laufräder und stecken die mal rein. Damit wir sehen, wie es aussieht.
Da war er ja wieder ein bisschen ungeduldig.
Find ich ja nicht so schön mit dem Schwarzen vorne, sage ich.
Das Schwarze, sagt er, ist die Gabel.
Aber das wird schon, meint er, wenn erst der Lack ab ist.
Warum muss denn der Lack ab? frage ich.
Er erklärt es mir: Lack macht man auf Metalle zum Schutz vor Wasser und Kratzern und so. Und weil's schöner aussehen soll. Titan aber braucht keinen Schutz, weil das Metall selbst kaum Kratzer bekommt und auch nicht rosten kann. Außerdem hat Titan ein eigenen schönen natürlichen Farbton. Je nach Lichteinfall schimmert es ein ganz klein bisschen anders. Also wird es mit Farbe nicht schöner.
Und dann meint er ganz entschieden: Titan lackiert man einfach nicht. Wer Titan lackiert, der frisst auch kleine Kinder. Nur Ben Serotta darf das. Also lackieren, nicht kleine Kinder fressen.
Ich kucke ein bisschen erschrocken. War nicht ernst gemeint, meint er. Das mit dem Kinderfressen. Schuldigung.
Komm, sagt er, wir probieren das sofort aus. Ob und wie die Farbe abgeht. Wieder mit dem Fön.
Dann sind wir zusammen in den Keller und haben den Fön drangehalten. Passierte aber nix. Dann hat er den Fön heißer gemacht. Pass auf, sagt er, verbrenn Dir nicht die Finger. Ist sehr heiß! Das ging ein bisschen besser, aber auch nicht richtig. Einen winzig kleinen Moment wurde die Farbe weich, so als ab man sie wie Gummi abziehen könnte, dann aber wurde sie sofort wieder hart und klebte in kleinen Flecken fest. Dann haben wir es probiert, dass ich den Fön halte und er mit Handschuhen und Spachtel kratzte.
Lass mal, sagt er, das hat keinen Zweck. Das ist kein Lack, sondern eine Pulverbschichtung. Wir nehmen Abbeize.
Abbeize?
Ja sagt er, das hier.
Damit kann man Farbe abmachen. Das muss man auftragen und einwirken lassen, dann kann man die angeweichte Farbe abschaben oder wischen.
Puuuh, stinkt aber. und sieht aus wie Schleim.
Ja, sagt er, ist auch giftig. Musst du mir versprechen, das niemals irgendwo draufzustreichen! Nicht auf Kleidung, Möbel, Autos. Und erst recht nicht auf die Haut. Und auch nicht auf Fahrräder! Das machen wir hier nur ausnahmsweise!
Versprech ich. Großes Indianerehrenwort.
Diesen Farbe-wegmach-Schleim haben wir dann mit einem Pinsel draufgestrichen. Stinkt dann noch mehr.
Jetzt müssen wir ein bisschen warten, meint er.
wie lange?
Joo, so eine Stunde.
Nach einer halben Stunde hab dann doch schon mal heimlich gekuckt. Da passierte schon was: sieht ja lustig aus.
Musste er aber an den folgenden Tagen noch drei mal wiederholen, bis endlich alles ab war. hartnäckiges Zeuch, sagte der alte Mann.