Prinzipiell ja, aber langfristig funktioniert das nicht. Wenn du immer nur nährstoffarme Lebensmittel isst, wird dein Körper langfristig nicht DIE Nährwerte bekommen,
die er braucht. Das Ergebnis ist Dauerhunger. Das kennen die Übergewichtigen, die ständig was essen könnten. Sie fügen dem Körper zwar Lebensmitteln zu(oft leer Kalorien in Form von Fett und Zucker), aber keine Nährstoffe, bzw nicht genug.
Sorry, aber manche "Nährstoff-Philosophen" haben oft keinen wirklichen Plan, was denn nun ein "Nährstoff" im üblichen Wortsinn ist, bzw. sie definieren den "Nährstoff" nach ihrem Gutdünken um oder projezieren Nährstoffe in Produkte, die ihrem Ideengebäude nach eine besonders gesunde Lebensweise auszeichnen. Das Unwort der "Mikronährstoffe" macht die Verwirrung auch nicht gerade besser. Was Du meinen wirst, sind Ballaststoffe, Mineralien/Spurenelemente, Vitamine. Sie bilden allerdings nur die Subgruppe der Nährstoffe, die gerade nicht in signifikantem Umfang zum Brennwert, damit auch zum Nährwert (im Wortsinn) der Ernährung beiträgt. Andersherum lässt es sich genau so ausdrücken: wer sich *nur* mit Ballaststoffen, Mineralien/Spurenelementen und Vitaminen "ernährt", der wird damit nach einiger Zeit unterernährt werden, wer sich hingegen mehrfach täglich mit KH vollstopft, dem wird die Überernährung bald ansehbar sein, wobei ein echter Mangelzustand an Mineralien oder Vitaminen meist nur gewähnt, aber nicht real nachweisbar ist.
Also weg mit dem Dogmenzauber und hin zu sachlicher Benennung dessen, worum es tatsächlich geht.
Recht haben dann beide Seiten: der kühle Energiebilanz-Rechner und der heisse Grünkost/Slow-food-Vertreter. Unser Stoffwechsel und das eng aber nicht ganz direkt damit verknüpfte Hungerzentrum im Hirn sorgen schon dafür: die Energiebilanz macht zwar den faktischen Unterschied, aber Sättigungsreize, die beispielsweise Magen- und Darmfüllungszustand zum "Appetitzentrum" hin signalisieren, sorgen erst dafür, dass man mit einer Energiebilanz auch zufrieden ist oder eben doch noch hungrig oder zumindest Appetit-getrieben bleibt. Ergo: Energiebilanz als solche und die Fähigkeit, mit dieser Energiebilanz auch gut leben zu können sind zweierlei Paar Schuhe.
Fingerdick Nutella, belegt mit einer zarten Scheibe Weißbrot klappt in Magen und Dünndarm zu einer nichtigen Füllmenge zusammen, sodass der nächste Nutellaschub vom Hirn recht rasch wieder angefordert werden kann. Gels oder Malto-Drinks sind in dieser Beziehung noch extremer, da dann sogar die Magenpassagezeit auf ein Minimum verkürzt ist - im Rennen der willkommene Effekt, aber in der täglichen Ernährung natürlich das Gegenteil dessen, was man einem Übergewichtigen empfehlen würde. Eine faserreiche (Ballaststoff) und gemischt KH-/Fett-/Protein-haltige Kost hingegen verlangsamt die Passagedauer im Magen am stärksten und erzeugt daher die in Relation zum Brennwert längste Sättigungszeit. Wer sich allerdings stark unterkalorisch ernährt, der wird auch mit großen Ballaststoffmengen noch spitzbekommen, dass nicht der volle Dampf zur Verfügung steht. Also kann man auch die Energiebilanz-Seite nicht ganz vom Appetitzentrum entkoppeln - wozu auch, immerhin wird ja dadurch auch die "gesunde Nahrungsaufnahme" vernünftig reguliert.
Das größte Mißverständnis bleibt aber, dass Myriaden von Predigern vor sich herbeten, Kost A, B oder C sei der Schlüssel zur Gewichtsreduktion. Der Fress-Süchtige nimmt das gerne auf und will sich dann eben mit Kost XY schlankessen. Dass dies so meistens nicht funktioniert, liegt daran, dass die Fixierung auf das Essen weiterhin bestehen bleibt. Belohnung und Entsagung konditionieren den Diät-haltenden Fress-Süchtigen immer noch weiter, so dass der prinzipielle Fehlregulationsmechanismus überhaupt nicht überwunden wird. Eine gut zusammengestellte Kost (bei der ich in der Sache mit Raddieb völlig konform gehe) ist also gut, aber an und für sich nicht der Lösungsweg. Der Lösungsweg ist, die Belohnungsfunktion vom (Fr)Essen wegzubekommen. Wenn man dies schafft, dann unterstützt die gut zusammengestellte Kost diesen Weg. Sie *ist* also nicht der Weg, begleitet ihn aber sinnhafterweise.
Sorry für länglich, Mi67