ich zitier mal aus dem Posdcast;
Korinna Hennig
Es gab Schätzungen vom CDC, die das Delta-Virus mit
den Windpocken verglichen haben.
Christian Drosten
Ja, genau. Also das ist ein relativ plakativer Begriff
in den Medien gewesen. Aber es gibt auch die Ein-
schätzung, dass Delta tatsächlich eine Verdopplung
der Übertragungsrate macht. Was eben auch fehlt, ist
eine neue Erkenntnis, dass unter dem Delta-Virus der
Übertragungsschutz noch schneller nach der Impfung
schwindet. Wir haben das im Podcast ja immer wieder
besprochen, müssen das vielleicht gleich auch noch
mal ein bisschen vertiefen, aber die Impfung hält nicht
ewig. Auch die natürliche Infektion hält nicht ewig im
Immunschutz, das geht also wieder weg. Weil aber das
Delta-Virus noch ein bisschen Immune-Escape macht
und Fitness-Gewinn hat, geht das jetzt effektiv noch
schneller wieder weg. Und wir haben da inzwischen
auch Daten, die uns zeigen, dass gerade am Anfang
der Infektion auch wirklich infektiöses Virus im Hals
ist. Wir haben immer davon geredet: Wir wissen nicht
genau, da ist ja auch IgA und vielleicht schwimmt da
Virus nur in einer Suppe von Antikörpern und das Virus
ist in Wirklichkeit verkleistert.
Korinna Hennig
IgA sind die Antikörper, die auf der Schleimhaut eine
Rolle spielen.
Christian Drosten
Genau. Und das scheint in Grenzen auch so zu sein.
Aber am Anfang der Infektion nach Daten, die jetzt
rausgekommen sind, da gibt es eine wichtige Studie
aus Rotterdam dazu. Es sieht so aus, als wäre da zu
viel Virus für die Antikörper. Also das Virus ist verkleis-
tert, aber in der Anfangszeit der Infektion ist da zu viel
Virus, da macht der ganze Kleister auch nichts mehr
aus. Das wird offenbar infektiös abgegeben. Man kann
also Virus in Zellkultur isolieren in der Frühphase der
Geimpften, die sich dann infizieren. Wenn ein Model-
lierer das hört, ist das natürlich ein Alarmsignal. Denn
wir haben ja in diesen Modellen die Annahme, dass
diejenigen, die das überstanden haben, das so schnell
nicht wieder kriegen und auch nicht mehr wirklich
weitergeben können. Die Frage ist: Wie belastbar ist
diese Annahme eigentlich noch? Da kann man gar
nicht mehr wirklich quantitativ rechnen. Diese Dinge
muss man aber in einer vorsichtigen Planungsüber-
legung zumindest mal im Hinterkopf haben, dass es
sein könnte, dass man sich hier einfach vertut, also
dass man was ganz Wichtiges übersieht. Ich möchte
da jetzt alles andere als Panik verbreiten oder so. Ich
will nur darauf hinweisen, mit den kalten Temperatu-
ren wird der Infektionsdruck wieder steigen. Und die
Vorstellung, dass wir jetzt ohne Maßnahmen in den
Herbst gehen können, halte ich für naiv. Und selbst mit
den Maßnahmen muss man überlegen, ob nicht das
Delta-Virus die Karten in diesem Spiel neu gemischt
hat und ob wir uns nicht täuschen.