Zunächst einmal finde ich es sehr schade, dass eine ernstgemeinte Frage bzw. ein sehr wichtiges Thema negativ bewertet oder gar ins Lächerliche gezogen wird. Ich arbeite in einem Fahrradgeschäft und bin noch als Tourguide tätig und wäre froh, wenn so mancher Kunde etwas mehr in die Richtung des Threaderstellers denken würde. Ein (Renn)Rad ist ein Gebrauchsgegenstand, welcher Reinigung, Pflege und Wartung bedarf, und die Frage nach den entsprechenden Intervallen ist mehr als nur berechtigt. Einmal im Jahr in den Service geben hilft, ist aber nicht alles. Deswegen mal meine Erfahrungen, mit der Anmerkung, dass es sich oftmals um grobe Richtwerte handelt (das Forum ist voll von eher sinnfreien Schw***vergleichen, insbesondere bei
Reifen und Schläuchen).
Antrieb
Zunächst einmal abhängig von verschiedenen Einflüssen: Nebst dem offensichtlichen, dem Wetter, auch von der Fahrweise (Kraft vs. Kadenz) und dem Profil (flach vs. bergig), denn beides beeinflusst die Abnutzung. Sehr wichtig sind auch Reinigung und Pflege des Antriebs.
-Kette: Ich würde hier ca. 3000-5000Km ansetzen. Zur Messung des Verschleisses eignet sich das
Werkzeug CC-2 von
Park Tool, denn es zeigt den Verschleiss in Prozent an. Wichtig ist, dass eine verschlissene Kette die Lebensdauer von Kassette und Kettenblätter massiv beeinträchtigen kann, (weshalb ich bei ca. 75% bis spätestens 90% die Kette wechsle). Deshalb ist der rechtzeitige Wechsel und vor allem auch die Pflege der Kette immens wichtig. Das bedeutet, nach jeder Fahrt kurz mit dem Lappen putzen (Rückwärtsdrehen der Kurbel). Nach 200-300Km grundlegender Service, also den Lappen mit Entfetter besprühen und die Kette gründlich reinigen. Danach die Kette ölen und über Nacht einwirken lassen. Danach mit trockenem Lappen Öl abwischen – das Öl gehört in die Kettengelenke und nicht auf die Kette.
-Kassette und Kettenblätter: Kein regelmässiges Serviceintervall. Pflegt man die Kette gut und wechselt sie regelmässig, halten diese beiden Komponenten sehr lange, also selbst die Kassette mehrere zehntausend Kilometer. Hier kommt jedoch die Fahrweise ins Spiel. Fährt man die Ritzel einigermassen gleichmässig bzw. mehrheitlich auf den grösseren (kadenz- / profilabhängig), schont das die Kassette massiv (Negativbeispiel sind hier E-(Mountain)-Bikes, bei welchen teilweise nach 1000-2000Km bereits die kleinsten 4-5 Ritzel gewechselt werden müssen). Den Verschleiss erkennt man an der Tendenz der Zähne zur Form von Haifischflossen. Ach ja, es gibt Produkte mit schnellerer und langsamerer Abnutzung.
-Tretlager: Kein regelmässiges Serviceintervall. Hält in der Regel ebenfalls mehrere zehntausend Kilometer. Darüber muss man sich also zunächst wenig Gedanken machen. Es schadet aber nicht, die Kurbel nach 10-20k Km einmal auszubauen und mit dem Finger zu prüfen, ob dieses noch «rund» läuft.
Laufräder
-Zentrierung prüfen: Alle 500-1000Km ganz einfach im Rad drin drehen und anhand des Abstandes zu den Bremsbelägen (Felgenbremse) oder sonst mit einem Finger, Lineal oder dergleichen prüfen, ob das Rad Seitenschlag hat. Ebenfalls hilfreich ist, die Speichen in Paaren mit der Hand ordentlich zu drücken. Das kann Schwachstellen, insbesondere bei den Nippeln, welche in der Regel das schwächste Glied in der Kette sind, aufdecken (=>Nippel bricht). In der Regel sind moderne und solide gebaute Laufräder (keine günstigen Leichtgewichtsversuche an der Grenze des Systemgewichts) über Jahre unproblematisch in Bezug auf echte Schläge, es sei denn, man belastet diese enorm oder hat einen Unfall. Falls man sich mit Radzentrierung beschäftigen will (erfordert vor allem Geduld), kann man ca. alle 10k Kilometer das Rad in den Zentrierständer einspannen, um Seiten- und auch Höhenschläge (viel Spass an dieser Stelle bei der Beseitigung letzterer) exakter feststellen und beheben zu können. Ach ja, in der Regel ist das Vorderrad unproblematisch, da auf das Hinterrad deutlich höhere Kräfte wirken.
-Freilauf: Der wohl wartungsintensivste Teil der Laufräder (wobei dies typ-/herstellerabhängig ist), und der vielleicht der meistunterschätzte /-vernachlässigte Teil des ganzen Fahrrads! Denn im Unterschied zu häufiger auftretenden Problemen mit den Antrieb, der
Bremsen oder der Bereifung kann ein defekter Freilauf das Ende einer (mehrtägigen) Tour bedeuten (teilweise Spezialwerkzeug notwendig, und auch wenn der Bikeshop sich bemüht, er hat unmöglich alle Ersatzteile für sämtliche Hersteller auf Lager).
Alle 5000-10000Km gänzlich demontieren, gründlich reinigen, ölen (oder allenfalls LEICHT fetten) und wieder zusammensetzen. Federn von Sperrklinken (oder auch Ratchet) ersetzen, wenn diese nicht mehr einwandfrei funktionieren. Hier auf keinen Fall auf irgendwelche Anzeichen wie seltsame Geräusche, verzögertes Einrasten oder gar teilweisem Starrlauf warten! Im Zweifel dem Fachmann überlassen. Zudem natürlich auch hier den Lauf der Lager prüfen. Auch dieses Teil ist sehr wetterabhängig – Wasser mag der Freilauf nicht.
-Naben: Seltener als Freilauf. Ich würde für die (deutlich anfälligere, siehe Abschnitt zur Zentrierung, zudem Krafteinwirkung aufgrund der Lage der Lager) Hinterradnabe das Doppelte des Freilaufs ansetzen, also bei jeder zweiten Freilaufwartung. Bei vielen Naben kann aber, ist der Freilauf mal demontiert, die Achse relativ einfach gezogen werden, was eine Lagerprüfung erleichtert und somit im selben Umgang opportun macht. Vorderradnabe noch seltener, läuft in der Regel jahrelang problemlos. Hier hilft oftmals «Handauflegen»
. Rad auf den
Montageständer, Vorbau umfassen und Rad drehen lassen. Läuft es «nicht rund», spürt man dies. Diesen Test kann man aufgrund seiner Einfachheit und des geringen Aufwands ja öfters wiederholen.
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Felgen: Diese haben oftmals Verschleissindikatoren (Felgenbremse). Aber selbst ohne diese dauert es, zumindest bei Aluminiumfelgen, sehr (seeeehr) lange, bis diese durchgebremst sind (Ausnahme ist, wie so oft, dauerndes Fahren im Regen). Im Zweifel diesbezüglich nach einigen zehntausend Kilometern den Fachhändler aufsuchen. Auch sollten die Bremsflanken ca. alle 500-1000Km mit entfettender Flüssigkeit (Bremsenreiniger, Alkohol/Brennsprit) gereinigt werden. Die Bremsleistung verbessert sich so markant. Wichtig insbesondere auf der rechten Seite des Hinterrads. Bei Scheibenbremsen alles kein Thema.
-Steckachsen: Alle 500Km überprüfen.
Bereifung
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Reifen haben in der Regel Verschleissindikatoren (kleine Löcher). Und nein, das ist kein Trick der Industrie
. Spätestens wenn diese nicht mehr erkennbar sind, ist der
Reifen zu wechseln. Auf Kilometerangaben will ich mich nicht festlegen (siehe Intro, zudem abhängig von Profil, Strassenbelag und Fahrverhalten). Zusätzlich sollte der
Reifen regelmässig / oft (ca. alle 500Km) auf gröbere Einschnitte in der Lauffläche und Schwachstellen an den Flanken untersucht werden.
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Schläuche: Geschichten über spröde (Butyl-)
Schläuche gehören, zumindest bei regelmässig bewegten Fahrrädern, ins Reich der Märchen. In der Regel erledigt sich die Frage nach einem neuen
Schlauch von selbst…
Bremsen
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Bremsbeläge für Felgenbremse haben in der Regel einen maximalen Abnutzungsindikator. Auch hier gilt – dies ist weder Trick noch Spass. Ab und zu einen Blick drauf und gut ist. Zudem sollte man die
Bremsbeläge alle paar tausend Kilometer auf der Bremsfläche nach eingezogenen Spänen absuchen und diese entfernen oder allenfalls den ganzen
Bremsbelag wechseln. Auch hier gilt (wie bei der Kette), lieber mal etwas zu früh wechseln – die Felge dankt es. Auch härten
Bremsbeläge (je nach Temperatur und Luftfeuchtigkeit) mit der Zeit aus, dies betrifft insbesondere nicht benutzte Exemplare (Ersatzräder!). 1 Jahr als Richtwert ist sinnvoll. Man erkennt dies aber auch gut an mangelnder Bremsleistung. Wichtig ist zudem, nach Regenfahrten (insbesondere nach längerer Trockenheit, da sich dann viel Sand und Staub auf der Strasse befindet) die Beläge gut zu reinigen.
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Bremsbeläge für Scheibenbremsen haben eine vom Hersteller vorgeschriebene Mindestdicke. Mit etwas Erfahrung sieht man zudem ganz gut, wann diese in etwa erreicht ist. Ansonsten kann man als interessierter Freizeitmechaniker sich bei einem freundlichen Bikeshop (soll es gerüchteweise geben) auch mal richtig abgefahrene Beläge zeigen lassen. Die Nutzungsdauer ist enorm von den Wetterbedingungen und dem Fahrverhalten (bzw. Bremsverhalten) abhängig. Auf jeden Fall gilt aber auch hier – lieber zu früh als zu spät wechseln!
-Bremsscheibe: Auch diese haben vom Hersteller vorgeschriebene Mindestdicken, die einzuhalten sind. Was ich hier schon gesehen habe… («meine
Bremsen ziehen nicht mehr richtig…» und der Mechaniker sieht bereits von blossem Auge, dass die Scheibe zu dünn ist). In der Regel halten Scheiben mehrere tausend bzw. über 10k Kilometer. Mit zunehmender Laufleistung aber alle 1000Km mal die Messlehre zu benutzen, ist empfehlenswert. Zudem ist die Scheibe auf
Verbrennungen zu untersuchen.
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Bremsflüssigkeit: Hängt stark davon ab, ob man diese richtig «kocht», also wiederum vom Bremsverhalten. Zudem ist je nach Produkt die Anfälligkeit unterschiedlich. Ebenfalls wichtig ist natürlich ein möglichst gut geschlossenes / gedichtetes System. Als Richtwert für den gesamten Austausch der Flüssigkeit würde ich 10k+ Kilometer ansetzen. Generell gilt für sämtliche Bremskomponenten (insbesondere bei der Scheibenbremse): Wenn es sich schlecht anfühlt, dann ist es auch schlecht! Ab zum Fachhandel – mit
Bremsen ist nicht zu Spassen.
-Bremsleitungen (hydraulische Scheibenbremse) halten in der Regel sehr lange, und müssen nur bei gröberen Problemen im Bremssystem ersetzt werden (Leitungswände können instabil werden, ist aber selten).
Züge und Zughüllen
-Bremszüge halten im Prinzip praktisch ewig, denn sie sind enorm stabil gebaut. Dennoch würde ich diese nach 10-20k Kilometern wechseln, denn sie kosten fast nichts und sorgen so für eine (im beinahe wahrsten Sinne des Wortes) reibungslose Übertragung der Bremskraft.
-Bremszughüllen: Diese alle 5-10k Kilometer wechseln, da sie oftmals im Ansatz rosten (abhängig vom Wetter!).
-Schaltzüge: Insbesondere der Schaltzug für das Schaltwerk (in der Regel rechts montiert – zumindest in Kontinentaleuropa) sollte regelmässig gewechselt werden, 5k Km sind ein vernünftiger Anhaltspunkt. Der Schaltzug für den Umwerfer hält in der Regel länger, Faktor zwei zum «rechten» Zug ist ein guter Richtwert. Wie auch beim Bremszug gilt – die Kosten für die Kabel sind überschaubar. Wichtig ist – ein sich verabschiedender Schaltzug kündigt sich in aller Regel lange an. Zunächst ist da oftmals nur eine schlechtere Schaltqualität (einzelne Ritzel schalten nicht mehr einwandfrei – genauer Blick auf’s Schaltwerk!). Dann kann man einzelne Gänge nicht oder kaum mehr schalten. Und zu guter Letzt reisst der Zug gänzlich… (zuvor franst er aus, meistens direkt am Hebel bzw. dem Übergang zur Zughülle, da sich dort praktisch ein 90-Grad-Knick befindet). Soweit muss es nicht kommen – regelmässig wechseln!
-Schaltzughüllen: Wie auch bei den
Bremsen ist der Wechsel der Hüllen aufwändiger (und, wenn durch den Fachhändler zu erledigen, folglich teurer) als nur derjenige der Kabel. Dafür ist hier das Verhältnis andersrum – während bei den
Bremsen eher mal die Hüllen fällig sind, kann man zumindest ein rechtes Schaltkabel wechseln, ohne die Hülle zu tauschen. Somit 10k Kilometer als Anhaltspunkt.
Cockpit
-Steuersatz: Lockert sich in der Regel nicht, sofern die Vorbauschrauben korrekt angezogen sind. Alle 10-20k Kilometer Lagerlauf überprüfen. Halten aber meistens sehr lange. Ausnahme: Hohe Wassereinwirkung (regelmässige Regenfahrten). Dann deutlich öfter prüfen, 5k Kilometer als Richtwert.
-Vorbau: siehe oben – einmal richtig angezogen (Drehmoment!), halten diese.
-Lenkerklemmung: Es gilt dasselbe.
Rahmen
-Eine genaue Besichtigung alle 10k Kilometer ist zu empfehlen. So können eventuelle Risse im Carbon erkannt werden. Jedoch sind derartige Beschädigungen ohne Fremdeinwirkung extrem selten (ich selbst kenne zwei Fälle), zudem künden sie sich in der Regel auch durch Geräusche an. Hier also bloss keine unnötige Nervosität! (das Forum hat eine lange Liste von entsprechenden Threads zu bieten…)
Übriges
-Pedale einmal pro Jahr prophylaktisch (um Festsetzen zu vermeiden) von der Kurbel demontieren, mit etwas Fett montieren und nicht zu stark anziehen (drehen sich von selbst fest).
-
Lenkerband gemäss Abnutzung (oder allenfalls Geruch
) wechseln.
-Wie beim Cockpit gilt im Prinzip für praktisch alle Schrauben am Rennrad, dass diese nicht nachgezogen werden müssen, sofern sie mit dem richtigen Drehmoment angezogen sind. Eine Ausnahme habe ich bei den Steckachsen gemacht – aber auch nur, da diese (zwecks Transportes) gerne mal demontiert werden, und sich eventuell beim Anzug (mit dem
Multitool…) mal eine Ungenauigkeit einschleichen kann.