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Rheintour verkehrt

Wernersberger

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Als Pfälzer mit (auch) rheinischen Wurzeln habe ich eine besondere Beziehung zum Rhein. Und so fasste ich vor über sechs Jahren den Plan, von meinem Zuhause an den Lai da Tuma am Oberalppass zu radeln. Darüber hinaus kenne und schätze ich die Zentralschweiz, war dort schon viel mit dem Rennrad oder MTB unterwegs.

Die Velo-Route von der Quelle, genauer: dem Oberalppass, bis zur Mündung des Rheins in die Nordsee ist sehr beliebt. Aber im Leben sollte es immer aufwärts gehen. Der Versuch im August 2018 endete in einem Desaster. In einer Mischung aus Dummheit und Pech kamen mir am Ende einer elend langen Etappe (Start: 1 Uhr 15) am Bodensee gegen 19 Uhr meine gesamten Geldmittel abhanden. Zum Glück hatte Sohnemann gerade Zeit und konnte mich mit dem Auto abholen.

Sechs Jahre später Versuch 2.

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Mein Ross. Es fehlen: 4 Flaschen und der Pedaleur mit Rucksack (8 Liter)

Tag 1

Um 3:15 düdelt der Wecker. Anziehen, Kaffee, Wasser richten, alles nochmal checken und um 4:20 Uhr los. Erstmal 20 km zum Bahnhof Landau um den ersten Zug nach Neustadt/W. zu erwischen. Nach Mannheim und per ICE nach Stuttgart

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Umstieg in den IC nach Singen/Hohentwiel. Ankunft verspätet, also einen späteren Zug nach Konstanz genommen. Ankunft dort 10:30 Uhr. Endlich auf's Rad.

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Zwei Generationen in Romanshorn/CH

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muss auch mal sein


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Alpenrhein

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historische Brücke mit Blick auf das Schloss Vaduz/Liechtenstein

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Ankunft am Campingplatz Carrera/Safiental (CH) um 20:10

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t.b.c.
 
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Tag 1 hatte ich ziemlich optimistisch geplant. Zunächst die Abhängigkeit von der Bahn:
  • Regionalzug nach Neustadt/Weinstrasse
  • Umstieg in den Regionalexpress nach Mannheim
  • Umstieg in den ICE nach Stuttgart
  • Umstieg in den IC nach Singen/Hohentwiel
  • Umstieg in die Regionalbahn nach Konstanz

Unterm Strich hat das doch recht gut geklappt. Mit 25 Minuten verspäteter Ankunft am Ziel kann man beim Zustand der DB sehr zufrieden sein. Außerdem ergaben sich nette Gespräche mit anderen Radreisenden, u.a. einer Deutschen Meisterin im Einradfahren, die mit einem 32-Zoll-Einrad den Bodensee umrunden wollte.

Ab Konstanz dann 160 Kilometer per Rad zum Ziel Safiental oberhalb der Ruinaulta (Schlucht des Vorderrheins). Am Bodensee entlang fand ich es recht zäh, viel rechts, links, ständig musste ich darauf achten den nächsten Abzweig nicht zu verpassen. Wie erwartet ziemlicher Verkehr auf den Radwegen. Nach etwa 55 km endlich am Alpenrhein angekommen und ich konnte Kilometer machen. Kurz vor Chur waren sich mein Rox 12 bzw. der mit Komoot geplante Track und die Beschilderung uneins, was einen höhenmeterhaltigen Umweg zur Folge hatte. Dann war ich in Reichenau, wo Vorder- und Hinterrhein zusammenfließen und es ging los. Bisher hatte ich auf 160 km erst 450 Höhenmeter gemacht. Auf den verbliebenen 16 km bis zum Camping Carrera bei Valendas kamen nochmal etwa 600 dazu. Sie haben mich so ziemlich alle Reserven gekostet.

Ich kam gerade noch bei ausreichend Licht an um ohne Stirnlampe das Zelt aufzustellen.
Insgesamt waren es 186 km und 1061 Hm.
 
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Manche interessieren sich ja für das Equipment.

Rad
OnOne BBB, Eigen-Aufbau
Schaltung Campa Chorus 11fach
Kurbel FSA 46/30
Kassette Shimano 105 11-32
Bremsen Avid BB7
Laufräder Gunsha
Reifen Vittoria Terreno Mix 33 mm, mit Schlauch

Camping
Zelt Forclaz MT900
Isomatte Nordisk Grip 2,5
Schlafsack Western Mountaineering Caribou
Kocher Optimus Vega, 2 Stück 100g-Kartuschen
2 kleine No-Name-Alu-Töpfchen
Mini Bialetti
Falttasse

Essen und Trinken
1 kg Couscous-Mischung
750 g Müsli
1 L Hafermilch
Espresso-Pulver
Riegel, Gels, isotonisches Getränkepulver

Klamotten
2 Radhosen
2 Trikots kurz
1 Trikot lang
1 Merino-Baselayer kurz
1 Regenjacke Castelli
lange Merino-Unterwäsche
2 Paar Merino-Socken
2 Merino-U-hosen
1 Daunenjacke LaSportiva (280g)
1 Microfaser-Handtuch
Barfußschuhe

Die warmen Klamotten waren dabei weil es hoch hinaus gehen sollte.

sonstiges
Handy
Sigma Rox 12 Sport
Front- und Rücklicht (Akku)
Powerbank (wichtig!!)
Stirnlampe
übliches Zeugs für evtl. Pannen
spartanisches Waschzeugs
 
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Tag 2

Ich war froh, dass am ersten Tag alles so gut klappte. Das war beim ersten Versuch ja nicht so...
Der zweite Tag sollte dann eher einer zum genießen sein: Erkundung der Rheinschlucht mit Rad und Bahn.

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Wolken über der Rheinschlucht, Blick vom Camping
Man sieht gut die Abbruchkante des Bergsturzes in der linken Bildhälfte.

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Die Ruinaulta ist eine bis zu 400 Meter tiefe und rund 13 Kilometer lange Schlucht. Der rätoromanische Name ist zusammengesetzt aus den beiden Wörtern Ruina (Geröllhalde) und aulta (hoch). Der "Grand Canyon der Schweiz", wie er auch genannt wird, entstand durch den Flimser Bergsturz vor ca. 9.500 Jahren, als um die 10 km³ Gestein in den Talgrund abrutschten.
https://de.wikipedia.org/wiki/Flimser_Bergsturz

Der Vorderrhein konnte nicht mehr abfliessen und wurde auf einer Länge von circa 25 km aufgestaut. Im Laufe der Zeit schnitt sich der Fluss in die Bergsturzmassen ein konnte sie schließlich durchbrechen. Zurück blieb die Ruinaulta mit ihren steilen Schuttklippen und imposanten Erosionsformationen.

Keine Straße, noch nicht einmal ein durchgängiger Wanderweg (dieser ist geplant) führt durch die Schlucht. Aber natürlich - schließlich sind wir in der Schweiz - eine Bahnlinie. Und so gibt es in der Schlucht drei Bahnhöfe (eher: Haltepunkte), zu denen man von den jeweiligen Ortschaften steil hinabfahren muss.

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Hinten links die Tschingelhörner

Ich fahre zurück nach Reichenau, an den Zusammenfluss von Vorder- und Hinterrhein. Dann geht es nach Trin (eine elende Rampe mit 10% in der prallen Sonne) und gleich wieder runter an den Bahnhof Trin.

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Von hier geht es nur mit der Bahn weiter

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Eine Station weiter, Versam-Safien

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Hier kann man zu Fuß oder per Rad zum schönsten Abschnitt der Ruinaulta, dem "Chrummwag".

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Dann geht's wieder in die Bahn, denn radfahren in der Schlucht ist nicht. Jedenfalls nicht weit.

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Bei Sagogn öffnet sich die Schlucht ein wenig, hier hat es wieder einen Bahnhof sowie eine Brücke. Ich fahre wieder hoch zum Camping. Heute nur 35 km, aber immerhin 700 Hm.

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Der nächste Tag wird wieder hart.
 
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Der Campingplatz Carrera liegt unweit des Dörfchens Valendas. Da dieses teilweise noch sehr urig ist, diente es für den Film "Gotthard" als Kulisse statt des mittlerweile ziemlich modernen und sehr stark verkehrsbelasteten Göschenen, wo ein Großteil der Handlung spielt.

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Hier eine interessante Doku zur bisher größten Produktion des SRF:

https://www.srf.ch/play/tv/dok/vide...rf:video:c6e9bfbf-f55d-4ef3-939b-a288d413c0d2

Ab 1:30 sieht man, wie Valendas, das unter 50 Dörfern ausgewählt wurde, um 140 Jahre älter gemacht wird.
 
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Tag 3

Der Tag der Wahrheit. Es sollte bis zur Rheinquelle gehen, dem Lai da Tuma oberhalb des Oberalppasses. Die Strecke von Ilanz bis zum Pass bin ich schon mal geradelt, allerdings mit leichtem Gepäck. Und den Weg zum Lai da Tuma bin ich schon gelaufen. Ohne Gepäck. Jetzt war der Plan, möglichst weit an den See heran zu fahren. Dass ich ein Stück werde laufen müssen, ist klar.

Abfahrt am Camping bei bestem Wetter gegen 9 Uhr. Zunächst geht es runter zum Vorderrhein. Ich mache ein Foto mit Handy und Oly.

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Und denke, hättest das Handy auch nochmal laden können. Na ja, ich hab ja die Powerbank.
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So ein Mist. Die Powerbank steckt noch an der Ladestation auf dem Camping. Ohne geht gar nicht, denn am nächsten Übernachtungsplatz gibt es garantiert keinen Strom. Also zurück. Zum Glück waren es nur 6 km und 170 Höhenmeter.
Trotzdem kein guter Start in einen langen Tag.

Die Route hatte ich mit Komoot geplant, Planungsoption "Gravel". War wohl ein Fehler. Denn so nett es ist, möglichst die Hauptverkehrsstraßen zu meiden, so anstrengend sind mit Gepäck 16%ige Schotterwege. Auch Single Trails hatte ich eigentlich nicht erwartet.

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In den Ortschaften immer super Wege, aber dann ging es wieder auf Feldwegen weiter.

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Rast an einem leeren Stall

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Noch fühle ich mich gut.
 
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Ich verfluche den Komoot-Track (bzw. die Veloroute 2) immer mehr. Was unnötige Höhenmeter! Hoch und runter geht es, natürlich tendenziell hoch, aber jede Abfahrt tut weh, da sie doppelte Höhenmeter bedeutet. Und 16% auf kindskopfgroßem Schotter sind auch nicht nett. Leider ist die Straße ganz auf der anderen Talseite. Und fast 30 Grad, Sonne. In Sedrun hab ich die Faxen dicke. Und tierisch Hunger. Ich brauche Salz! Da ich auf die Schnelle nichts finde steige ich am Bahnhof Sedrun in den Glacier-Express und 600 Hm darüber am Oberalp wieder aus.

Dann eine sehr große Portion Pommes mit Salat.

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Der (kleinere) Nachbau des Leuchtturmes von Rotterdam. Als Symbol für Anfang (hier) und Ende des Rheins.

Nach den Pommes fahre ich den Oberalp wieder ca. 200 Höhenmeter runter bis zum Abzweig des Sträßchens an die Meighelshütte.

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Blick von diesem Sträßchen auf den Oberalp

An einer kleinen Brücke über den Vorderrhein (dochdoch!) geht es einen steilen Hang nach Westen hoch.

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Panorama aus fünf Einzelbildern

Hier lasse ich das Rad hinter einem Hügel stehen

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und bepacke mich mit den Packtaschen des Rades.

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Etwa um 19 Uhr komme ich am Lai da Tuma auf 2.345 m an. Sein Abfluss gilt als die Quelle des Vorderrheins.

Die Sonne scheint noch für ein paar Minuten.

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Das Zelt ist 10 Minuten später aufgebaut, die Sonne ist nun weg.

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Ich bin völlig alleine hier. Mit ein paar Murmeltieren.

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vom Oberalp zum Lai da Tuma
 
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