Ich greife jetzt mal das Thema Sprintetappen auf, weil es mir hier besonders deutlich scheint, dass das nicht funktionieren kann - nicht, weil man keine Veränderungen möchte (das wäre dann eine andere Diskussion), sondern weil es schlicht nicht aufgeht.
### 3. Sprintetappen: Fokus auf den finalen Sprint und Sprintzonen
- Wertung: Auf Sprintetappen zählt nur der finale Sprint für das Etappenklassement und die Punktewertung (Grünes Trikot). Frühere Abschnitte der Etappe werden neutralisiert, und es gibt markierte Sprintzonen, in denen sich die Sprinterteams formieren können, bevor der finale Kampf beginnt.
Es ist schon jetzt so, dass für den Sieg nur der finale Sprint zählt, wenn das geschlossene Feld auf die Zielgerade einbiegt. Ich vermute aber, dass damit gemeint ist, dass Ausreißversuche gar nicht mehr erlaubt sind. Man fährt dann also 180km flach und neutralisiert mit 40km/h hinter dem Tourdirektor her (das ist keineswegs ungefährlich, weil die Hälfte der Fahrer pennt, passiert ja eh nichts). Dann kommt 5km vor dem Ziel die Sprintzone, wo sich die Züge formieren. Und wenn jetzt der eine Zug mit seiner Position nicht einverstanden ist, was wird wohl passieren?
- Bonussprints: Zusätzlich könnten Zwischensprints vor dem finalen Sprint Punkte für das Grüne Trikot und Zeitgutschriften für das Gesamtklassement vergeben, um das Rennen dynamisch zu halten.
Ok, wir machen unterwegs noch ein oder zwei Bonussprints, gibt es ja heute auch schon. Spricht nichts dagegen, nur werden sie das Rennen durch die Neutralisation gleich danach wieder nicht wirklich spannend machen.
- Vorteile:
- Sichererer finaler Sprint: Der chaotische Kampf um die Positionierung in den letzten Kilometern würde durch Sprintzonen geordnet, was Hektik und das Risiko von Stürzen reduziert.
- Gezielte Vorbereitung: Teams hätten die Möglichkeit, in den Sprintzonen ihre Züge zu formieren und ihre Sprinter in sichererem Rahmen in Position zu bringen.
Das glaube ich keine Sekunde. Das Hauen und Stechen geht halt einfach erst nach diesen Vorbereitungszonen/Sprintzonen los. Es ist schlicht nicht möglich, dass jeder Sprintzug und jeder Sprinter dann in der Position ist, die er oder das Team aus haben will. So wie das heute bei den Anfahrten ja auch ist. Es kommt also trotzdem zu den genau gleichen Positionskämpfen, wie wir sie heute auch haben.
- Auswirkungen:
- Sprinter im Fokus: Die Sprinterteams könnten sich gezielt auf die finale Phase konzentrieren, ohne unnötige Risiken auf den flachen Abschnitten davor.
Ich wüsste nicht, wo da heute große Risiken wären. Das größte Risiko beim Aufgalopp in solchen Etappen besteht doch darin, dass Fahrer unachtsam sind. Das wird man nicht verbessern, indem man alle zusammen noch künstlich einbremst, im Gegenteil.
- Weniger Stürze: Die reduzierte Hektik in den letzten Kilometern führt zu weniger Unfällen und erlaubt einen strategischeren und sichereren Sprintkampf.
Es wird auf den letzten 5 oder 10 Kilometern trotzdem genau so hektisch wie heute. Sobald das Rennen eröffnet ist, läuft es exakt so wie beim Keirin, nur mit weniger Körperkontakt. Will man das verhindern, helfen nur abgegrenzte Bahnen, wie bei der Leichtathletik. Auf die biegt das Team 1, 2 oder 3km vor der Ziellinie ein und darf sie nicht mehr verlassen. Und auch da kommt dann vorher wieder ein erbitterter Kampf darum, welches Team die günstigste Bahn kriegt - welche das ist, hat sich die Teamleitung natürlich vorher angeschaut. Hat auch zur Folge, dass ein Sprinter ohne zwei oder drei richtig starke Anfahrer gar keine Chance mehr hat, weil er sich sein Hinterrad ja nicht mehr aussuchen kann und dann ggf. den letzten Kilometer alleine im Wind fahren müsste, um nicht mit 50m Rückstand auf die letzten 200m zu kommen.
Und jetzt die auch nicht unerhebliche Frage: Wer will sich bei so einer Etappe dann mehr als nur die letzten 5 oder 10 Kilometer anschauen? Man weiß ja, dass absolut nichts von Relevanz passieren wird, falls nicht ein übler Sturz aus Unachtsamkeit einen Favoriten aus dem Rennen wirft. Welcher Sender überträgt da länger als eine Viertelstunde? Welcher Werbepartner ist dann bereit, für die ersten 180km Geld zu bezahlen?