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Sind historisch korrekte Aufbauten wirklich so häufig und langweilig?

Etwas OT mal eine völlig irre Story zum Thema "Historie":
http://queencitydiscovery.blogspot.de/2013/03/the-ghost-ship.html
http://www.mels-place.com/mmm/Sachem/slides/994-sachem-1919.html

Stellt euch das bitte einfach mal vor: Ihr biegt mit dem Kajak von einem Fluss weit im Binnenland in einen mittelprächtigen Bach ab und findet dort ein knapp 60 Meter langes Schiff (!), das eigentlich unmöglich dorthin gelangt sein kann und im Lauf der letzten 112 Jahre als Luxusyacht und Ausflugsdampfer diente, zwischendurch mal Thomas Alva Edison gehörte, an zwei Weltkriegen teilgenommen hat und in einem Madonna-Video zu sehen war.

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Der heutige Zustand ist eindeutig Teil seiner bewegten, einzigartigen Geschichte, die dieses Schiff niemals erzählen könnte, wäre es immer nur eine Luxusyacht geblieben. Andererseits wäre es dann vielleicht heute immer noch so schön und fahrtauglich, wie damals.
Was wäre, wenn das Schiff 1984 tatsächlich verschrottet worden wäre? Was, wenn sein letzter Besitzer es restauriert hätte? Oder vollkommen umgebaut?

Wenn ihr die Wahl hättet und den Lauf der Dinge in diesem Fall beeinflussen könntet:
Welche Geschichte wäre dann die interessanteste? Welche die schönste? Welches Schicksal wäre das sinnvollste oder "beste" gewesen?
 
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Re: Sind historisch korrekte Aufbauten wirklich so häufig und langweilig?
Querbezug:
Ich wollte immer mal eine Nikon F2 zum benutzen. Irgendwann ergattere ich günstig ein diffuses Angebot aus der Bucht und das Teil entpuppt sich als schwarze Jungfrau made by NipponKogaku. Beim Kundendienst fragt man mich woher ich das feine Stück hätte, mit einem Unterton als hätte ich es aus dem Werksmuseum direkt geklaut.
Was tun? In die Vitrine stellen ? Um mindestens das Doppelte weiter verscherbeln und mit gestärkter Kriegskasse weiter suchen ? Oder so tun als wäre ich der stolze Erstbesitzer der feinmechanischen Preziose und einfach zusehen, daß ich den schwarzen Lack an den Kanten des Gehäuses selbst ablutsche, die Dellen in Bodenplatte eindengle und mit reichlich Zelluloid die Filmführung poliere.
Einmal dürft Ihr raten. Ich hab sie noch und die Meßzellen des Belichtungsmessers führen zu korrekten Resultaten in der Emulsion.
 
...Oder so tun als wäre ich der stolze Erstbesitzer der feinmechanischen Preziose und einfach zusehen, daß ich den schwarzen Lack an den Kanten des Gehäuses selbst ablutsche, die Dellen in Bodenplatte eindengle und mit reichlich Zelluloid die Filmführung poliere...

So soll's sein, jedes Foto ein kleines bisschen Zeitreise...
 
Bis zu nem gewissen Punkt spricht ne gewisse Patina sicher immer für eine bewegte Geschichte und sollte unangetastet bleiben. Aber wenn ich das Schiff da oben so sehe: Ob es da wirklich so vor sich hinmaroden möchte? Oder doch lieber wieder seetauglich gemacht werden und weiterdampfen möchte...? Mein Moser restauriere ich aus diesem Grund. Es ist absolut nicht wirtschaftlich, aber es tut mir ein bisschen weh, ein Rad so hinwelken zu sehen ohne einzuschreiten. Es bleibt ja trotzdem dieses eine Rad mit der entsprechenden Vorgeschichte. Aber da ist es sicher wie mit Wohnungen. Man muss versuchen das Maß zu halten und es mit der Restauration nicht zu übertreiben. Denn ansonsten erreicht man genau das, was man vorher beheben wollte: Das Teil wird einfach nicht mehr gefahren. Und das ist dann ja auch wieder nicht im Sinne des Erfinders...
 
Als Fragesteller habe ich inzwischen verstanden, dass man die ursprüngliche Frage durchaus auch mit "Ja" beantworten kann. Historisch korrekt restaurierte Räder, aufgebaut wie im Katalog können tatsächlich langweiliger sein als nicht mehr ganz originale Räder dafür aber mit bewegter Geschichte.
Deshalb tue ich etwas Gutes und biete folgendes Cinelli Mod B von 1962 mit komplett belegter Geschichte, also sämtlichen vorherigen drei Besitzern, Renngeschichte sowie Gründe der einzelnen, vollkommen eBay freien (!) Besitzerwechsel, (fast) vollständiger Erklärung wer warum welches Teil wann ausgetauscht hat und allen spannenden Geschichten rund um dieses Rad, in der lange Sommerabende, geheimnisvolle Zettelbotschaften und internationale Verwicklungen vorkommen, zum Tausch an gegen ein gleichartiges Cinelli Mod B (oder SC) aus den frühen 1960ern im langweiligen Katalogzustand und ohne Patina und ohne jede Historie. Es darf sogar nachträglich restauriert, neulackiert und mit NOS Teilen versehen sein.
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BTW: Ich geb' ja zu: Würde das auf einer Austellung neben seinem makelosen NOS Zwillingsbruder stehen, würde ich die abgeranzte Gurke irgendwie sympathischer finden. Aber mit nach Hause würde ich das andere nehmen.
 
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mal eine ernstgemeite offtopic frage zum Cinelli: Ist das Chrom an den Ausfallern/Muffen? Sieht so schwarz aus.
 
...und ich dacht' das hättest du neuverchromt und aus Authentizitätsgründen in Ostfriesentee getunkt.
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Diese von Tauben vollgeschissene Riviera hier habe ich mal geborgen und später in 2 Teilen an einen Mailänder Anwalt verkauft. Ärgere mich bis heute darüber.

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edit: Kleine Ironie der Geschichte: Sein teuer neulackiertes Rickert mit Repro-Decals habe ich dafür stehen lassen. :D
 
Hier mein Schiff was so bleiben darf wie es ist , und so 1978 von seinem Besitzer in seiner Gartenlaube geparkt wurde, nach bewegten
Jahren in der Amateur Szene, ein Erich Bautz, was wohl so nie das Geschäft von ihm verlassen hat.
Der Erstbesitzer brachte es vor einiger Zeit in seinem offenen 500SL zu mir.
Ich werde einen Teufel tun es zu restaurieren, es darf so im Geschäft seine Geschichte erzählen, und was soll ich sagen, es ist das Rad was die meisten Fragen der Kunden hervorruft:daumen:.
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Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
Hier mein Schiff was so bleiben darf wie es ist , und so 1978 von seinem Besitzer in seiner Gartenlaube geparkt wurde, nach bewegten
Jahren in der Amateur Szene, ein Erich Bautz, was wohl so nie das Geschäft von ihm verlassen hat.
Der Erstbesitzer brachte es vor einiger Zeit in seinem offenen 500SL zu mir.
Ich werde einen Teufel tun es zu restaurieren, es darf so im Geschäft seine Geschichte erzählen, und was soll ich sagen, es ist das Rad was die meisten Fragen der Kunden hervorruft:daumen:.

Hast Du denn nicht doch schon mal an "neu lackieren, passende Decals, polieren, Teile neu verchromen und dem Originalzustand entsprechend neuwertig aufzubauen", gedacht?
Bitte beschreibe doch mal etwas ausgeschmückter Deine durchlebten Gefühlssensationen.:rolleyes:
 
..nein Ich mag keine neuwertigen Klassiker, weder bei den Rennrädern, noch bei meinen motorisierten Klassikern. Ich mag die Einstellung der netten Jungs von der Insel, nicht hübsch, sondern funktionell, oder bei den motorisierten Hauptsache schnell:eek:.
 
Ich finde die Diskussion interessant. Jeder hat auf seine Weise einen einleuchtenden Standpunkt. Aber da wird auch aneinander vorbeigeredet.

Mich interessieren die Argumente, ohne dass ich meine Entscheidungen davon abhängig machen würde. Ich wollte z.B. eine Suntour Superbe Pro haben und habe sie eben an einen Gazelle AA Rahmen gebaut und fahre das Rad mit dieser Ausstattung mit Vergnügen. Sie ist zum Rahmen passend, wertvoll, gut und schön - was braucht es mehr? Ob eine Gazelle von 1884 je mit dieser Gruppe ausgestattet, verkauft wurde, ist mir egal.

Es gibt eben nicht nur ein Aufbau- bzw. Restaurierungsziel.
Da werden Fragen wichtig wie: Geht es um Museeums- oder Ausstellungsstücke, um alte Zeitzeugen oder Gebrauchsräder - und da für welchen Zweck (Sport, Touren, Alltagsgebrauch oder "Ausführen") ? Geht es um schöner- / besser-machen, reparieren, ersetzen oder um einen historischen Zustand (wie immer der war)?

Die professionellen Restauratoren und Denkmalschützer haben beim Wiederherstellen oft auch ein Problem: Welcher von möglicherweise verschiednen Zuständen soll wiederhergestellt werden? Für was soll z.B. das denkmalgeschützte Haus benutzt werden und welcher Kompromiss ist dann verantwortlich? Da kann die Entscheidung was gemacht werden darf / muss oder nicht von Fachmann zu Fachmann verschieden sein.

Der Katalog- / Originalzustand wird tatsächlich manchmal als das non plus ultra dargestellt.
Dabei ist dieser Zustand ein Angebot, gemischt aus vermutetem oder gewußtem Kundeninteresse, betriebswirtschaftlichen Überlegungen (Preis, wettbewerbsvorteil usw.) - oder einfach Lieferzustand des Großhändlers. Wenn diese Verkäufer-Entscheidung als absolute Authorität für eine Wiederherstellung eingesetzt wird, halte ich das für problematisch. Der Katalog- oder Verkaufszustand ist ein möglicher unter anderen. Bei in Rennen benutzten Rädern gibt es vermutlich gar keinen "Normzustand".
Oder:
Wie ist das mit einem Colnago, das in den 90er Jahren mit Dura Ace, Shimano 600 oder einer Campagruppe geliefert werden konnte?
Wie ist das mit Rädern, die nicht mehr mit Suntour Superbe Pro oder Campa, sondern mit Shimano ausgestattet wurden, weil diese Gruppe gegenüber anderen zu teuer, zu unzuverlässig oder sonst was waren? Darf man die nie mehr mit Suntour oder Campa ausstatten oder muss ein klassisches italienisches Rad unbedingt mit Campa daherkommen - alles andere wäre ein Stilbruch, so wurde mir gesagt?

Ich will nur sagen, dass das Attribut "original", "ladenneu" oder "Katalogzustand" eben etwas Relatives besagt. Dementsprechend haben auch Veränderungen dieses Zustands oder Abweichungen ihr volles Recht. Und wir können am gezeigten Stück diskutieren, ob wir das auch so oder aus welchen Gründen anders gemacht hätten.
 
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