Eiskalter Frühling
18.03.2018
Der Winter kehrte Mitte März leider noch einmal zurück. Temperaturen von bis zu -5 Grad und ein eiskalter starker Wind luden eigentlich nicht zum Rad fahren ein. Ich zog alle wärmenden Radsachen an, die ich hatte und startete kurz vor 10 Uhr mit etwas Verspätung auf der 72 km Strecke der RTF in Herne. Es sollte bitterkalt aber schneefrei werden. Aber zu Hause auf dem Sofa vor der Heizung sitzen und nichts tun? Nicht mein Ding. Mein bewährter Mücke Randonneur sollte mich auch hier wieder gut durch die Kälte bringen. Die meisten der ca. 220 Starter/innen waren schon um 9 Uhr gestartet. Nur insgesamt 59 fuhren die Rennradstrecken, der Rest MTB. Und wie ich hinterher an Rädern und Leuten sah, war es dort wohl sehr schlammig.
Vorbei an der Zeche „Unser Fritz“, bog die Route dann Richtung Westerholt ab. Es war eine ziemlich einsame Fahrt. Nur ganz selten überholte ich mal andere Fahrer/innen.
Am Rande des Ruhrgebiets ging die Landschaft nahtlos ins Münsterland über.
Hinter Marl überquerte ich dann zunächst den Weser-Dattel-Kanal und dann die Lippe. An der ersten Kontrolle ließ ich nur stempeln und fuhr sofort weiter. Kurze Zeit später schlug mir ein strammer Gegenwind entgegen. Also mal wieder Unterlenker. Den sollte ich an diesem Tag noch öfters brauchen.
Ein Spielplatz auf dem Feld? So etwas gab es auch im Münsterland. Und die Segel für die kleinen Piraten waren auch schon gesetzt. Aber die hatten wohl gerade Landgang oder hielten sich in der Kombüse auf. Ein guter Ort bei dem Wetter.
Ich kreuzte aber weiter gegen den Wind und erreichte hinter Barkenberg den nördlichen Wendepunkt. In Lippramsdorf erreichte ich dann die zweite Kontrolle. Auch hier wurde nur gestempelt, Verpflegung brauchte ich auf der kurzen Strecke keine.
Oft stieß ich auf abgeholzte Bäume. Die konnten eigentlich nicht alle Opfer der vergangenen Stürme sein. Ich hatte den Verdacht das viele Bäume weichen mussten, einfach als Prävention. Die Menschen zerstörten immer mehr die Natur, konnten aber mit den Folgen nicht umgehen. Na ja.
Da half auch kein Beistand von Oben. Aber vielleicht half er mir wenigstens mein Ziel heil zu erreichen. Schaden konnte es ja nicht. Fast jeder Bauernhof hatte hier seine eigene kleine Kapelle. Ein Stück hinter Lippramsdorf kreuzte ich dann den Hinweg und erreichte Dorf Hervest.
Dann ging es wieder über die etwas wild gewordene Lippe. Da wollte ich auch nicht ins Wasser fallen. Und dabei machte die Brücke zumindest am Rand schon einen etwas baufälligen Eindruck.
Ein Stück weiter dann auf dem Kanal ein Frachtschiff. Die armen Schiffer mussten also auch Sonntags arbeiten.
Alpakas gibt es nicht nur in den Anden, sondern auch im Münsterland. Den Tierchen mit den lustigen Frisuren war aber offensichtlich auch kalt und so war Gruppenkuscheln angesagt. So ein Alpakapulli wäre jetzt schon nett gewesen. Aber die sahen nicht so aus als wenn die bei der Kälte ihre Wolle hergegeben hätten. Und so fuhr ich frierend alleine weiter. Über Polsum erreichte ich wieder Westerholt. Jetzt war es nicht mehr weit.
Neben der Zeche „Unser Fritz“ hatte ein Baum offenbar durchschlagenden Erfolg gehabt. Von der alten Mauer die dort stand waren jedenfalls nur noch einzelne Ziegelsteine übrig geblieben. Nach ein paar hundert Metern war ich dann nach 73 km ziemlich durchgefroren im Ziel. Meine Füße spürte ich trotz dicker Wollsocken und Überzieher nicht mehr. Nach der Abmeldung gab es ein belegtes Brötchen mit Käse und einen Kaffee. Ich setzte mich zu Klaus-Peter und Renate und wir unterhielten uns noch eine Weile. Dann nahte der Aufbruch. Trotz der Kälte habe ich es nicht bereut gefahren zu sein. Und zu Hause taute ich dann auch wieder auf. Es gibt keine schlechten Bedingungen, es gibt nur die falsche Einstellung dazu. So viel hatte ich in den letzten Jahren gelernt. Und oft sind es gerade diese extremen Touren die wirklich Spaß machen. Den Nachmittag verbrachte ich dann trotzdem noch teilweise auf dem Sofa. Aber das hatte ich mir jetzt auch verdient.