AW: Aus Schrott mach neu: Aufbau eines Durifort 888
So, das Ding ist beinahe fertig und heute auch schon fleißig gefahren:
Nachdem ich auf einer Feldwegetour einen falschen Abzweig erwischt hatte, fand ich mich auf einem ausgewachsenen Singletrack mitten im Wald wieder, Wurzeln, Dickicht und stellenweise knöcheltiefen Matsch inklusive, und dachte mir: "Na, dann!". Eineinhalb Stunden später war ich immer noch nicht dort, wo ich eigentlich hin wollte, dafür aber restlos im Arsch - Waldfahren ist echt hart, mann oh mann.
Nervig war übrigens der sich ständig lockernde Steuersatz: Seine Kopfmutter ließ sich keineswegs (wie "gefühlt") gegen die Lagerschale, sondern nur gegen den einen Hauch zu langen Gabelschaft kontern, was mal wieder bestens zu den sonstigen Eigenheiten dieses Rahmens passt. Ich habe vorhin einfach eine zweite Unterlegscheibe verbaut, jetzt sollte es halten.
Das Rad fährt sich sehr gut und ist für seinen Radstand unerwartet wendig, also beileibe kein gemütlicher Tourer!
Der irre Lenkwinkel von 75° laut Angabe auf der Muffe hat also durchaus seine Berechtigung - auch, wenn er in echt nicht ganz so steil ist, weil das Oberrohr tatsächlich gaaanz leicht "sloped" (weiß der Geier, ob das bei dieser Mühle Absicht war...). Das Fahrverhalten ist also viel näher am Rennrad, als ich dachte und das gefällt mir auch im Acker noch sehr gut.
Rahmen und Gabel wirken in jeder Lage ausreichend stabil, da ruckelt nichts beim
Bremsen und auch bei Fullspeed bergab eiert oder flattert nix; mehr darf man von einem ollen Stahlrahmen natürlich nicht erwarten.
Ach ja, die
Bremsen bremsen wirklich ordentlich und ein spontaner Abgang über den Lenker wäre durchaus machbar - schön, wenn man die Sockel selbst festbrutzeln und damit den Verstellbereich voll ausnutzen kann. Die Powerhanger funktionieren problemlos, das ganze System ist dadurch aber etwas fummeliger einzustellen und die Federspannung muss beim "umgelenkten" Arm deutlich höher sein, während der "direkte" Arm sich früher bewegt und auch die größere Kraft überträgt; ungleichmäßiger Belagverschleiß ist also zu erwarten.
Auf dem Bild oben stimmt der Zugwinkel noch nicht, weil ich die dickeren Unterlegscheiben nicht auf der Innenseite anbringen konnte - die viel zu langen Bremsschuhe liegen nämlich auch so schon fast an der Innenseite der Gabel an, lassen kaum Weg zu und sind beim Radwechsel voll im Weg. Ich habe sie also anschließend einfach abgesägt - jetzt passt alles:
Das mache ich hinten wohl auch noch.
Aber zuerst einmal sollte natürlich der RR-Lenkerendschalthebel irgendwie im dürren Tourenlenker verschwinden können - da mussten fast 3 mm runter:
Und weil der Zug ja unterm
Lenkerband verlaufen soll und ich keinen Bock hatte, ihn an der Bremshebelschelle abzuknicken und dort immer die volle Zugbelastung beim Lenken auf dem
Lenkerband zu haben, habe ich die Schelle einfach gelocht:
Zusammen mit so einem komischen Plastik-Wirbelsäulenzugführungsdingsbums ergibt sich eine wunderbar griffige Form, natürlich auf beiden Seiten.
Hier ahnt man schon, dass ich derzeit noch überhaupt keine Zugverstellmöglichkeit bei den
Bremsen habe: Diese Hebel haben keine Stellschrauben, weil die ja normalerweise am Gegenhalter oder an der RR-Bremse wären - beides gibt es hier aber nicht. Die Stellschrauben der DA-7700-Bremse samt Kunststoffführung würden zufällig in die Hebel passen und brauchen auch keine Gewinde dort, ich habe aber gerade keine übrig.
Beim praktisch neuwertigen Steuersatz waren die serienmäßig "angespritzen" Plastikdichtungen dermaßen spröde, dass sie ganz sicher nicht mehr dicht gewesen wären und ich hatte daher die Idee, einfach dünne O-Ringe in die Nuten zu drücken, die nach dem Rausbröckeln der Plastikdichtungen zu sehen waren.
Diese hier waren leider minimal zu dick und quetschten sich beim Zusammenbauen heraus; mit dünneren oder etwas Nacharbeit sollte es aber gehen. Natürlich könnte ich auch einfach einen neuen Steuersatz einbauen, aber diesen hier finde ich einfach "cool", und weil er keinerlei Macken hat, darf er gerne als Erinnerung an den Originalzustand verbaut bleiben.
Nach dem heutigen, teilweise ziemlich heftigen Ausritt entdeckte ich verärgert diesen Haarriss:
- dort war die einfach "angelegte" Außenseite der Strebe offenbar nie richtig verlötet und ich hatte diese Stelle auch nicht nachgelötet, weil sie eigentlich gut ausgesehen hat. Ob das beim Fahren oder schon beim Anziehen der Sattelklemmung, die man wegen der total verorgelten Sitzmuffe ziemlich derb anballern muss, passiert ist, weiß ich nicht - schlimmer dürfte es aber eigentlich nicht werden, weil die Strebe selbst ja vernünftig und großflächig am Rahmen fest ist. Ich vermute auch, dass der Riss auch original schon dort war, nur halt nicht aufgefallen ist.
Wenn das doch noch ganz abreißen sollte, muss ich halt nochmal Löten und zumindest diesen Bereich neu lackieren - ärgerlich, aber durchaus machbar und mit etwas Geschick auch ohne komplette Neulackierung hinzukriegen (hatte ich alles schon).
Das Brooks-Thema ist übrigens erstmal vom Tisch, weil mir das Gelb ehrlich gesagt verdammt gut gefällt - vor allem aber, weil ein kurz daneben gehaltener "Team Pro" einfach viel zu fett wirkte und ich die Sattelstütze dafür lockere 3-4 cm weiter reinschieben müsste (hässlich!). Swift und Swallow ändern daran wenig bis gar nichts: Die sehen nur flacher aus, ohne es tatsächlich zu sein (ca. 1 cm, mehr ist das nicht). Dann noch der Preis und das Gewicht - nee, so wird das nix. Zumal die Sattelstütze recht viel Offset hat und ich vom Gefühl her schon mit dem SKN etwas zu weit vorn sitze.
Das bleibt also erstmal so.
Die Schutzbleche kommen natürlich wieder, das hintere will ich jedoch ein wenig verlängern (und für die ganz und gar schrille Optik vielleicht sogar das vordere) und brauche dafür ein Verbindungsstück. Dank Alublech und einem ollen Fächerkrümmer als formale Hilfe für die sphärische Krümmung keine große Sache.
(das Innenteil muss ich natürlich noch mal vernünftig machen!)
Der Schalthebel lässt sich übrigens prima "aus dem Handgelenk klacken" und STI habe ich bislang nicht vermisst.
Das Schaltwerk macht seinen Job ganz wunderbar und die "Gedenksekunde" zwischen den beiden kleinsten Ritzeln tritt in freier Wildbahn nicht wirklich auf, das war auf dem
Montageständer jedenfalls deutlicher. Übersetzung und Abstufung sind zum Touren sehr gut; im richtigen Gelände ist der erste Gang natürlich zu lang - aber dafür ist das Ding schließlich auch nicht gedacht, es hatte sich heute nur "so ergeben".
Der Lenker ist pro Seite 4 cm kürzer geworden (rechts etwas mehr wegen des Schalthebels), wobei ich die Bremshebel nicht mehr viel weiter nach innen bekommen würde, mehr geht also kaum noch. An den etwas überlangen Griffstücken kann man zumindest ein klein wenig variieren und manchmal ist ein breiter Lenker gar nicht so verkehrt.
Bis bald, ne!