So, meine Lieben, frisch aus dem Urlaub zurück - komme ich aus dem Schwärmen nicht mehr raus. Ich kann Andermatt als Ausgangspunkt für Radtouren uneingeschränkt empfehlen.
Direkt ab Andermatt kann man problemlos den Oberalppass, Furkapass, Grimselpass, Sustenpass, Gotthardpass, Nufenenpass und Lukmanierpass erreichen. Diese Pässe lassen sich auch wunderbar miteinander kombinieren (siehe die diversen Strecken des Alpenbrevets) oder es lassen sich auch Teilstücke mit der Bahn bewältigen.
Dies war mein erstes Mal in der Schweiz, und ich muss sagen, ich bin baff, auf welchem engen Raum man die unterschiedlichsten kulturellen Prägungen der Dörfer sehen kann - unglaublich! In der einen Stunde ist man zwischen "traditionellen" Schweizer Holzhäusern unterwegs, kaum ist man im nächsten Tal, lachen einen florentinische Häuser mit Palmengärten an - einfach herrlich.
Hier der Rückblick:
Sa: Einrollen am Oberalppass
So: Susten-Grimsel-Furka:
eine Traumstrecke, aber an einem Sonntag mit 33 Grad im Tal - zu viel Verkehr
Mo: Furka-Nufenen-Tremola:
Mein Papa hatte mich vor dem Nufenen gewarnt, der hat irgendwas, das einen total fertig macht. Beim Anstieg wird mir schnell klar, was er meint. Er ist damals die Pässe ohne technischen Schnickschnack wie GPS, barometrische Höhenmessung oder gar Wattmessung mit 39/26 gefahren. Nun ist es mir per se unvorstellbar, wie man mit dieser Übersetzung (und später beim Tremola) mit 20er
Reifen solche Pässe fahren konnte. Der Nufenen wartet allerdings auch mit einem psychologischen Problem auf: Zu Beginn geht es lange in einem Hochtal geradeaus, es ist hier schwer zu erkennen, dass die Straße schon mit 7-10% Steigung aufwartet, da sie synchron mit dem kompletten Tal ansteigt. Man klebt am Boden fest und nähert sich dem "eigentlichen" Pass, den man schon früh sehen kann, im Schneckentempo. Ich selber habe immer wieder zweifelnd auf den
Garmin geschaut - fahre ich eigentlich? Tut sich irgendwas?
Der Tremola (alte Gotthardstraße, noch mit Kopfsteinpflaster ausgestattet) ist nicht komplett autofrei - aber wirklich gering befahren.
@AW312 tat sich bei der Hitze etwas schwer, sodass er mich hat fahren lassen - phasenweise habe ich bestimmt 300m Abstand herausgefahren und war sehr motiviert, das erste Mal Erste am Pass oben zu sein. Dumm nur: Je höher wir kommen, desto wärmer wird es - also holt er sich Meter um Meter zurück. Mein Blick nach hinten: shit, der Schweinehund hat auf 5m aufgeholt. Mein Blick nach vorne: Ui, mein
Garmin sagt, es gäbe noch 90 hm, aber vielleicht irrt er ja - das sieht doch so aus, als ob bei der Kurve und bei dem Haus der Pass zu Ende ist. Ich sammle alle Körnchen, die ich noch habe, und sprinte zu der Kurve - oh nein, er zieht sich doch weiter. AW kommt gut gelaunt zu mir gekurbelt: "Was war denn das?"
"Du ... ich wollte Erste oben sein." - "Na dann versuch es doch nochmal
" - Hat er eine Ahnung... Ich bin kurz davor zu schieben und quäle mich die letzten 60 hm hoch... Ein sehr cooler Radtag
Di: Oberalp-Lukmanier
Der erste Tag ohne anstrengende Steigungen - dafür zieht sich der Lukmanier sehr lang und ist wunderschön. Das Tal entlang nach Airolo - puh, es war heiß, es war eben, wir hatten phasenweise viel, viel Wind... ich war so froh, mich hinter AW verstecken zu können.
Mi: Große ScheideggNun hatten wir alle Pässe, die ohne Auto erreichbar waren, abgefahren, und meine Beine haben nach einem Pausentag verlangt. Zugegeben, die Große Scheidegg ist mit ihren 16 km (durchschnittlich 8%, 15% Rampen) nicht das klassische Regenerationsszenario - aber sie ist wunderschön, einsam, autofrei und - der Rest der Strecke ging weitestgehend flach durch Interlaken und dann um den Brienzersee herum - einfach herrlich. Dumm nur, dass unsere Seenstraße aufgrund eines Murgangs 10 km vor dem Ende gesperrt war, der Zugverkehr war auch betroffen. Sodass ich am Schalter am Bahnhof nach Rad gefragt habe: Radtechnisch hätten wir die Wahl gehabt, über den Pass zurück - oder 30 km Kies-/Schotterweg auf der anderen Seeseite. Der nette Bahnbeamte erklärte mir: "Eigentlich nehmen wir keine Velos im Schienenersatzverkehr mit, aber kaufen Sie mal die Fahrkarten, ich komme mit zum Bus und schau, was sich machen lässt." Und siehe da, wir und unsere Räder wurden im Bus transportiert. In Deutschland unvorstellbar: a) einen Mitarbeiter zu finden und b) einen, der sich so um einen kümmert
Do: Albula - Julierpass
Es gibt wenig dazu zu sagen, ich glaube, der Albula ist der schönste Pass, den wir gefahren sind - nicht wirklich schwer, aber landschaftlich top. Und der Julier - eine absolute Highspeed-Abfahrt
Fr: Splügenpass51 Kehren - 29 km - 1800 hm - relativ weit oben habe ich hinter einer Galerie eine Kurve falsch eingeschätzt - mit schlitterndem Hinterrad bekomme ich gerade so noch die Kurve - puh - zitternde Hände, zitternde Beine - ich eier diese Abfahrt nur irgendwie runter... Unglaublich, dass manche Leute so eine kleine Straße mit einem Wohnmobil runterfahren... Unten angekommen, ist mir schon wieder mulmig: Da soll ich wieder hochkommen? Aber Gott sei Dank sind wir in Italien: Eis, Espresso, Panini, und die Welt ist wieder in Ordnung - eine super abwechslungsreiche Auffahrt beginnt - ein Traum ❤
Sa: Pragel- und Klausenpass
Es ist neblig und es regnet, und vor mir steigt ein unscheinbarer Waldweg wie eine Wand an: "AW, wollen wir wirklich da hochfahren? Ich weiß nicht, ob ich das schaffe. Was machen wir, wenn es richtig kalt wird?" Wir fahren hoch: 6 km Qual mit Spitzen zwischen 15-18% - puhhh - Absteigen ist keine Option - hier komme ich nie wieder aufs Rad - einfach treten, treten, treten - richtig schön ist es nicht, aber mystisch, zumindest als die Rampen vorbei waren. Ich und eine Wand aus Nebel - dann lichtet sich der Nebel, huch, eine Kuh auf dem Weg vor mir - Nebel - und irgendwann ist man oben - da steht AW. Ich beschließe: den Scheiß fahre ich keinesfalls wieder runter, lass uns die Runde zu Ende fahren. Beim Klausenpass tönt AW: "Den fahren wir gemeinsam..." Schon bald denke ich mir: Der schlägt aber ein Tempo an - man, ich habe wohl zu oft abends erwähnt (gejammert), dass ich letztes Jahr die Pässe mit mehr Watt gefahren bin. Dranbleiben, so schnell lässt du dich nicht abschütteln - eeendlich ein Flachstück - Pause und was macht er am zweiten Teil des Passes? Unangekündigt schlägt er ein Mördertempo an, obwohl ich mich die letzten 40 Minuten so tapfer im SST hochgekämpft habe - lässt er mich einfach stehen... Oben bin ich zu fertig zum Schimpfen - schweigend esse ich den mir angebotenen Riegel, und es geht nur noch in die Abfahrt zum Auto - was für ein grandioser Tag
Also, eine Woche, die ich jedem empfehlen würde - einfach wahnsinnig toll.
Ich fühle mich gerade richtig fit und hänge nun noch eine Woche intensives Training dran, bevor ich übernächste Woche mit den Kids in den Urlaub fahre und Ruhe mache.
Geplant ist:
Mo: 3hGA mit 4*4 Vo2max
Di: 3,5 3*5*15sec Sprints
Mi: 4h GA bergig
Do: -
Fr: 4h 4*5*15sec Sprints
Sa: 4,5h 4*3' Vo2max und 4*2' Vo2max
So: 5h GA mit 5*5*15sec Sprints
Habt eine schöne Woche