Und mein Senf?
Di Luca hat sich erwischen lassen. Das ist auch im Fahrerfeld verboten.
Di Luca hat mich CERA gedopt. Das kann seit letztem Jahr eindeutig nachgewiesen werden. Er hat sich also nicht nur erwischen lassen, sondern er hat sich blöd erwischen lassen. Sozusagen von einem fest installierten und allseits bekannten Blitzer geknipst worden. Er hat sich also völlig unnötig/überflüssig erwischen lassen. Nach den mir bekannten Kommentaren zu Di Luca ist das das eigentliche Problem, dass das Peleton mit ihm hat(te). Es scheint inzwischen Konsens zu bestehen, nicht mit CERA/EPO zu dopen, eben weil man es so gut nachweisen kann. Scheinbar wird im Peleton deswegen inzwischen auf CERA u.ä. verzichtet. Di Luca hat sich gegenüber diesem (von mir vermuteten) Konsens einen Vorteil verschafft UND hat sich erwischen lassen und damit dem Radsport geschadet.
Zum Dopíng allgemein habe ich meine Meinung ja schon oft genug gesagt: Hochleistungssport (gerade im Radsport) bedeutet, maximale Leistung aus dem Körper herauszuholen. Dazu gehört hartes und intelligentes Training, richtige Regeneration, ein disziplinierter Lebenswandel und eine optimale Ernährung. Wo bei der Ernährung das Doping anfängt (Magnesiumtablette, nach der Etappe an den Tropf, Kohlehydratgels ... Kaffee, Alkohol, Amphetamine, Koks, Epo, ...) ist eben - legal wie moralisch - relativ. Was erlaubte Nahrungsergänzungsmittel sind und was verbotene Dopingsubstanzen ist eben eine Frage der Definition. Genauso ist das übrigens bei "äußerlich anzuwenden Miteln" wie Salben und Ölen. Klar besteht ein Unterschied zwischen Fichtennadelextrakt und einer Testosteronsalbe...aber auch hier fallen mir schnell grenzwertige Dinge ein.
Deshalb kann es rein sachlogisch keine weißen/sauberen Sportler auf der einen und einen schwarzen/dopenden Sportler auf der anderen Seite geben. Mit anderen Worten: Doping wird immer ein "Problem" bleiben, das immer wieder aktuell verhandelt werden muss. Deshalb sind Ullereien wie "Der Radsport ist der sauberste Sport, weil soviel getestet wird" oder Hoffnungen "Wann wird der Radsport endlich
wieder sauber?" ziemlicher Schwachsinn. Da der Profisport aber als ökonomische Werbmaschine nur rund läuft, wenn man dem unterhaltungswütigen Publikum einfache und klare Identifikationsobjekte anbieten kann, wird versucht, mit maximalem kriminalistischen Aufwand ein Kontrollsystem zu präsentieren, damit man "sauberen" Sport verkaufen kann. Dass das natürlich hirnrissig ist, einen Radprofi morgens bis zum ersten Pinkeln einen Chaperon ans Hotellbett zu stellen, wenn er kurz vor der Tour sein sauberes Eigenblut zurückbekommen hat, dürfte allen Beteiligten klar sein...
Jeder, der im/mit dem Profiradsport sein Geld verdient, muss ein Interesse daran haben, dass mit dem Sport Geld gemacht werden kann, damit er was davon abzwacken kann. Das ist ganz normal und nicht böse...Also wird er sich weitestgehend an die Regeln halten und jeden als "Problem" ansehen, der sich nicht an die 1. Regel "Tue nichts, was dem Radsport schadet" hält. Di Luca hat geschadet, weil er sich hat erwischen lassen. Jacksche hat geschadet, weil er das Maul nicht gehalten hat. Wino schadet, weil der Typ einfach zu bekloppt ist...
Aus der Logik wird auch klar, warum Lance so positiv ist (sorry für das Wortspiel). Er war bei offiziellen Kontrollen immer negativ, kann also von sich behaupten (lassen), er sei sauber. Damit kann er vermarktet werden und viele Leute können einen haufen Kohle mit/durch ihn machen. Man sieht ja, was Giro und Tour 2009 gegenüber 2008 für ein Medieninteresse haben...
An der Problematik, dass man im Hochleistungssport die Grenzen des Erlaubten/Bekannten ausreizen muss, sich Sportler also immer in einer Grauzone bewegen müssen - die Medien aber "blütenweiße" Helden brauchen und an einer realistsichen Einstellung zur Doping-Thematik gar nicht interessiert sein können - daran wird sich kaum was ändern. Dass Campys u.a. "sogar" hier im Forum (das ja nur von "Profis" besucht wird) ihre Helden feiern wollen - das wird ja meist ganz gut kontrolliert...
Woran man aber weiter arbeiten kann und muss, ist das Doping-Regelwerk. Sowohl für den Sport als auch für den Sportler ist es gut, dass EPO inzwischen recht gut erkannt werden kann und scheinbar (wissen tue ich das natürlich nicht!) nicht mehr großflächig eingesetzt wird. Dass kein Simpson mehr an Dehydration (oder was auch immer die genaue Ursache war) in Folge von Speedkonsum am Mont Ventoux mehr sterben muss, ist ein Fortschritt. Über die Gefahren des Speedkonsums beim Sport sind wir jetzt alle aufgeklärt. Mit EPO gibt es zumindest den Fortschritt, dass nach meinem Wissen seit ein par Jahren kein Radsportler mehr im Schlaf gestorben ist. Vielleicht haben die "Nebenwirkungen" in der Sportszene sogar dazu geführt, dass EPO im eigentlichen Anwendungsgebiet sicherer geworden ist?
Nochmal: Mittel zur Leistungssteigerung MUSS jeder erfolgreiche Sportler nehmen. Welche Mitel als verboten gelten, sollte sich meiner Meinung nach vor allem an der "Schädlichkeit" bemessen und danach noch an der "Natürlichkeit" und "Intensität der Leistungssteigerung". Vor "schädlichen" Substanzen sollte sowohl der Profi und vor allem der nachahmende Amateur und Nachwuchssportler "geschützt" werden. "Unnatürliche" Substanzen oder Methoden zu verbieten hat eher ästehtische Gründe bzw. das Ziel, dass sich das Publikum noch mit den Athleten identifizieren kann (krasses Beispiel: Kugestoßerinnen der 80er Jahre). Und extrem gut wirkende Mittel (wie z.B. EPO) führen dazu, dass jeder sie nehmen muss, um wettbewerbsfähig zu sein.
Da die Dopingregularien aber (immer noch) nicht so weit sind, dass ein fairer Sport mit eraubten Mitteln möglich wäre, "muss" ein ambitionierter Profi derzeit noch dopen - muss das aber eben intelligent tun und darf sich eben nicht erwischen lassen. Hier hat Di Luca geloost...
Edith: Dass genau das der Grund ist, warum ich kein Profi sein will (selbst, wenn ich die Chance gehabt hätte), sollte noch erwähnt werden. Ich finde das nicht "gut" oder auch nur "o.k.", dass gedopt wird. Mir wäre es viel lieber, wenn es im Radsport einen wirksamen Ehrenkodex gäbe, dass nur leistungssteigernde Mittel eingesetzt werden, die man auch öffentlich zugeben kann. Ich halte es aber für unrealistisch, dass es einen solchen Kodex jemals wirksam geben wird.