Irgendwie passend zu Dobellis Beitrag.
https://www.tagesspiegel.de/berlin/...ungen-autounfaelle-verharmlosen/25450426.html
Hier das Glossar des im Text erwähnten Roland Stimpel:
Glossar der Sprach-Unfälle
Auto
Das Auto fuhr die Frau an.
Noch fahren Autos nicht von selbst. Es sitzt immer jemand am Steuer. Der hat sein Fahrzeug so gelenkt, dass es die Frau verletzte.
Bremsen
Fahrer konnte nicht mehr bremsen
Willkürliche Annahme. Konnte er objektiv nicht oder war er zu schnell, abgelenkt oder hoffte, das Kind würde schon nicht loslaufen? Meist weiß die Polizei das nicht, wäscht ihn aber sauber.
Dunkel gekleidet
Nachträgliche Opfer-Beschuldigung. Oft werden „dunkel gekleidete Fußgänger“ erwähnt, aber nur sehr selten Fahrer, die in der Dunkelheit ihre Geschwindigkeit nicht der schlechten Sicht anpassten.
Erfassen
Der Wagen erfasste die Seniorin
Verharmlosender Ausdruck für einen ziemlich rabiaten Vorgang. Der Wagen rammte, stieß, überfuhr sie.
Helm
Die Radfahrerin trug keinen Helm
Radfahrer-Beschuldigungs-Äquivalent zum dunkel gekleideten Fußgänger. Absurdestes Beispiel aus Hannover: Autofahrer fährt Radfahrer um, was dem die Schulter bricht. Bericht spricht von „Radfahrer, der keinen
Helm getragen haben soll“.
Glück
Der Fußgänger hatte Glück, denn die Verletzung war nur leicht
Schwere Gefahr, Verletzung, Schock – das soll „Glück“ sein? Das Opfer hat das Unglück, auch noch so verhöhnt zu werden.
Plötzlich
Das Kind lief plötzlich auf die Straße
Subjektive Sichtweise. Die Polizei schildert den Unfall, als hätte der Beamte neben dem Fahrer gesessen. Nie liest man es umgekehrt: „Als das Kind die Fahrbahn überquerte, erschien plötzlich ein Auto.“
Sich verletzen
Der Radfahrer zog sich bei dem Sturz schwere Verletzungen zu
Ein Auto und sein Fahrer haben ihn zu Fall gebracht – doch das Opfer wird zum Selbstverstümmler gemacht.
Sichtbehinderung
Die Sicht des Fahrers war gehindert durch tiefstehende Sonne/Nebel/Regen/Dunkelheit…
Da konnte jemand nicht richtig gucken, hielt aber den Fuß auf dem Gas. Die Floskel entschuldigt ein extrem gefährliches Verhalten.
Sichthindernisse
Das Kind trat plötzlich zwischen Sichthindernissen hervor
Meist ein Synonym für geparkte Autos. Ob legal oder illegal geparkt, steht selten da. Ob Parkplätze und Übergänge sichtbehindernd angeordnet sind, auch nicht.
Stürzen
Die Fußgängerin stürzte bei dem Aufprall
Sie wurde schlicht und schrecklich umgefahren.
Touchieren
Der Wagen touchierte das Schulkind
„Erfassen“ (siehe oben) in pseudo-elegantem Französisch
Übersehen
Die Fahrerin übersah den Fußgänger
Meist eine schwere Verharmlosung. Die Fahrerin hat sein Opfer verletzt, verstümmelt oder gar getötet – durch Raserei, Unaufmerksamkeit oder in der Hoffnung: Der läuft schon nicht los. All das ist viel schlimmer als das schicksalhaft-entschuldigend wirkende „übersehen“.
Verkehr
Der Schüler betrat die Fahrbahn, ohne auf den Verkehr zu achten
Wer so schreibt, hält Autoverkehr für Gesamtverkehr – alle anderen zählen nicht. Wer als gehender Verkehrsteilnehmer dessen Reich betritt, stört und ist selbst schuld.
Zusammenstoß
Auto und Fußgänger stießen zusammen
War etwa der Fußgänger auf das Auto zugerannt? In der Wirklichkeit stößt nur einer, nicht beide.
Zuziehen
Siehe „sich verletzten“